Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufliche Eingliederung. Förderung aus dem Vermittlungsbudget. Anbahnung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Eingliederungsziel. Bundesfreiwilligendienst. Förderziel
Leitsatz (amtlich)
Eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget scheidet aus, wenn sie unmittelbar und alleine auf die Aufnahme eines Bundesfreiwilligendienstes ausgerichtet ist.
Normenkette
SGB 3 § 44 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2011-12-20; SGB 3 § 45 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2008-12-21; SGB 3 § 1 Abs. 1-2; SGB 4 § 7 Abs. 1 S. 1; BFDG §§ 1, 4 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. Mai 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Fahrkosten aus dem Vermittlungsbudget der Beklagten anlässlich der Aufnahme eines Bundesfreiwilligendienstes (BFD).
Die arbeitsuchend gemeldete, aber nicht im Leistungsbezug stehende, 1964 geborene Klägerin schloss mit der Beklagten eine Eingliederungsvereinbarung (EV) mit einer Geltungsdauer bis zum 22.10.2011, die als Ziel die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Industriekauffrau im regionalen Bereich nannte (EV vom 26.10.2010). Diese EV wurde am 7.4.2011 überprüft und ohne Änderung fortgeschrieben. Zu den von der Beklagten in Aussicht gestellten Leistungen war ua ausgeführt:
"Wir können Ihnen im Rahmen des Vermittlungsbudgets finanzielle Hilfen zur Unterstützung der Bewerbungsaktivitäten bis zu 120,00 € für den Zeitraum vom 24.8.2010 bis 23.8.2011 folgende Leistungen gewähren:
- Bewerbungskosten max. 50 Euro/Jahr
- Reisekosten zur Vorstellung im Tagespendelbereich lt. BRKG
- Fahrkosten bei Arbeitsaufnahme bis max. 3 Monate lt. BRKG"
Am 11.8.2011 beantragte die Klägerin die Erstattung von Kosten für eine schriftliche Bewerbung (5 Euro) zur Ableistung eines BFD in einem Klinikum sowie Reisekosten für ein entsprechendes Vorstellungsgespräch (6 Euro), das am 29.8.2011 stattfand. Ferner beantragte sie am 18.8.2011 die Erstattung von Fahrkosten für eine Monatskarte und für Benzin- sowie weiterer Fahrzeugkosten (angegebene Gesamtkosten: 4641,29 Euro), die im Zusammenhang mit der Aufnahme des BFD entstehen würden. Die Klägerin verpflichtete sich zur Ableistung des BFD vom 1.9.2011 bis 28.2.2013 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden.
Die Beklagte lehnte die Anträge auf Kostenerstattung für Fahrkosten mit der Begründung ab, es bestehe beim BFD zwar Versicherungspflicht, jedoch handele es sich nicht um eine Beschäftigung iS von § 7 SGB IV (Bescheid vom 5.9.2011; Widerspruchsbescheid vom 10.10.2011).
Im Klageverfahren hat das SG die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, über die Anträge der Klägerin vom 11.8.2011 und 18.8.2011 "bezüglich der Reisekosten und Fahrkosten für Pendelfahrten zur Aufnahme des Bundesfreiwilligendienstes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden". Die Beklagte habe zu Unrecht festgestellt, die Aufnahme einer Tätigkeit nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz sei grundsätzlich nicht nach § 45 SGB III förderfähig (Urteil vom 9.10.2014).
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.5.2016). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, auch wenn es sich bei der Tätigkeit im BFD um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des Arbeitsförderungsrechts handele, mangele es an der weiteren Anspruchsvoraussetzung der Notwendigkeit der Förderung für die berufliche Eingliederung. Eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget sei nicht bereits dann notwendig, wenn die Förderung lediglich in irgendeiner Weise für die berufliche Eingliederung sachdienlich und wünschenswert sei. Die im Rahmen des BFD zu erwerbenden Kompetenzen könnten sich allenfalls mittelbar auf eine spätere berufliche Eingliederung der Klägerin auswirken, was für eine Förderung nicht ausreiche.
