Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. freiwilliges Mitglied. Beitragsbemessung. Beitragspflicht einer Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung, die im Wege der Einmalprämie unmittelbar zur Finanzierung einer Sofortrentenversicherung verwendet wurde. Beitragspflicht dieser Sofortrente
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Kapitalleistung aus einer betrieblichen Altersversorgung unterliegt mit ihrem Zahlbetrag auch dann der Beitragspflicht in der freiwilligen Krankenversicherung, wenn sie im Wege der Einmalprämie unmittelbar zur Finanzierung einer Sofortrentenversicherung verwendet worden ist.
2. Zur gleichzeitigen Beitragspflicht sowohl dieser Sofortrente als auch der ihr zugrunde liegenden Kapitalleistung.
Normenkette
SGB 5 § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, S. 3 Alt. 1, § 240 Abs. 1 Fassung: 2007-03-26, Abs. 1 S. 2 Hs. 1, Abs. 2 S. 1 Fassung: 2007-03-26; SzBeitrVfGrs § 2 Abs. 1 Sätze 1-2, § 3 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 4; GG Art. 2 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in allen Rechtszügen zur Hälfte.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf die Kapitalleistung aus einer Direktversicherung streitig, die zum Großteil zur Finanzierung einer Sofortrentenversicherung eingesetzt wurde.
Der im November 1947 geborene Kläger ist bei der Beklagten freiwillig kranken- und bei der Beigeladenen pflegepflichtversichert. Seine Arbeitgeberin schloss 1975 für ihn als Versicherten eine Lebensversicherung als Direktversicherung bei der Rechtsvorgängerin der HDI Lebensversicherung AG (HDI) ab. Die daraus fällige Kapitalleistung belief sich zum Ablauftermin am 1.12.2012 auf 115 698,65 Euro. Zum 1.3.2013 schloss der Kläger bei der HDI eine Sofortrentenversicherung gegen eine Einmalprämie von 112 845,54 Euro ab. Diesen Betrag finanzierte er mit dem Guthaben aus seiner Lebensversicherung. Seit April 2013 bezieht der Kläger eine monatliche Sofortrente von 493,81 Euro.
Die Beklagte setzte für die Zeit ab 1.4.2013 monatliche Beiträge zur GKV von insgesamt 357,11 Euro (207,67 Euro auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ≪GRV≫ von monatlich 1339,79 Euro und 149,44 Euro auf ein 1/120 der Kapitalleistung aus der Lebensversicherung ≪964,16 Euro≫) und zur sozialen Pflegeversicherung (sPV) von 47,23 Euro (zusammen 404,34 Euro) fest (Bescheide vom 3.5.2013). Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 9.10.2013), nachdem sie die Beiträge zur GKV und sPV für die Zeit ab 1.8.2013 unter Berücksichtigung des Sofortrentenbezugs auf "vorläufig" 488,63 Euro festgesetzt hatte (Bescheid vom 30.7.2013).
Das SG Koblenz hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.3.2015). Das LSG Rheinland-Pfalz hat die Berufung zurückgewiesen. Beitragspflichtig seien die Kapitalleistung und die Sofortrente, da sie auf zwei selbstständigen Versicherungsverträgen beruhten. Über die Kapitalleistung habe der Kläger frei verfügen können. Eine doppelte Beitragserhebung liege nicht vor. Der Sofortrentenversicherungsvertrag habe ohne die Kapitalleistung nicht abgeschlossen werden können (Urteil vom 3.12.2015).
