Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung - Arbeitslosenversicherung - Versicherungspflicht - Beitragspflicht - Vorstandsmitglied öffentliche Sparkasse
Leitsatz (redaktionell)
Angestellte Vorstandsmitglieder einer öffentlichen Sparkasse in Schleswig-Holstein waren in der Rentenversicherung nicht nach § 3 Abs 1a AVG versicherungsfrei und im Arbeitsförderungsrecht jedenfalls bis zum 31.12.1988 nicht beitragsfrei.
Normenkette
AFG § 169; AVG § 3 Abs. 1a Fassung: 1969-07-28; SGB VI § 1 S. 3 Fassung 1989-12-18, § 230 Abs. 2 Fassung 1989-12-18; AVG § 6 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1957-02-23, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; AFG § 168 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1969-06-25; RVO § 1227 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 1229 Abs. 1 Nr. 3 Fassung 1957-02-23; SGB V § 6 Abs. 1 Nr. 2 Fassung 1988-12-20; SGB VI § 5 Abs. 1 Nr. 2 Fassung 1989-12-18
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie die Beitragspflicht nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG).
Die Klägerin, eine Sparkasse in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, wird von einem dreiköpfigen Vorstand geleitet, dem die Beigeladenen zu 3) bis 6) angehörten und überwiegend noch angehören. Mit Bescheid vom 29. Oktober 1987 stellte die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Kiel als Einzugsstelle die Versicherungspflicht der Vorstandsmitglieder in der Rentenversicherung sowie die Beitragspflicht nach dem AFG fest und forderte die Klägerin zur Beitragsnachweisung ab 1. Januar 1983 auf. Mit Beitragsnachweisen vom 23. November 1987 über insgesamt 203.963,40 DM, aufgegliedert nach dem jeweiligen Vorstandsmitglied für verschiedene Zeiträume, kam die Klägerin dieser Aufforderung nach. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 1988 zurückgewiesen.
Nach Beiladung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Beigeladene zu 1), der Bundesanstalt für Arbeit (Beigeladene zu 2) und der betroffenen Vorstandsmitglieder (Beigeladene zu 3 bis 6) hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 26. April 1990 die genannten Bescheide aufgehoben, die Versicherungs- und Beitragsfreiheit der Vorstandsmitglieder festgestellt und die AOK zur Beitragserstattung verurteilt, weil die Vorstandsmitglieder der Klägerin wie Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft (AG) zu behandeln und daher versicherungs- und beitragsfrei seien. Gegen dieses Urteil haben die AOK sowie die Beigeladenen zu 1) und 2) Berufungen eingelegt. Vor dem Berufungsgericht hat die Klägerin die Klage zurückgenommen, soweit sie die Feststellung der Versicherungsfreiheit und die Erstattung von Beiträgen betraf. Im übrigen hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 30. Juli 1991 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht als AG organisiert, und ihre Vorstandsmitglieder seien denen einer AG nicht rechtlich gleichgestellt.
Die Klägerin hat Revision eingelegt. Während des Revisionsverfahrens haben sich die Allgemeinen Ortskrankenkassen in Schleswig-Holstein zur AOK in Schleswig-Holstein, der jetzigen Beklagten, vereinigt. Die Klägerin rügt die Verletzung des § 3 Abs 1a des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und befürwortet dessen analoge Anwendung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 30. Juli 1991 aufzuheben und die Berufungen der
Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen das Urteil des SG vom
26. April 1990 insoweit zurückzuweisen, als der Bescheid vom 29. Oktober
1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 1988
aufgehoben wurde.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 2) hält die Vorstandsmitglieder wegen eines beamtenähnlichen Status möglicherweise seit 1989 nach dem AFG für beitragsfrei und beantragt,
die Revision zurückzuweisen; hilfsweise, den Rechtsstreit an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beigeladenen zu 3) bis 6) schließen sich dem Antrag der Klägerin an.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist im wesentlichen unbegründet; sie führt nur insoweit zur Zurückverweisung, als der Rechtsstreit die Beitragspflicht nach dem AFG für die Zeit vom 1. Januar 1989 an betrifft. Hinsichtlich des Arbeitsförderungsrechts für die Zeit vor dem 1. Januar 1989 sowie hinsichtlich der Rentenversicherung insgesamt hat das LSG die Bescheide der Beklagten über die Versicherungs- und Beitragspflicht der Vorstandsmitglieder der Klägerin zu Recht bestätigt. Damit ist der Rechtsstreit für den Beigeladenen zu 6) abgeschlossen, denn dieser ist bereits am 31. Januar 1986 aus dem Vorstand der Klägerin ausgeschieden.