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung. Das Berufungsgericht habe die Anspruchsvoraussetzung der "Notwendigkeit der Förderung für die berufliche Eingliederung" in seinem Bedeutungsgehalt verkannt. Auch ein BFD könne grundsätzlich notwendig für die berufliche Eingliederung sein. Gefordert sei eine an den Umständen des Einzelfalls orientierte Ermessensentscheidung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen LSG vom 19. Mai 2016 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Chemnitz vom 9. Oktober 2014 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und verweist ergänzend auf das Urteil des Senats vom 23.2.2017 (B 11 AL 1/16 R), aus dem sich ergebe, dass Teilnehmer des BFD zwar versicherungspflichtig, nicht aber (im eigentlichen Sinne) Beschäftigte seien.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat ohne Verletzung von Bundesrecht (vgl § 163 SGG) auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung des SG hat die Klägerin keinen Anspruch auf Neubescheidung.
Gegenstand des Verfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid der Beklagten vom 5.9.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2011, durch den die Beklagte es abgelehnt hat, auf die Anträge der Klägerin vom 11.8.2011 und 18.8.2011 Leistungen aus dem Vermittlungsbudget anlässlich des von dieser am 1.9.2011 angetretenen BFD zu erbringen. Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) in Form der Bescheidungsklage statthaft. Die Klägerin begehrt mit der Behauptung, die Beklagte habe die Grenzen ihres Ermessens überschritten bzw von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG), keine bestimmte (Geld-)Leistung, sondern allein eine erneute Entscheidung der Beklagten unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts. Dabei macht sie nach ihrem vor dem SG gestellten Antrag nur noch Fahrkosten geltend.
Gründe, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen würden, liegen nicht vor. Insbesondere war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zulässig. Die Klägerin hat die Fahrkosten nach Aufnahme des BFD bereits auf 4641,29 Euro beziffert und diesen Betrag trotz angegebener Krankheitszeiten zu Beginn des BFD nicht korrigiert, sodass der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 Euro (vgl § 144 Abs 1 Nr 1 SGG) übersteigt.
Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass kein Anspruch auf Neubescheidung besteht.
Ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Förderung aus dem Vermittlungsbudget lässt sich zunächst nicht unmittelbar aus der EV herleiten. Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Senats die EV als eigenständige Rechtsgrundlage für Leistungen der aktiven Arbeitsmarktförderung in Betracht (BSG vom 6.12.2012 - B 11 AL 15/11 R - BSGE 112, 241 = SozR 4-1300 § 59 Nr 1, RdNr 18 ff; vgl auch BSG vom 2.4.2014 - B 4 AS 26/13 R - BSGE 115, 210 = SozR 4-4200 § 15 Nr 3, RdNr 31). In der zwischen den Beteiligten geschlossenen EV vom 26.10.2010 waren indes, wie vom LSG zutreffend ausgeführt, keine konkreten Leistungen speziell für die Aufnahme eines BFD vorgesehen.
Als Rechtsgrundlage für die begehrten Fahrkosten kommt daher allein § 45 SGB III (in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 - BGBl I 2917 - im Folgenden: aF) in Betracht, der wörtlich mit § 44 Abs 1 Satz 1 SGB III (in der ab dem seit 1.4.2012 geltend Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 - BGBl I 2854) übereinstimmt. Doch liegen die Anspruchsvoraussetzungen dieser Vorschrift nicht vor.
Nach § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF können Ausbildungssuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden (§ 45 Abs 1 Satz 2 SGB III aF). Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird (§ 45 Abs 1 Satz 3 SGB III aF). Nach § 45 Abs 3 Satz 1 SGB III aF entscheidet die Agentur für Arbeit über den Umfang der zu erbringenden Leistungen und kann Pauschalen festlegen.
Eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget erfordert danach, dass bestimmte persönliche und sachliche Anspruchsvorrausetzungen erfüllt sind und steht im Übrigen im Ermessen der Arbeitsagentur. An die Stelle des bis zum 31.12.2009 noch bestehenden detaillierten Leistungskatalogs ist eine "Generalklausel" zur Förderung des berechtigten Personenkreises getreten (vgl BSG vom 12.5.2011 - B 11 AL 25/10 R - SozR 4-4300 § 45 Nr 3, RdNr 24; zur Rechtsentwicklung vgl Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 44 SGB III RdNr 5 f und 8 ff, Stand März 2013; Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 44 RdNr 8 und 18 ff, Stand Februar 2013).
Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG war die Klägerin vor Antritt des BFD zum 1.9.2011 zwar arbeitslos (vgl § 16 Abs 1 SGB III; § 119 SGB III aF) und gehörte damit zu dem grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget. Doch fehlt es an den darüber hinaus erforderlichen sachlichen Anspruchsvoraussetzungen. Nach § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF muss eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget stets auf das Ziel der beruflichen Eingliederung durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgerichtet sein, was in einem ersten Prüfungsschritt festzustellen ist. Erst daran anknüpfend erfolgt in einem zweiten Schritt die Prüfung, ob die Förderung für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Bezogen auf die Aufnahme des BFD durch die Klägerin liegt hier schon keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Ausrichtung auf eine versicherungspflichtige Beschäftigung vor.
