Leitsatz (amtlich)
Beihilfen, die Beamte und Angestellte des bayerischen Staates anläßlich der Ablegung der Abschlußprüfung an einer Verwaltungsakademie auf Grund der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 24. November 1958 P I 3275/2-104268 (Amtsbl. d. Bayer. Staatsministeriums d. Finanzen 1958 S. 1798) erhalten, sind Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Sie sind nicht nach § 3 Nr. 11 oder § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei.
Normenkette
EStG 1967 §§ 19, 3 Nrn. 11-12
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Obersteuerinspektorin. Sie hat die Verwaltungsakademie besucht und dort die Abschlußprüfung bestanden. Nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 24. November 1958 P I 3275/2-104268 (Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen 1958 S. 1798) hat sie aus diesem Anlaß eine für diese Fälle vorgesehene Beihilfe von 300 DM erhalten, die sie nach § 3 Nr. 11 oder § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG für steuerfrei hält, obwohl in der Bekanntmachung die Steuerpflicht ausdrücklich festgestellt ist. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) sah diese Zuwendung bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für 1968 als steuerpflichtig an und zog die 300 DM als Teil der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zur Einkommensteuer heran.
Die hiergegen erhobene Sprungklage wurde vom FG zurückgewiesen. Zur Begründung führte das FG insbesondere aus, es handele sich um einen Bezug, den die Klägerin für ihre Beschäftigung im öffentlichen Dienst erhalten habe. Es entspreche weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 3 Nr. 11 EStG, die Beihilfe steuerfrei zu lassen. Diese Vorschrift gelte für Beihilfen, die zur Förderung der Ausbildung gegeben würden. Die Rechtsprechung unterscheide von jeher zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten. Eine Berufsausbildung könne nicht mehr angenommen werden, wenn das Berufsziel bereits erreicht sei. Aufwendungen zur Berufsfortbildung, insbesondere also solche zur Erweiterung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten in einem bereits erlernten Beruf, seien hingegen bei einem Arbeitnehmer Werbungskosten, die steuerlich berücksichtigt werden könnten. Daß die Aufwendungen der Klägerin für den Besuch der Verwaltungsakademie zu den Fortbildungskosten gehörten, werde zwar von der Klägerin in Abrede gestellt, bedürfe aber bei ihr als einer Angehörigen des gehobenen Dienstes der Finanzverwaltung keiner weiteren Darlegungen, zumal sie selbst einräume, daß sie damit keine Ausbildung für einen neuen Beruf angestrebt habe. Der Fortbildungszweck des Besuchs der Verwaltungsakademie ergebe sich auch aus § 55 der Laufbahnverordnung, der den Besuch der Akademie unter "Fortbildung" einreihe. Die Beihilfe sei auch nicht nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei; denn sie sei keine Aufwandsentschädigung. Für Satz 1 dieser Vorschrift fehle bereits die Voraussetzung des Ausweises derartiger Beihilfen im Haushaltsplan. Der Besuch der Verwaltungsakademie sei zwar den Dienstherren erwünscht, sei aber kein Dienst und die Kosten der Teilnahme an einem Lehrgang der Verwaltungsakademie seien kein unmittelbar im Interesse des Dienstes verursachter Aufwand i. S. von Satz 2 dieser Vorschrift.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision Verletzung des § 3 Nr. 11 und 12 EStG. Wenn § 3 Nr. 11 EStG nur von "Ausbildung" spreche, müsse eine von der öffentlichen Hand für die Ausbildung im weiteren Sinne, also für die Ausbildung oder Fortbildung gewährte Beihilfe steuerfrei bleiben. Der Umstand, daß die ihr gewährte Beihilfe im Haushaltsplan nicht ausdrücklich als Aufwandsentschädigung bezeichnet sei, sondern unter dem Titel 250 "Aus- und Fortbildungskosten der Beamten und Angestellten" ausgewiesen sei, rechtfertige nicht die Versagung der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 EStG. Für die Anwendung dieser Befreiungsvorschrift sei allein entscheidend, ob tatsächlich eine Aufwandsentschädigung vorliege, die aus einer öffentlichen Kasse an eine öffentlichen Dienst leistende Person gezahlt werde. Als Aufwandsentschädigung seien dabei alle Zahlungen anzusehen, mit denen Aufwendungen persönlicher oder sachlicher Art, die lohnsteuerrechtlich als Werbungskosten abzugsfähig wären, abgegolten werden sollen. Daß ein Zusammenhang zwischen der Beihilfe und ihrem Dienst bestehe, ergebe sich daraus, daß der Besuch der Verwaltungsakademie ihrem Dienstherrn erwünscht sei. Es sei nicht erforderlich, daß der Aufwand unmittelbar im Dienst entstehe. Der Sinn der Vorschrift bestehe darin, daß im Interesse einer Verwaltungsvereinfachung von einer öffentlichen Kasse gezahlte Entschädigungen nicht erst der Steuer unterworfen und dann vom Empfänger wiederum als Werbungskosten geltend gemacht werden sollten.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, Einnahmen in Höhe von 300 DM bei der Einkommensteuerveranlagung für 1968 steuerfrei zu lassen und die Einkommensteuer für dieses Jahr entsprechend niedriger festzusetzen.
Entscheidungsgründe
Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision ist nicht begründet.
Das FG ist unter Hinweis auf die oben angeführte Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 24. November 1958, in der derartige Beihilfen für steuerpflichtig erklärt werden, bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß die Klägerin die vom bayerischen Staat als Beihilfe gezahlten 300 DM erhalten hat, weil sie bei Ablegung der Abschlußprüfung an der Verwaltungsakademie im Dienst des Freistaats Bayern gestanden hat. Daß nur Angehörige des öffentlichen Dienstes aus diesem Anlaß eine derartige Beihilfe erhalten, ergibt sich eindeutig aus der angeführten Entschließung. Es besteht also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser Zuwendung und dem Dienstverhältnis der Klägerin. Nach § 2 Abs. 1 LStDV sind alle Einnahmen, die einem Arbeitnehmer aus Anlaß oder als Ausfluß seiner Arbeitnehmertätigkeit von seinem Arbeitgeber zugewendet werden, Arbeitslohn. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, von der abzugehen keine Veranlassung besteht, können Einnahmen eines Steuerpflichtigen, die den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen sind, keine steuerfreien Beihilfen i. S. von § 3 Nr. 11 EStG sein (Urteil vom 22. Januar 1960 VI 5/59 U, BFHE 70, 296, BStBl III 1960, 110). Dieser Beurteilung stehen die Urteile des Senats vom 15. Juni 1973 VI R 295/69 (BFHE 109, 522) und vom 29. Juni 1973 VI R 267/69 (BFHE 109, 532) über die Steuerfreiheit von Studienbeihilfen an Studenten, die sich verpflichtet haben, nach Abschluß ihrer Studien mindestens für einen bestimmten Zeitraum als Arbeitnehmer in den öffentlichen Dienst zu treten, nicht entgegen, da in diesen Fällen im Zeitpunkt des Zuflusses der Studienbeihilfen jedenfalls noch kein Arbeitsverhältnis des Beihilfeempfängers besteht.
Im übrigen trifft es auch zu, wie das FG ausgeführt hat, daß § 3 Nr. 11 EStG 1967 auf die streitige Beihilfe deshalb nicht anwendbar ist, weil nach dieser Vorschrift nur zu Zwecken der Ausbildung gegebene Beihilfen begünstigt sind. Die der Klägerin gezahlte Beihilfe kann jedoch nicht als solche angesehen werden, da ihre Berufsausbildung abgeschlossen ist und der Besuch der Verwaltungsakademie nicht als Berufsausbildung, sondern als Berufsfortbildung zu werten ist. Daß die Kosten der Berufsausbildung von denen der Fortbildung in einem bereits ausgeübten Beruf bei der Besteuerung genau zu trennen sind und die einen der Lebenshaltung zuzurechnen und sie ab 1969 nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in begrenztem Umfang als Sonderausgaben abzugsfähig sind, die anderen als Werbungskosten berücksichtigungsfähig sind, ist auch bei der Anwendung des § 3 Nr. 11 EStG zu beachten. Das FG hat daher im Streitfall ohne Rechtsirrtum angenommen, daß der Besuch der Verwaltungsakademie der Fortbildung der Klägerin gedient hat und deshalb auch die ihr gewährte Beihilfe in den Bereich der Fortbildung und nicht - wie es § 3 Nr. 11 EStG voraussetzt - dem der Berufsausbildung zuzurechnen ist. Aufwendungen, die der Klägerin durch den Besuch der Verwaltungsakademie entstanden sind, sind daher Werbungskosten. Die Klägerin hat aber keine derartigen Aufwendungen geltend gemacht.
Die der Klägerin zugeflossene Beihilfe ist auch nicht nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei. Das FG hat zutreffend darauf hingewiesen, daß Satz 1 dieser Vorschrift auf sie nicht anwendbar ist, weil die Beihilfe auf Grund des Titels 250 des Haushaltsplans "Ausbildungs- und Fortbildungskosten der Beamten und Angestellten" gezahlt wurde und nicht, wie es § 3 Nr. 12 EStG voraussetzt, als Aufwandsentschädigung. Auch Satz 2 der Vorschrift kann keine Anwendung finden, da als Aufwandsentschädigung in diesem Sinn nur solche Zuwendungen anzusehen sind, die einen unmittelbar durch den Dienst veranlaßten Aufwand abgelten. Die der Klägerin durch den Besuch der Verwaltungsakademie und die Ablegung der Abschlußprüfung entstandenen Aufwendungen waren aber allenfalls mittelbar dienstliche Aufwendungen. Wenn auch der Besuch der Verwaltungsakademie seitens des öffentlich-rechtlichen Dienstherrn erwünscht ist, so handelt es sich dabei doch nicht um eine unmittelbare dienstliche Betätigung. Zuwendungen des öffentlichen Dienstherrn, die den mit dem Besuch der Verwaltungsakademie verbundenen Aufwand abgelten sollen, können unter diesen Umständen nicht nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei bleiben.
Die Beihilfe kann auch nicht als Gelegenheitsgeschenk steuerfrei bleiben, und zwar vor allem deshalb, weil sie eine Geldzuwendung von nicht unbedeutender Höhe ist.
Da das Urteil des FG daher dem geltenden Recht entspricht, war die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 70591 |
BStBl II 1973, 819 |
BFHE 1974, 272 |