Das LSG ist davon ausgegangen, daß der Rechtsstreit auch die Zeit nach dem Erlaß der angefochtenen Bescheide betrifft. Darin hat die Beklagte nicht nur eine auf die Zeit bis zum 31. Oktober 1987 begrenzte Beitragsforderung festgesetzt, sondern außerdem allgemein die Versicherungs- und Beitragspflicht der beigeladenen Vorstandsmitglieder festgestellt. Von der nach § 12 Abs 2 Nr 2 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren (SGB X) notwendigen Benachrichtigung (vgl BSGE 55, 160 = SozR 1300 § 12 Nr 1) konnte abgesehen werden, weil feststeht, daß die Vorstandsmitglieder von dem an die Klägerin gerichteten Bescheid erfahren haben (vgl BSG SozR 3-2500 § 10 Nr 2).
Das bis zum 31. Dezember 1991 gültige AVG bestimmte in § 2 Abs 1 Nr 1, daß alle Personen in der Rentenversicherung der Angestellten versichert sind, die als Angestellte gegen Entgelt oder die als Lehrling oder sonst zu ihrer Ausbildung für den Beruf eines Angestellten beschäftigt sind. Seit dem 1. Januar 1992 enthält das Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in § 1 Satz 1 Nr 1 eine inhaltlich entsprechende Regelung. § 168 Abs 1 Satz 1 AFG unterwirft denselben Personenkreis außerdem der Beitragspflicht nach dem Arbeitsförderungsrecht. Nach § 3 Abs 1a AVG (jetzt: § 1 Satz 3 SGB VI) gehören die Mitglieder des Vorstands einer AG nicht zu den Angestellten iS des § 3 Abs 1 AVG, so daß diese von der Versicherungspflicht nicht erfaßt werden. Die Bestimmung bezieht sich zwar ausdrücklich nur auf die Angestelltenversicherung, gilt aber nach der Rechtsprechung auch für das Arbeitsförderungsrecht (BSGE 49, 22 = SozR 4100 § 168 Nr 10; USK 9210).
Nach dem vom LSG festgestellten Landesrecht, insbesondere dem Sparkassengesetz für das Land Schleswig-Holstein (SpG), sind die Mitglieder des Vorstands Angestellte der Sparkasse. Das bestätigen die bereits zitierten Vorschriften des Bundesrechts, auf deren Überprüfung sich hier das Revisionsgericht nach § 162 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu beschränken hat. Denn die in § 3 Abs 1a AVG enthaltene Ausnahme von der Angestellteneigenschaft für Vorstandsmitglieder einer AG beruht auf der gesetzgeberischen Annahme, daß Vorstandsmitglieder anderer juristischer Personen Angestellte sind; sonst ginge die Vorschrift ins Leere.
Das LSG hat auch zutreffend erkannt, daß § 3 Abs 1a AVG für die Vorstandsmitglieder der Klägerin nicht eingreift. Der erkennende Senat hat diese Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus auf die Vorstandsmitglieder sogenannter "großer" Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit für entsprechend anwendbar gehalten, weil diese durch eine Reihe von Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes den Vorstandsmitgliedern von AGen gleichgestellt sind (BSG SozR 2400 § 3 Nr 4). Er hat es aber abgelehnt, die Vorschrift auch auf die Mitglieder des Vorstands einer eingetragenen Genossenschaft anzuwenden, weil im Genossenschaftsgesetz Verweisungen auf das Aktiengesetz fehlen und sich die für den jeweiligen Personenkreis geltenden Bestimmungen nicht unerheblich voneinander unterscheiden (BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 1). Hätte der Gesetzgeber demgegenüber die Versicherungsfreiheit nach § 3 Abs 1a AVG auf die Vorstandsmitglieder anderer juristischer Personen ausdehnen wollen, so hätte er dieses in § 1 Satz 3 SGB VI getan und nicht die Regelung des § 3 Abs 1a AVG unverändert übernommen.