Eine Förderung kann nach § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF zwar sowohl auf die Anbahnung als auch auf die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gerichtet sein. Das Förderungsziel der "Anbahnung" ist dabei nach allgemeinem Sprachverständnis weiter gefasst und kann unspezifischer sein, als das Ziel "Aufnahme", das schon denknotwendig auf eine ganz bestimmte Beschäftigung gerichtet sein muss (vgl Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 44 SGB III RdNr 25 f, Stand März 2013; Herbst in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, § 44 ≪1. Überarbeitung≫ RdNr 77 ff). Auf jegliche Konkretisierung der versicherungspflichtigen Beschäftigung, auf die sich die Förderung richtet, darf gleichwohl auch bezogen auf die Alternative "Anbahnung" nicht verzichtet werden, denn ansonsten liefe der im Gesetz festgelegte Anknüpfungspunkt "versicherungspflichtige Beschäftigung" weitgehend leer. Dies gilt auch für den Fall, dass eine Förderung - entsprechend der nicht in Frage zu stellenden Praxis der Beklagten - zum Abbau allgemein vermittlungsrelevanter Hemmnisse erfolgen soll (vgl Fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit ≪BA≫ zu § 44 SGB III RdNr 44.12, Stand 20.10.2017).
Insoweit ist Voraussetzung, dass das Eingliederungsziel wenigstens auf bestimmte in Betracht kommende Beschäftigungsgruppen konkretisiert wird (so auch Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 44 SGB III RdNr 25, Stand März 2013). Hierfür bietet sich insbesondere eine EV (vgl § 37 Abs 2 SGB III) an, was schon durch den Verweis in § 45 Abs 1 Satz 2 SGB III aF auf die EV deutlich wird, und wie es im vorliegenden Fall durch die Formulierung des Ziels der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Klägerin als Industriekauffrau auch erfolgt ist. Eine Förderung ohne diesen konkreten Bezugspunkt kann ansonsten allenfalls als Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gemäß § 45 SGB III erfolgen (zu dieser Abgrenzung Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 44 SGB III RdNr 6, Stand März 2013), soweit die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Hier bezieht sich die von der Klägerin beantragte Förderung aus dem Vermittlungsbudget unmittelbar auf die Aufnahme des BFD zum 1.9.2011. Dieser ist aber für sich genommen schon nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung iS des § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF anzusehen. Beitragsrechtlich ist der BFD einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zwar gleichgestellt. Dies hat der Senat insbesondere aus dem vom Gesetzgeber beabsichtigten sozialen Schutz des Dienstleistenden abgeleitet (BSG vom 23.2.2017 - B 11 AL 1/16 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 16 ff). Doch führt dieser Schutz nicht dazu, dass der BFD auch im Regelungszusammenhang der aktiven Arbeitsförderung als (versicherungspflichtige) Beschäftigung anzusehen ist, bzw einer solchen gleichzustellen wäre (aA Mutschler in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 44 SGB III RdNr 8).
Bei einem BFD handelt es sich schon nicht um eine Beschäftigung iS des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Diese ist definiert als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Freiwilligen im BFD stehen zu dessen Träger aber weder in einem Arbeits- noch einem Ausbildungsverhältnis (so zur vergleichbaren Tätigkeit in einem Freiwilligen Sozialen Jahr BSG vom 23.2.2017 - B 11 AL 1/16 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 16 mwN). Vielmehr stellt der BFD von seiner Konzeption her eine freiwillige Betätigung für das Allgemeinwohl dar (vgl § 1 BFDG) und ist damit einem Ehrenamt ähnlich (so BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 26, wonach der BFD auch keine Erwerbstätigkeit im Sinne des SGB II ist). Seine Förderung mag gesamtgesellschaftlich zwar höchst sinnvoll sein, den spezifischen Eingliederungszielen der Arbeitsförderung entspricht sie jedoch nicht.