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 229, 240 Abs 1 SGB V und des § 3 der "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler ≪BeitrVerfGrsSz≫). Die Kapitalleistung von 112 845,54 Euro sei ihm nicht zugeflossen, sondern umgebucht worden, um eine anderweitige Absicherung in Form der Sofortrente zu erreichen. Beitragspflichtig seien daher lediglich die Rente aus der GRV und die Sofortrente. Im Fall der Beitragspflicht der Kapitalleistung dürfe jedenfalls nicht auch die Sofortrente verbeitragt werden. Die doppelte Beitragslast führe zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Versicherten, die ihr Kapital "zu Hause liegen lassen würden" und schrittweise verbrauchten.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten im Wege eines Teil-Vergleichs den Gegenstand des Revisionsverfahrens auf die Bescheide vom 3.5.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.10.2013, soweit Beiträge zur GKV für die Zeit vom 1.4.2013 bis zum 31.7.2013 festgesetzt worden sind, beschränkt. Die Beklagte hat ihren Bescheid vom 30.7.2013 zurückgenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. Dezember 2015 und das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 18. März 2015 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 3. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Oktober 2013 insoweit aufzuheben, als Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung von mehr als 301,38 Euro für die Zeit ab 1. April 2013 und von mehr als 301,41 Euro für die Zeit ab 1. Juli 2013 festgesetzt worden sind.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet (§ 170 Abs 1 SGG). Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Die Beklagte hat mit Bescheiden vom 3.5.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.10.2013 die Beiträge zur freiwilligen GKV für die Zeit vom 1.4. bis zum 31.7.2013 in zutreffender Höhe festgesetzt. Nur noch hierüber war zu entscheiden, nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Verfahrensgegenstand darauf beschränkt haben. Die Berücksichtigung der Kapitalleistung beruht auf § 240 Abs 1 und Abs 2 S 1 SGB V iVm § 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz und § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V (dazu 1.). Ob daneben auch die monatlichen Sofortrentenzahlungen zu verbeitragen gewesen wären, war nicht zu entscheiden, erscheint aber zweifelhaft (dazu 2.).
1. Nach § 240 Abs 1 und Abs 2 S 1 SGB V in der hier maßgebenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378) wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der GKV einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (SpVBdKK) geregelt; dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt und bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds herangezogen werden, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Diesem Regelungsauftrag ist der SpVBdKK durch Erlass der BeitrVerfGrsSz vom 27.10.2008 nachgekommen (Die Beiträge 2009, 183 ff; für die hier streitige Zeit vom 1.4. bis zum 31.7.2013 idF der vierten Änderung vom 30.5.2011 und der fünften Änderung vom 27.11.2013, Die Beiträge 2014, 75 ff). Gemäß § 2 Abs 1 S 1 und 2 BeitrVerfGrsSz werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen, wobei die Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen hat. Als beitragspflichtige Einnahmen sind ua Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen (§ 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz). Um einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug im Sinn dieser Regelung handelt es sich bei der Kapitalleistung aus der Lebensversicherung (dazu a). Dass der Kläger die Kapitalleistung größtenteils zur Finanzierung der Sofortrentenversicherung eingesetzt hat, ist ohne Belang (dazu b). Auch der Höhe nach ist die Beitragsfestsetzung nicht zu beanstanden (dazu c).
a) Nach § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V gelten als Versorgungsbezüge Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Hierzu gehören auch Leistungen, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung iS des § 1b Abs 2 BetrAVG gezahlt werden. Um eine solche Direktversicherung handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Diese Leistung ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll. Ein solcher Versorgungszweck kann sich auch aus der vereinbarten Laufzeit ergeben (stRspr; BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 16/10 R - BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, RdNr 17 und BSG Urteil vom 5.3.2014 - B 12 KR 22/12 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 17 RdNr 19, jeweils mwN). Nach Maßgabe dieser Grundsätze erfüllt die hier zu beurteilende Lebensversicherung die Voraussetzungen einer betrieblichen Altersversorgung. Sie wurde nach den unangegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) von der Arbeitgeberin des Klägers als Direktversicherung zu dessen Gunsten abgeschlossen. Da der Kläger im November 2012 sein 65. Lebensjahr vollendete, diente die Lebensversicherung aufgrund ihres Ablauftermins am 1.12.2012 auch zu dessen Altersversorgung (vgl BSG Urteil vom 12.12.2007 - B 12 KR 6/06 R - Juris RdNr 16 ≪Auszahlung bei Vollendung des 63. Lebensjahres≫; BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 7 RdNr 13 ≪Auszahlung bei Vollendung des 60. Lebensjahres≫).
b) Dass der Kläger den größten Teil der Kapitalleistung (112 845,54 Euro) zur Finanzierung der wegen der Sofortrentenversicherung angefallenen Einmalprämie verwendet hat, schließt deren Berücksichtigung als beitragspflichtigen Versorgungsbezug nicht aus. Nach § 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz ist der "Zahlbetrag" der Versorgungsbezüge als beitragspflichtige Einnahme zugrunde zu legen. Insoweit ist auf die zum Ablauftermin fällige Versicherungsleistung abzustellen, unabhängig davon, ob sie an den Versicherer tatsächlich ausgezahlt wird. Verfügungen des originär Berechtigten über den Zahlbetrag beeinflussen die Beitragspflicht grundsätzlich nicht (BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 KR 19/14 R - SozR 4-2500 § 226 Nr 2 RdNr 18 ≪Pfändung und Überweisung≫; vgl auch BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 12 KR 4/09 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 14 RdNr 20 f ≪Abtretung als Kreditsicherheit≫; BSG Urteil vom 28.1.1999 - B 12 KR 24/98 R - SozR 3-2500 § 237 Nr 7 S 19 ff und BSG Urteil vom 21.12.1993 - 12 RK 28/93 - SozR 3-2500 § 237 Nr 3 S 9, jeweils Abtretung im Rahmen des Versorgungsausgleichs). Für die Beitragsbemessung maßgebend ist daher nicht nur der an den Kläger überwiesene Betrag von 2853,11 Euro, sondern vielmehr die insgesamt zum 1.12.2012 fällig gewordene Kapitalleistung von 115 698,65 Euro.
Die Kapitalleistung aus der Lebensversicherung ist auch nicht deshalb beitragsfrei, weil die Sofortrente analog § 229 Abs 1 S 3 Alt 1 SGB V im Wege rechtsgeschäftlicher Surrogation an ihre Stelle getreten wäre (so aber Prahl, VersR 2016, 753, 754; ähnlich auch Ulmer in BeckOK SozR § 229 SGB V RdNr 20, Stand 1.9.2017). Nach dieser Vorschrift gilt ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate, wenn an Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung erbracht wird. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung dieser Regelung liegen indes nicht vor. Eine Analogie setzt voraus, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, er wäre im Zuge einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BSG Urteil vom 23.7.2014 - B 12 P 1/12 R - SozR 4-2500 § 251 Nr 2 RdNr 21 mwN). Es kann dahinstehen, ob für den umgekehrten Fall des § 229 Abs 1 S 3 Alt 1 SGB V, dass an die Stelle einer Kapitalleistung eine Rente tritt, überhaupt eine Regelungslücke besteht. In jedem Fall fehlt es an der erforderlichen vergleichbaren Interessenlage zwischen geregeltem und hier zu beurteilendem Sachverhalt. Kapitalleistungen im Sinn des § 229 Abs 1 S 3 SGB V werden zur Abgeltung an sich zustehender laufender Leistungen erbracht (so Seywald-Rewitz in Krauskopf, SozKV, § 229 SGB V RdNr 22, Stand Januar 2012). Mit der Zahlung der Sofortrente wird aber nicht der Anspruch des Klägers auf die Kapitalleistung aus der Lebensversicherung abgegolten. Vielmehr wird dadurch vom Versicherer die unabhängig von der Lebensversicherung bestehende Schuld aus dem Sofortrentenversicherungsvertrag erfüllt.
Eine teleologische Reduktion des § 229 Abs 1 S 3 SGB V dergestalt, dass die Einhundertzwanzigstelregelung vorliegend nicht zur Anwendung kommt, scheidet ebenfalls aus. Für diesen Auslegungsgrundsatz ist nur dann Raum, wenn die maßgebende Vorschrift auf einen Teil der vom Wortlaut erfassten Fälle nicht angewandt werden soll, weil der Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (vgl BSG Urteil vom 6.9.2017 - B 13 R 33/16 R - Juris RdNr 38, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). § 229 Abs 1 S 3 SGB V hat im Hinblick auf Umgehungsmöglichkeiten zum Ziel, Versorgungsbezüge in Form einmaliger Kapitalzahlungen mit regelmäßig wiederkehrend gezahlten Versorgungsbezügen gleichzustellen und damit bei gleichartiger Verwurzelung in der früheren Erwerbstätigkeit eine Gleichbehandlung ohne Berücksichtigung der Zahlungsmodalitäten zu schaffen (BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 6/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 7 RdNr 17); Gelegenheiten, die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen zu umgehen, sollen vermieden werden (zur Alt 1 vgl schon BSG Urteil vom 18.12.1984 - 12 RK 36/84 - BSGE 58, 10, 14 = SozR 2200 § 180 Nr 25 S 93, dort noch zur Vorgängervorschrift des § 180 Abs 8 S 4 RVO; zur Alt 2 s BT-Drucks 15/1525, S 139 ≪zu Nr 143≫). Würde der Einsatz der Kapitalleistung aus einer Direktversicherung zur Finanzierung einer Sofortrente die Anwendung der Einhundertzwanzigstelregelung ausschließen, wären aber Umgehungsmöglichkeiten eröffnet. Dies gilt insbesondere mit Blick auf pflichtversicherte Beschäftigte, bei denen allein die in § 226 Abs 1 SGB V abschließend genannten Einnahmen (Peters in Kasseler Komm, § 229 SGB V RdNr 4, Stand März 2016) der Beitragspflicht unterliegen. Die Nichtanwendung der Einhundertzwanzigstelregelung hätte zur Folge, dass die Kapitalleistung lediglich einmal und auch nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu verbeitragen wäre. Die Sofortrente bliebe von vornherein beitragsfrei, weil sie nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen im Sinn des § 226 Abs 1 SGB V zählt, insbesondere nicht zu den Versorgungsbezügen gehört (dazu unter 2.a).
c) Die Beitragsfestsetzung der Beklagten unter Berücksichtigung der Kapitalleistung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Kapitalleistung ist als nicht regelmäßig wiederkehrender Versorgungsbezug gemäß § 5 Abs 4 BeitrVerfGrsSz vom Zeitpunkt des auf die Auszahlung folgenden Monats dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem 1/120 des Zahlbetrags der Leistung für 120 Monate zuzuordnen (vgl § 229 Abs 1 S 3 SGB V). Da mit den angegriffenen Bescheiden der Beitrag zur GKV für die Zeit ab 1.4.2013 festgestellt worden ist, kann dahinstehen, ob für den Zeitpunkt der Auszahlung der Kapitalleistung auf den Eintritt der Fälligkeit am 1.12.2012 oder den der vom LSG festgestellten "Kapitalisierung" am 6.3.2013 abzustellen ist. Ausgehend von der vom LSG ebenfalls festgestellten Kapitalleistung in Höhe von 115 698,65 Euro errechnet sich ein 1/120 in Höhe von 964,16 Euro und auf der Grundlage des allgemeinen Beitragssatzes von 15,5 vH (§ 7 Abs 6 S 2 Halbs 2 BeitrVerfGrsSz iVm § 241 SGB V idF des GKV-Finanzierungsgesetzes vom 22.12.2010 ≪BGBl I 2309≫) ein Beitrag von 149,44 Euro. Darüber hinaus sind aus der Rente zur GRV von 1339,79 Euro - wiederum unter Heranziehung des allgemeinen Beitragssatzes von 15,5 vH - Beiträge in Höhe von 207,67 Euro (zusammen 357,11 Euro) zu zahlen. Die Erhöhung der gesetzlichen Rente zum 1.7.2013 auf 1343,13 Euro hat die Beklagte nicht berücksichtigt.
2. Ob neben der Kapitalleistung auch die Sofortrente der Beitragspflicht unterliegt, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Denn die Beklagte hat für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.4. bis zum 31.7.2013 lediglich Beiträge aus der Rente der GRV und der Kapitalleistung festgesetzt. Allerdings hält es der Senat für angezeigt, ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Sofortrente zwar grundsätzlich als sonstige Einnahme beitragspflichtig ist (dazu a), jedoch erhebliche rechtliche Bedenken bestehen, in Fällen wie dem vorliegenden auch die Sofortrente mit ihrem vollen Zahlbetrag der Beitragspflicht zu unterwerfen, solange der Einhundertzwanzigmonatszeitraum des § 5 Abs 4 BeitrVerfGrsSz noch andauert (dazu b).
a) Die an den Kläger gezahlte Sofortrente zählt nicht zu den Versorgungsbezügen im Sinn des § 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz iVm § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB V. Sie wird weder von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse, Pensionsfonds oder Unterstützungskasse, § 1b Abs 3 und 4 BetrAVG) noch aufgrund einer vom Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung (§ 1b Abs 2 BetrAVG) gezahlt (vgl BSG Urteil vom 23.7.2014 - B 12 KR 28/12 R - BSGE 116, 241 = SozR 4-2500 § 229 Nr 18, RdNr 13; BSG Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 16/10 R - BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, RdNr 17; BSG Urteil vom 25.8.2004 - B 12 KR 30/03 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 3 RdNr 18). Wird der Bezug einer Rente aber nicht schon institutionell (Versorgungseinrichtung, Versicherungstyp) vom Betriebsrentenrecht erfasst, ist wesentliches Merkmal einer Rente der betrieblichen Altersversorgung ua ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung (BSG Urteil vom 20.7.2017 - B 12 KR 12/15 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 21 RdNr 13 mwN). Ein solcher Zusammenhang ist nicht zu erkennen und wird nicht durch den Umstand begründet, dass der Kläger die Kapitalleistung aus einer Direktversicherung zur Finanzierung der Einmalprämie eingesetzt hat. Der monatliche Zahlbetrag eines durch eine Einmalleistung erworbenen Sofortrentenanspruchs gehört vielmehr zu den beitragspflichtigen "Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können" (§ 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz), denn dieser bestimmt die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten (BSG Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 16/16 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
b) Die Beitragspflicht der nach § 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz zu berücksichtigenden "Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können", erscheint mit Blick auf den mit einer Beitragserhebung in der GKV verbundenen Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG; BSG Urteil vom 20.7.2017 - B 12 KR 12/15 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 21 RdNr 16) allerdings ausgeschlossen, solange aufgrund der Einhundertzwanzigstelregelung des § 5 Abs 4 BeitrVerfGrsSz iVm § 229 Abs 1 S 3 SGB V monatliche Zahlungen aus einem nicht regelmäßig wiederkehrenden Versorgungsbezug fingiert werden und bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zwischen beiden Leistungen eine wirtschaftliche Identität besteht. Eine solche wirtschaftliche Identität ist nicht schon dann anzunehmen, wenn der Beitragspflicht unterliegende sonstige Einnahmen oder Geldmittel irgendwie auf eine von der Einhundertzwanzigstelregelung erfasste Kapitalleistung zurückgeführt werden können. Sie liegt aber jedenfalls dann vor, wenn - wie hier - die einmalige Kapitalleistung unmittelbar und unverzüglich zur Finanzierung einer anderen Altersvorsorgeform eingesetzt wird. Vorliegend ist ausschlaggebend, dass dem Kläger der Großteil der Kapitalleistung nicht ausgezahlt, sondern das Guthaben aus der Lebensversicherung in Höhe der Einmalprämie in einem hinreichend engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Eintritt der Fälligkeit der Kapitalleistung und Beginn des Sofortrentenvertrags auf diesen übertragen worden ist. Die Umstände, dass einerseits zwischen der Fälligkeit der Lebensversicherung am 1.12.2012 und der Abgabe der Auszahlungserklärung am 26.2.2013 fast ein Vierteljahr vergangen und andererseits die Kapitalleistung nicht insgesamt für die Sofortrente verwendet worden ist, fallen dabei nicht entscheidend ins Gewicht. Vielmehr wird die wirtschaftliche Identität auch dadurch erhärtet, dass sowohl die Lebens- als auch die Sofortrentenversicherung bei der HDI und ihrer Rechtsvorgängerin, also demselben Versicherer abgeschlossen worden sind.
Diese einschränkende Auslegung des § 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz ist geboten, weil sich in Fällen wie dem vorliegenden die durch die Einhundertzwanzigstelregelung begründete Fiktion, dass dem freiwillig Versicherten für den Zeitraum von längstens 120 Monaten monatlich Rentenzahlungen in Höhe von jeweils einem 1/120 zufließen, in Form der auf der Kapitalleistung wirtschaftlich beruhenden Sofortrentenzahlungen tatsächlich realisiert hat. Die Einhundertzwanzigstelregelung dient - wie bereits ausgeführt wurde - einer gleichmäßigen Verbeitragung von als Renten oder als Kapitalleistung gezahlten Versorgungsbezügen, nicht aber einer "Doppelverbeitragung" derselben wirtschaftlichen Substanz. Darüber hinaus soll die Beitragsbelastung freiwillig Versicherter zwar deren gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigen (§ 240 Abs 1 S 2 Halbs 1 SGB V, § 2 Abs 1 S 2 BeitrVerfGrsSz), aber auch nicht mehr. Die Versicherten sollen wirtschaftlich weder über- noch unterfordert werden (Baier in Krauskopf, SozKV, § 240 SGB V RdNr 11, Stand März 2012). Eine solche wirtschaftliche Überforderung wäre aber zu befürchten, wenn neben der Kapitalleistung mit einem fingierten monatlichen Zahlbetrag auch die Sofortrente mit ihrem vollen Zahlbetrag beitragspflichtig wäre. Denn die tatsächlichen monatlichen Zahlbeträge aus der Sofortrente werden in Fällen wirtschaftlicher Identität bereits in Form der fingierten monatlichen Zahlbeiträge aus der Kapitalleistung beitragsmäßig erfasst.
Für die Beitragspflicht von Sofortrentenzahlungen ist daher nur insoweit Raum, als bei wertender Betrachtung keine wirtschaftliche Identität mit den aufgrund der Einhundertzwanzigstelregelung fingierten monatlichen Zahlbeträgen aus einer Kapitalleistung besteht. Die Ermittlung des der Sofortrente innewohnenden zusätzlichen und damit beitragspflichtigen Kapitalanteils könnte sich einerseits an § 22 Nr 1 S 3 Buchst a DBuchst bb S 4 EStG orientieren, der eine Regelung zur pauschalierenden Berechnung des Ertragsanteils bei Rentenleistungen enthält (dafür Bieback in jurisPR-SozR 14/2016, Anm 3). Allerdings sieht § 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz ausdrücklich vor, dass die dort genannten beitragspflichtigen Einnahmen ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Zudem ist zu bedenken, dass der Beitragsbemessung grundsätzlich der Zahlbetrag einer Sofortrente und nicht lediglich ein Ertragsanteil zugrunde zu legen ist. Denn die Sofortrente insgesamt und nicht nur ein Kapitalzuwachs in Gestalt eines Ertragsanteils steht dem freiwillig Versicherten zum Verbrauch für den allgemeinen Lebensunterhalt zur Verfügung und bestimmt daher wesentlich dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Sinn des § 240 Abs 1 S 2 SGB V (BSG Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 16/16 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Vorzugswürdig könnte daher sein, die monatlichen Sofortrentenzahlungen insoweit als sonstige "Einnahmen und Geldmittel" zu verbeitragen, als diese ein 1/120 der verbeitragten Kapitalleistung tatsächlich übersteigen. In Höhe dieses Spitzbetrags verbessert die Sofortrente die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gegenüber der fingierten Zahlung aus einer Kapitalleistung. Einen solchen Spitzbetrag beitragsmäßig aufzugreifen, trägt dem Grundsatz der die Beitragsbemessung freiwillig Versicherter kennzeichnenden individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Ausdruck des in der GKV geltenden Solidaritätsprinzips Rechnung. Nach Ablauf des Einhundertzwanzigmonatszeitraums wäre die Sofortrente dagegen entsprechend den allgemeinen Regeln mit ihrem vollen Zahlbetrag beitragspflichtig.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 11520150 |
BSGE 2019, 188 |