Das Gesetz macht die Versicherungsfreiheit nach § 3 Abs 1a AVG ausschließlich von der Rechtsform der Gesellschaft abhängig, der die Vorstandsmitglieder vorstehen; deshalb kommt es auf die rechtliche Gleichstellung und nicht auf eine tatsächliche Vergleichbarkeit mit Vorstandsmitgliedern von AGen an. Der Senat hat den Sinn dieser mehr formalen Abgrenzung darin gesehen, daß die Rechtsanwendung dadurch einfacher, sicherer und gleichmäßiger wird (vgl nochmals BSG SozR 2400 § 3 Nr 4). Daran ist festzuhalten.
Das Vorbringen der Klägerin läuft darauf hinaus, das Abgrenzungsmerkmal der rechtlichen Gleichstellung durch andere Merkmale ersetzen. Dem ist nicht zu folgen. Soweit sie den rechtspolitischen Sinn der gesetzlichen Ausnahmeregelung auf Vorstandsmitglieder von AGen und die soziale Schutzbedürftigkeit ihrer eigenen Vorstandsmitglieder in Zweifel zieht, enthält das Vorbringen keine rechtliche Begründung, die zu einer Änderung der Auslegung des § 3 Abs 1a AVG durch die Rechtsprechung Anlaß geben könnte. Der Vorschlag, die Versicherungspflicht nach dem monatlichen Gehalt abzugrenzen, würde auf eine Wiedereinführung einer Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Angestelltenversicherung hinauslaufen, die mit dem Finanzänderungsgesetz 1967 vom 21. Dezember 1967 (BGBl I 1259) aufgehoben wurde (zur Verfassungsmäßigkeit BVerfGE 29, 221 = SozR Nr 7 zu Art 2 GG; BVerfGE 29, 260 = SozR Nr 6 zu Art 2 GG). Der Hinweis auf die praktische Handhabung der Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern ist unerheblich, weil es dabei nicht um die Anwendung der hier allein entscheidungserheblichen Vorschrift des § 3 Abs 1a AVG geht.
Auch die weiteren Angriffe der Klägerin gegen das Berufungsurteil verhelfen der Revision nicht zum Erfolg. Das LSG hat unter Berücksichtigung der im jeweiligen Dienstvertrag festgelegten Rechte und Pflichten, der Satzung der Klägerin und der Vorschriften des SpG festgestellt: Nach dem zwischen den Vorstandsmitgliedern und der Klägerin, vertreten durch den Vorsitzenden des Verwaltungsrats, jeweils geschlossenen Dienstvertrag dürften die Vorstandsmitglieder keine Geschäfte führen, die dem Kreditausschuß oder dem Verwaltungsrat vorbehalten seien oder die der Verwaltungsrat im Einzelfall an sich ziehe (§§ 15 Abs 2, 11 Abs 2 SpG). Sie seien an die vom Verwaltungsrat erlassenen Geschäftsanweisungen und Richtlinien der Geschäftspolitik gebunden; ihr Dienstvorgesetzter sei nach § 23 Abs 2 SpG der Vorsitzende des Verwaltungsrats. Nach Maßgabe der erwähnten Bestimmungen hätten sie innerhalb ihres Aufgabenbereichs die Geschäfte selbständig und verantwortlich zu führen (§ 15 Abs 2 SpG). Die andersartige Rechtsstellung der Beigeladenen zu 3) bis 6) gegenüber den Vorstandsmitgliedern einer AG ergebe sich aus der fehlenden Verweisung des SpG auf das Aktiengesetz und den andersartigen Befugnissen des Verwaltungsrats der Klägerin im Vergleich zum Aufsichtsrat einer AG.
Demgegenüber greift das Vorbringen der Klägerin nicht durch. Sie macht geltend, die Stellung ihrer Vorstandsmitglieder sei tatsächlich weniger abhängig als es das LSG angenommen habe, weil kein wesentlicher Unterschied zu Vorstandsmitgliedern der drei deutschen Großbanken bestehe, die wesentlich häufiger als bei ihr (der Klägerin) durch Einzelweisungen des Aufsichtsrats gebunden seien. Das Einkommen der Vorstandsmitglieder schließe einen Bedarf an sozialer und wirtschaftlicher Absicherung aus. Dieses Vorbringen ist im Revisionsverfahren unerheblich, denn damit werden lediglich zusätzliche Tatsachen behauptet oder die vom LSG festgestellten Tatsachen und das irrevisible Recht anders gewürdigt, ohne daß eine Verletzung von Bundesrecht oder Verfahrensrügen erkennbar wären, die nach § 164 Abs 2 Satz 3 SGG besonderen Voraussetzungen genügen müßten. Der Senat bleibt daher nach § 163 SGG an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden.
Die vom LSG aus seinen Feststellungen gezogenen rechtlichen Schlußfolgerungen sind ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch, soweit dem Vortrag der Klägerin die Behauptung zu entnehmen sein sollte, die beigeladenen Vorstandsmitglieder seien nicht abhängig beschäftigt iS des § 7 Abs 1 des Sozialgesetzbuchs - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das darin vorausgesetzte Weisungsrecht des Arbeitgebers zur "funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozeß" verfeinert sein (BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr 30 zu § 165 RVO), so daß auch Personen abhängig beschäftigt sein können, die an der Willensbildung einer juristischen Person beteiligt und dadurch von Weisungen weitgehend frei sind (BSG SozR 3-2940 § 3 Nr 1; vgl auch SozR 2400 § 2 Nr 19 jeweils mwN). Höhere Dienste werden im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, wenn sie also in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr 8 mwN). Die selbständige Tätigkeit wird demgegenüber durch das Unternehmerrisiko und durch die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit gekennzeichnet (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr 5; SozR 2400 § 2 Nr 25; SozR 2100 § 7 Nr 7 jeweils mwN). Nach diesen Abgrenzungsmerkmalen weisen die vom LSG festgestellten Einzelumstände die Dienstverhältnisse der Vorstandsmitglieder der Klägerin als abhängige Beschäftigungen aus. Von einem Unternehmerrisiko der Vorstandsmitglieder kann bei Angestellten einer Anstalt des öffentlichen Rechts nicht ausgegangen werden. Für einen Vorrang der tatsächlichen Verhältnisse vor bestehenden rechtlichen Bindungen (vgl BSG SozR 2400 § 2 Nr 25; SozR 2100 § 7 Nr 7 jeweils mwN) ist nichts vorgetragen. Ein solcher Vorrang wäre auch nur entscheidungserheblich, wenn er zu einer tatsächlichen Beherrschung der Sparkasse durch den Vorstand geführt hätte. Dieses würde jedoch den für die Klägerin geltenden Rechtsvorschriften zuwiderlaufen. Daß die Tätigkeit des Vorstands in einer vorgegebenen Ordnung aufgeht, ergibt sich daraus, daß der Vorstand nicht selbst die Satzung erläßt und daß er an die Weisungen des Verwaltungsrats gebunden ist.
Die Vorstandsmitglieder der Klägerin waren bis zum 31. Dezember 1991 in der Rentenversicherung und bis zum 31. Dezember 1988 nach dem AFG auch nicht aus anderen Gründen versicherungs- bzw beitragsfrei oder von der Versicherungs- bzw Beitragspflicht befreit. Die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs 1 Nr 3 AVG und die Beitragsfreiheit nach § 169 Nr 1 AFG iVm § 169 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) erfaßte nur die Beschäftigten der dort aufgeführten Körperschaften, zu denen die Sparkassen nicht gehören, auch wenn sie wie hier den Status einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts haben (vgl BSG SozR 2200 § 1229 Nr 1). Im übrigen geht der Senat davon aus, daß eine Befreiung nach § 8 Abs 2 AVG bzw nach § 169 Nr 1 AFG iVm § 172 Abs 1 Nr 1, § 174 Nr 1 RVO auf der Grundlage einer Gewährleistungsentscheidung nach § 6 Abs 2 AVG bzw nach § 169 Abs 2 RVO nicht vorliegt und ein entsprechender Antrag nicht gestellt ist; nach einem vorherigen schriftlichen Hinweis des Senats hat die Klägerin dieses in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung nach dem vom 1. Januar 1992 an geltenden Recht würde ebenfalls ausscheiden. Der Zeitraum, für den das LSG entschieden hat, liegt vor dem Inkrafttreten des SGB VI. Nach dessen § 230 Abs 2 Satz 1 Nr 1 greift die Versicherungsfreiheit des § 5 Abs 1 Nr 2 SGB VI für die am 31. Dezember 1991 bestehenden versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse nicht kraft Gesetzes ein, sondern setzt wie nach dem früheren Recht eine Gewährleistungsentscheidung und einen Befreiungsantrag voraus (§ 230 Abs 2 Satz 2 und 3 SGB VI).
Ob die Beigeladenen zu 3) bis 5) auch vom 1. Januar 1989 an beitragspflichtig nach dem AFG sind, läßt sich auf Grund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Seit diesem Stichtag verweist § 169 AFG auf einzelne Vorschriften über die Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung nach § 6 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V); für die Vorstandsmitglieder der Klägerin kommt davon § 6 Abs 1 Nr 2 SGB V in Frage. Danach sind versicherungsfrei (neben Beamten von Gebietskörperschaften und ihnen Gleichgestellten) sonstige Beschäftigte von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) haben während des Revisionsverfahrens zu dieser Frage aus den Dienstverträgen der beigeladenen Vorstandsmitglieder und dem einschlägigen Landesbeamtenrecht gegensätzliche Schlußfolgerungen gezogen. Das LSG hat hierzu und zu den Grundsätzen, die im Krankheitsfall für die Ansprüche der Vorstandsmitglieder gelten, keine Feststellungen getroffen. Das kann im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden, so daß der Rechtsstreit insoweit zurückzuverweisen ist.
Soweit der Rechtsstreit die vom LSG zu Recht bejahte Versicherungs- und Beitragspflicht in der Rentenversicherung für den gesamten Zeitraum und die Beitragspflicht nach dem AFG bis zum 31. Dezember 1988 betrifft, ist die Revision zurückzuweisen. Der bei der Klägerin bereits zum 31. Januar 1986 ausgeschiedene Beigeladene zu 6) ist am zurückverwiesenen Teil des Rechtsstreits nicht mehr beteiligt.
Eine Kostenentscheidung war nur für den durch dieses Urteil abgeschlossenen Teil des Rechtsstreits zu treffen, der sich auf den Beigeladenen zu 6) bezieht. Sie beruht auf § 193 SGG. Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem abschließenden Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 543259 |
RegNr, 21333 (BSG-Intern) |
BR/Meuer AVG § 2, 03-02-94, 12 RK 84/92 (Leitsatz 1 und Gründe) |
USK, 9420 (Gründe) |
BAGUV, RdSchr 92/94 (Gründe) |
DBlR 4107a, AFG/§ 168 (Leitsatz 1 und Gründe) |
Die Beiträge 1994, 483-488 (Leitsatz 1 und Gründe) |
HVBG-INFO 1994, 1324-1328 (Leitsatz 1 und Gründe) |
SozR 3-2940 § 3, Nr 2 (Leitsatz 1 und Gründe) |