Denn Ziel und Kernaufgabe der aktiven Arbeitsförderung ist gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 SGB III der Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt (vgl BT-Drucks 16/10810 S 26; dazu Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 1 RdNr 27 f, Stand Februar 2013; Timme in Hauck/Noftz, SGB III, K § 1 RdNr 11, Stand V/2012). Aktive Arbeitsförderung bezieht sich damit auf Beschäftigung, die für diesen Ausgleich von Bedeutung sein kann. Gestützt wird dieser Befund durch die weiteren in § 1 SGB III genannten Programmsätzen bzw Handlungsrichtlinien (ausführlich dazu Schmidt-De Caluwe in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 6. Aufl 2017, § 1 RdNr 28 ff; Deinert in Gagel, SGB II/SGB III, § 1 RdNr 102 ff, Stand Juni 2016). So soll nach § 1 Abs 1 Satz 4 SGB III die Arbeitsförderung zum Erreichen eines hohen Beschäftigungsstandes beitragen und die Beschäftigungsstruktur ständig verbessern. Nach § 1 Abs 2 Nr 2 und 3 SGB III soll darüber hinaus durch Leistungen der Arbeitsförderung insbesondere die individuelle Beschäftigungsfähigkeit gefördert und unterwertiger Beschäftigung entgegengewirkt werden. Ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und die Verwirklichung der weiteren genannten Ziele lässt sich aber durch die Förderung von freiwilligen Betätigungen im gesellschaftlichen Bereich, wie etwa dem BFD, die wirtschaftspolitisch kaum von Belang sind, nicht erreichen.
Hinzu kommen weitere systematische Erwägungen, die ebenfalls gegen die Beurteilung des BFD als Beschäftigung iS des § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF sprechen. Soweit nämlich in § 2 Abs 5 SGB III Arbeitnehmern auferlegt wird, als allgemeine Obliegenheiten zumutbare Beschäftigungsverhältnisse fortzusetzen, eigenverantwortlich nach Beschäftigungen zu suchen oder eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen, kann sich dies nicht auf Betätigungen wie den BFD beziehen. Gleiches gilt für die in § 2 Abs 4 Satz 1 SGB III normierte Unterrichtungspflicht der Arbeitgeber gegenüber der BA bei betrieblichen Maßnahmen, die Auswirkung auf die Beschäftigung haben können. Zudem wird sich auch die Vermittlungstätigkeit der Beklagten, die nach § 35 Abs 1 Satz 2 SGB III ua alle Tätigkeiten umfasst, die Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenführen (vgl dazu nur Rademacker in Hauck/Noftz, SGB III, K § 35 RdNr 28 ff, Stand IV/2013), nicht direkt auf die Vermittlung eines BFD erstrecken dürfen.
Der von der Klägerin aufgenommene BFD scheidet auch als Gegenstand für eine (nur) auf die Anbahnung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gerichteten Förderung im Sinne der zweiten Alternative des § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF aus. Soweit der BFD auf lebenslanges Lernen ausgerichtet ist (§ 1 Satz 2 BFDG) und das Ziel verfolgt, soziale, ökologische, kulturelle sowie interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln (§ 4 Abs 1 BFDG), können solche Kompetenzen zwar durchaus für ein "normales" Beschäftigungsverhältnis von großer Bedeutung sein. Deshalb erscheint es nicht ausgeschlossen, auch einen BFD jedenfalls mittelbar zum Gegenstand einer Förderung aus dem Vermittlungsbudget zu machen. Doch würde dies voraussetzen, dass ein solches besonderes Förderziel, nämlich den BFD als Schritt auf dem Weg zu einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vorzusehen, konkret erwogen und in ein individuelles Förderkonzept aufgenommen wurde.
Hierfür gibt es vorliegend indes keine Anhaltspunkte. Denn auch für ein solches Konzept bietet sich in erster Linie die EV an. In der zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen EV wurde als Ziel aber lediglich die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Industriekauffrau beschrieben. Ein BFD war weder unmittelbar noch mittelbar Gegenstand der EV. Es ist nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG nichts dafür ersichtlich, dass der BFD als Gegenstand der beruflichen Eingliederung überhaupt einmal vor Beantragung der Leistungen aus dem Vermittlungsbudget zwischen der Klägerin und der Beklagten thematisiert worden wäre.
Fehlt es danach also schon an dem im Rahmen des § 45 Abs 1 Satz 1 SGB III aF zu prüfenden förderbaren Eingliederungsziel, kommt es auf die von der Revision problematisierte Frage nach dem weiteren Bedeutungsgehalt der Anspruchsvoraussetzung "Notwendigkeit der Förderung für die berufliche Eingliederung", die im zweiten Schritt zu prüfen gewesen wäre, nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen