Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Berechnung des Verletztengeldes bei geringfügiger Beschäftigungsdauer. Bemessungszeitraum. Bezugsmethode. Referenzmethode. Lohnausfallprinzip. Vierwochenzeitraum. analoge Anwendung
Leitsatz (amtlich)
Bei einem aufgrund geringfügiger Beschäftigung nur in der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherten, der kurz nach Aufnahme einer auf einen Tag vereinbarten Beschäftigung infolge eines Arbeitsunfalles arbeitsunfähig wird, ist das dem Verletztengeld zugrunde liegende (tägliche) Regelentgelt in der Weise zu ermitteln, dass der für die gesamte Beschäftigungszeit vereinbarte Lohn durch die Zahl der in vier Wochen enthaltenen Tage (28 Tage) zu teilen ist (Bestätigung von BSG vom 23.3.1999 – B 2 U 16/98 R = BSGE 84, 41 = SozR 3-2200 § 561 Nr 2).
Normenkette
RVO §§ 560, 561 Abs. 1; SGB VII § 45 Abs. 1, § 47 Abs. 1; SGB V § 47 Abs. 2 Sätze 1-3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 31. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger wendet sich gegen die Berechnung des Verletztengeldes durch die Beklagte.
Der im Jahre 1936 geborene Kläger war bis Ende des Jahres 1995 als selbständiger Fuhrunternehmer tätig. Danach war er weder Rentner, noch ging er einer Beschäftigung nach; bei Bedarf half er im Fuhrunternehmen seines Schwiegersohnes aus. So arbeitete er am 13., 14. und 21. Mai 1996 insgesamt 19 Stunden, am 12. Juni 1996 9 Stunden und am 24. Juni 1996 6 Stunden. Er erhielt 18,50 DM/Stunde, die ohne gesetzliche Abzüge ausgezahlt wurden. Am 23. Oktober 1996 um 12.45 Uhr begann er wieder eine solche Aushilfstätigkeit und erlitt dabei um 13.15 Uhr einen Unfall. Er hätte für etwa fünf Stunden zu einem Lohn von 18,50 DM/Stunde arbeiten sollen. Weitere Beschäftigungen wären bei entsprechendem Arbeitsanfall in Betracht gekommen.
Mit Bescheid vom 25. August 1998 gewährte die Beklagte dem Kläger Verletztengeld für die Zeit vom 24. Oktober 1996 bis zum 22. Oktober 1997 in Höhe von 2,46 DM/Kalendertag und für die Zeit vom 23. Oktober 1997 bis zum 28. Juni 1998 in Höhe von 2,50 DM/Kalendertag. Zur Ermittlung der Beträge dividierte die Beklagte das für den Unfalltag vorgesehene Bruttoarbeitsentgelt (92,50 DM) durch 30 (Tage) und setzte davon 80 vH als Verletztengeld fest.
Nach erfolglosem Vorverfahren (Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 1999) hat das Sozialgericht Landshut (SG) den angefochtenen Bescheid geändert und die Beklagte verurteilt, der Verletztengeldgewährung ein kalendertägliches Entgelt von 3,30 DM zugrunde zu legen. In Fällen wie hier sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das insgesamt zu erzielende Entgelt (92,50 DM) durch die Zahl der in vier Wochen enthaltenen Tage (28 Tage) zu teilen (Urteil vom 24. August 2000). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers, mit der er die Berechnung des Verletztengeldes aufgrund eines kalendertäglichen Regelentgeltes in Höhe von 10,11 DM geltend gemacht hat, zurückgewiesen (Urteil vom 31. Juli 2002). Die Höhe des Verletztengeldes ergebe sich aus § 561 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) iVm § 47 Abs 1, 2 und 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V); hier seien aber weder die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 noch die des Satzes 3 des § 47 Abs 2 SGB V erfüllt. Es fehle beim Kläger am Mindestabrechnungszeitraum von vier Wochen iS des § 47 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB V vor dem Eintritt des Versicherungsfalles. Der Kläger habe seine selbständige Tätigkeit 1995 aufgegeben. Diese Tätigkeit könne daher nicht nach § 47 Abs 1 SGB V zur Regelentgeltberechnung herangezogen werden. Von der Aufgabe der Tätigkeit bis zum Unfall sei er zusammenhängend nur tageweise nach Bedarf beschäftigt gewesen. Der letzte zusammenhängende Beschäftigungszeitraum seien die sechs Stunden am 24. Juni 1996 gewesen. Ein sonstiger Mindestabrechnungszeitraum sei nicht ersichtlich. Nicht zu entscheiden sei, ob grundsätzlich eine Hochrechnung aus den vorhandenen Abrechnungszeiträumen oder die Ermittlung des Durchschnittsverdienstes eines gleichartig Beschäftigten heranzuziehen sei, da auf eine Vergleichsperson nicht zurückgegriffen werden könne. Beim Kläger handele es sich um einen sporadisch geringfügig Beschäftigten, bei dem das Regelentgelt analog § 47 Abs 2 SGB V ausnahmsweise nach dem Lohnausfallprinzip zu berechnen sei (BSGE 84, 41 ff = SozR 3-2200 § 561 Nr 2). Es sei festzustellen, wie viel Arbeitsentgelt infolge der Arbeitsunfähigkeit nicht habe eingenommen werden können. Dementsprechend sei auch die vom SG vorgenommene Teilung zutreffend. Eine vom Kläger begehrte Anlehnung an die Verhältnisse des 24. Juni 1996 an Stelle einer Anknüpfung an den Unfalltag sei hier nicht zu begründen, da die Unterschiede zwischen diesen beiden Tagen zufällig seien und es keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Verhältnisse vom 24. Juni 1996 einen zuverlässigeren Schluss auf das durch die Arbeitsunfähigkeit entgangene Arbeitsentgelt zuließen. Der Vergleich des vom SG gefundenen Ergebnisses mit dem wirtschaftlichen Gewicht, das die versicherten Beschäftigungen für den Kläger bis dahin gehabt hätten, sprächen gegen eine unangemessene Benachteiligung des Klägers. Dieser habe im ersten Halbjahr 1996 aus seinen Aushilfstätigkeiten insgesamt 629,- DM erlöst. Nach Umsetzung des angefochtenen Urteils fließe ihm für das erste halbe Jahr des Verletztengeldbezuges ein Betrag in Höhe von 475,20 DM zu. Bei einem Erfolg seines Begehrens wäre es ein Betrag in Höhe von 1.454,40 DM; dies würde mehr als das Doppelte des vorhergehenden Bruttoeinkommens ausmachen und wäre unter dem Gesichtspunkt der Lohnersatzfunktion des Verletztengeldes völlig unangemessen.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Es bestehe keine gesetzliche Regelung für den Fall des Eintritts einer Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf eines vierwöchigen Entlohnungszeitraums. Das BSG habe zu einer vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I S 1881) liegenden Fassung des § 182 RVO entschieden, dass dann für die fehlende Zeit das der Regellohnberechnung zugrunde liegende Entgelt aus dem Verdienst eines gleichartig Beschäftigten desselben Betriebes zu ergänzen sei (BSGE 36, 55, 58 = SozR Nr 59 zu § 182 RVO). In der Literatur werde überwiegend vertreten, dass bei einer vor der Arbeitsunfähigkeit liegenden kürzeren Abrechnungszeit als vier Wochen in der Regel eine Hochrechnung aus den vorhandenen Abrechnungszeiträumen vorzunehmen sei. Das BSG (BSGE 84, 41 ff = SozR 3-2200 § 561 Nr 2) habe diese Frage offen gelassen, da wegen der Einmaligkeit des Falles nicht auf Vergleichspersonen habe zurückgegriffen werden können. Die Entscheidung sei vorliegend jedoch nicht anwendbar, da im dortigen Fall der klagende Asylbewerber vorher nicht in Deutschland beschäftigt gewesen sei und es somit keinen Abrechnungszeitraum gegeben habe. Dort habe sich der Unfall kurz nach Arbeitsbeginn ereignet, weshalb nicht auf frühere Abrechnungen habe zurückgegriffen werden können. Anders sei dies bei ihm – dem Kläger –, der zwar nur gelegentlich, jedoch kontinuierlich seit Aufgabe der selbständigen Tätigkeit je nach Arbeitsanfall für einen Lohn vom 18,50 DM/Stunde tätig gewesen sei. Nach der Arbeitgeberauskunft sei zuletzt der Zeitraum vom 21. Mai bis zum 24. Juni 1996 mit einer Arbeitszeit vom 20,5 Stunden abgerechnet worden. Daher sei das Regelentgelt so zu berechnen, dass aus der Arbeitszeit von 20,5 Stunden und einem Stundenlohn von 18,50 DM ein Nettoarbeitsentgelt von 379,25 DM zu bilden sei. Das tägliche Regelentgelt betrage demnach 10,11 DM (379,25 DM : 30 Tage × 80 vH). Dabei sei noch nicht berücksichtigt, dass der vereinbarte Stundenlohn eine Nettolohnvereinbarung darstelle.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 31. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 24. August 2000 sowie des Bescheides vom 25. August 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 1999 zu verurteilen, das Verletztengeld unter Zugrundelegung eines kalendertäglichen Regelentgelts in Höhe von 10,11 DM neu zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass der Berechnung des dem Kläger zustehenden Verletztengeldes ein kalendertägliches Regelentgelt in Höhe von 3,30 DM zugrunde zu legen ist.
Auf den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Verletztengeld sowie dessen Ausgestaltung sind, soweit es sich um den Bezugszeitraum bis zum 31. Dezember 1996 handelt, noch die bis dahin geltenden Vorschriften der RVO, für die Zeit danach – entgegen der Auffassung des LSG – die Regelungen des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) anzuwenden. Dies folgt aus dem in § 212 SGB VII enthaltenen Grundsatz, wonach die Vorschriften des Ersten bis Neunten Kapitels des SGB VII für Versicherungsfälle gelten, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintreten, sowie aus § 214 Abs 1 Satz 1 SGB VII, wonach die Vorschriften des Ersten und Fünften Abschnitts des Dritten Kapitels des SGB VII auch für Versicherungsfälle gelten, die vor dem In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten sind. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bilden gemäß § 214 Abs 1 Satz 2 SGB VII lediglich Leistungen der Heilbehandlung und zur Teilhabe am Arbeitsleben, die vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes bereits in Anspruch genommen worden sind. Die Regelungen über das Verletztengeld in den §§ 45 bis 48 SGB VII sind hingegen dem Sechsten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Dritten Kapitels zugeordnet. Sie zählen somit nicht zu den Vorschriften über die Gewährung von Heilbehandlung und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§§ 27 bis 34 und 35 SGB VII) und beanspruchen daher Geltung für den Bezugszeitraum ab dem 1. Januar 1997 (BSG, Urteil vom 5. März 2002 – B 2 U 13/01 R – HVBG-Info 2002, 1157, BSG SozR 3-2200 § 561 Nr 1).
Die Grundlage für den Anspruch des Klägers auf Verletztengeld für den Zeitraum seiner arbeitsunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit vom 24. Oktober 1996 bis zum 28. Juni 1998 bilden die Vorschriften des § 560 Abs 1 RVO bzw des § 45 Abs 1 SGB VII. Die dafür in den genannten Regelungen vorgesehenen und im Ergebnis auch übereinstimmenden Voraussetzungen (vgl BT-Drucks 13/2204 S 87) sind hier nach den nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt. Der Kläger erlitt bei einer versicherten Tätigkeit, nämlich bei einer entgeltlichen Aushilfsbeschäftigung im Unternehmen seines Schwiegersohnes am 23. Oktober 1996, einen Arbeitsunfall, aufgrund dessen eine Arbeitsunfähigkeit eintrat. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Kläger als geringfügig Beschäftigter iS des § 8 Abs 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) nur unregelmäßig, und dies jeweils für wenige Stunden, einer Aushilfstätigkeit im Fuhrunternehmen seines Schwiegersohnes nachgegangen ist. Entscheidend ist lediglich die Versicherteneigenschaft des Betreffenden zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalles sowie eine Erzielung von Einkommen. Zwar sieht das SGB V für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherungsfreiheit bei einer geringfügigen Beschäftigung (s § 7 SGB V) vor, weshalb ein geringfügig Beschäftigter bei einer Erkrankung – sollte er nicht anderweitig krankenversichert sein – auch keinen Anspruch auf Krankengeld hat. Eine dem § 7 SGB V (s auch § 5 Nr 1 SGB VI, § 20 SGB XI sowie § 27 Abs 2 SGB III für die Bereiche der gesetzlichen Rentenversicherung und Pflegeversicherung sowie für die Arbeitslosenversicherung) entsprechende Regelung, der zufolge sich der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung nicht auf geringfügig Beschäftigte erstrecken sollte, enthielt weder die RVO noch sind entsprechende Vorschriften in dem diesen Bereich abschließend regelnden SGB VII (vgl §§ 2 bis 4 SGB VII) enthalten (vgl BSGE 84, 41, 45 = SozR 3-2200 § 561 Nr 2). Da hier – wie dargestellt – die anspruchsbegründenden Tatsachen vorliegen, ist der Anspruch des Klägers auf Verletztengeld wegen des Arbeitsunfalles vom 23. Oktober 1996 dem Grunde nach gegeben.
Soweit hier der Anspruch der Höhe nach streitig ist, haben SG und LSG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats (BSGE 84, 41 ff = SozR aaO) zutreffend festgestellt, dass das Verletztengeld allein auf der Grundlage eines kalendertäglichen Entgeltes in Höhe von 3,30 DM zu berechnen ist. Für den Bezugszeitraum vom 24. Oktober bis zum 31. Dezember 1996 richtet sich die Höhe des Verletztengeldes, da es sich beim Kläger wegen seiner Aushilfstätigkeit um einen Arbeitnehmer handelt, nach § 561 Abs 1 RVO; diese Vorschrift wiederum sieht zur Berechnung des Verletztengeldes eine entsprechende Anwendung der Regelungen über das Krankengeld in § 47 Abs 1, 2 und – vorliegend nicht relevant – Abs 5 SGB V vor. Für die Zeit ab dem 1. Januar 1997 bestimmt sich, da der Kläger Arbeitsentgelt bzw Arbeitseinkommen erzielt hat, die Höhe des Verletztengeldes nach dem in seinem Regelungsgehalt der Vorgängervorschrift entsprechenden § 47 Abs 1 SGB VII (BT-Drucks 13/2204 S 87), der ebenfalls die entsprechende Anwendung des § 47 Abs 1 und 2 SGB V vorschreibt.
Die Vorinstanzen sind zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass sich vorliegend die Höhe des dem Verletztengeld zugrunde zu legenden Regelentgeltes nicht durch eine direkte Anwendung der Vorschriften des § 47 Abs 2 SGB V bestimmen lässt. Die hier gegebene besondere Konstellation einer nur unregelmäßig ausgeführten, tageweisen, auf wenige Stunden begrenzten geringfügigen Beschäftigung, die gerade nicht mit einem mindestens vierwöchigen Abrechnungszeitraum (Bemessungszeitraum) einhergeht, ist weder in der bis zum 31. Dezember 1996 (Fassung des § 47 Abs 1 und 2 SGB V durch Gesetz vom 20. Dezember 1988, BGBl I S 2477) noch in der für die Zeit danach geltenden Fassung des § 47 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB V (Fassung des § 47 Abs 1 und 2 SGB V durch Gesetz vom 1. November 1996, BGBl I S 1631) geregelt. Die in ihrem Regelungsgehalt identischen Vorschriften des § 47 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB V sehen nämlich vor, dass für die Berechnung des Regelentgeltes das vom Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen ist, für die es gezahlt wurde. Das Ergebnis ist dann mit der Zahl der sich aus dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses ergebenden regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden zu vervielfachen und durch sieben zu teilen. Anhand der für die jeweiligen Zeiträume heranzuziehenden Fassung der Vorschrift des § 47 Abs 2 Satz 3 SGB V ist ein für das Verletztengeld des Klägers maßgebendes Regelentgelt nicht zu ermitteln, da das Arbeitsentgelt des Klägers weder nach Monaten bemessen war – 1. Alternative – noch eine Abrechnung von Arbeitsentgelt im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit liegenden Kalendermonat stattgefunden hat – 2. Alternative – (BSGE 84, 41, 47 = SozR 3-2200 § 561 Nr 2). Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war der Kläger seit Aufgabe seiner nicht berücksichtigungsfähigen selbständigen Tätigkeit Ende des Jahres 1995 bis zu seinem Arbeitsunfall zu keiner Zeit für einen ganzen Monat oder länger entgeltlich beschäftigt. Schließlich hat die Beklagte von der ihr in § 47 Abs 1 Satz 4 SGB VII für den Zeitraum ab dem 1. Januar 1997 vorgesehenen Ermächtigung, eigene Bestimmungen über die Berechnung und die Auszahlung von Verletztengeld bei nicht kontinuierlicher Arbeit zu treffen, ausweislich ihrer am 14. November 1996 mit Wirkung zum 1. Januar 1997 beschlossenen Satzung keinen Gebrauch gemacht, so dass sich auch insoweit keine Berechnungsmöglichkeit für das Verletztengeld erschließt.
Eine erweiternde bzw analoge Auslegung des § 47 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB V in der Weise, das Fehlen eines Mindestabrechnungszeitraums entweder nach der so genannten “Bezugsmethode” (KassKomm-Höfler § 47 SGB V RdNr 20 mwN; Kater/Leube, SGB VII, § 47 RdNr 15) oder im Wege der so genannten “Referenzmethode” (BSGE 36, 55, 58 f = SozR Nr 59 zu § 182 RVO) auszugleichen, kommt hier ebenso wie in dem Urteil des Senats vom 23. März 1999 (BSGE 84, 41, 45 = SozR aaO) nicht in Betracht. Zwar beachtet eine Regelentgeltermittlung nach der Bezugsmethode, bei der eine Hochrechnung des in zurückliegenden, kürzeren Abrechnungszeiträumen erzielten Entgelts auf vier Wochen stattfindet, den Grundsatz, dass nur bereits abgerechnete Zeiträume berücksichtigt werden, und knüpft gleichfalls an den Vierwochenzeitraum als gesetzliches Leitmotiv an. Dennoch ist diese Methode gerade in Fällen wie hier ungeeignet, eine zuverlässige Grundlage für die Ermittlung des als Entgeltersatz dienenden Verletztengeldes zu bieten (vgl zur Entgeltersatzfunktion § 47 Abs 1 Satz 4 SGB VII). Denn insbesondere durch eine Anknüpfung an eventuell – wie auch hier – weit zurückliegende Zeiträume, etwa die Tätigkeit des Klägers am 24. Juni 1996, lässt sich keine Entsprechung zu den Gegebenheiten zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles, dem 23. Oktober 1996, erzielen. Eine zeitlich nahe Anknüpfung an die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles (Arbeitsunfall) ist jedoch unabdingbar, um eine durch Zufälle bestimmte Berechnung des Verletztengeldes zu verhindern und die Funktion des Verletztengeldes als Ersatz für das aktuell ausfallende Entgelt sicherzustellen. Da aus diesen Gründen auch hier ein Rückgriff auf einen weit zurückliegenden Abrechnungszeitraum verwehrt ist, braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob der letzte abgerechnete Zeitraum – wie der Kläger meint – die Arbeitseinsätze vom 21. Mai bis zum 24. Juni 1996 umfasst oder – wie vom LSG dargestellt (Bl 5 des Urteilsumdrucks) – lediglich die Tätigkeit am 24. Juni 1996 selbst. So mag daher die Bezugsmethode für die Berechnung von Verletztengeld bei Arbeitsunfällen kurz nach Beginn eines langfristigen Arbeitsverhältnisses aber vor Ablauf des Bemessungszeitraums zu einer adäquaten Ermittlung des Regelentgeltes geeignet sein, in Fällen von weit auseinander liegenden und kurzfristigen Tätigkeiten führt sie jedoch nicht zu sachgemäßen Ergebnissen.
Ebenso wenig kann mit der so genannten Referenzmethode, bei der die Regelentgeltermittlung durch eine Heranziehung einer Vergleichsperson erfolgt, im vorliegenden Fall ein der Realität entsprechendes Bild von der Entgeltsituation des nur unregelmäßig tätigen Klägers gewonnen werden. Zum einen stellt sich die – jedoch vom Senat nicht zu beantwortende – Frage, ob diese zu einer vor dem In-Kraft-Treten des RehaAnglG geltenden Fassung des § 182 RVO entwickelte Methode überhaupt auf Fälle der vorliegenden Art angewendet werden kann (vgl BSGE 84, 41, 44 = SozR aaO), zum anderen kann – ebenso wie in der zitierten Entscheidung – nach den insoweit bindenden Feststellungen des LSG nicht auf eine Vergleichsperson zurückgegriffen werden (Bl 5 des Urteilsumdrucks).
Schließlich kann die Regelentgeltermittlung in Fällen wie hier nicht durch eine analoge Anwendung von Satz 3 des § 47 Abs 2 SGB V in der Weise erfolgen, dass das tatsächlich vereinbarte Entgelt für den kurzfristigen, zum Arbeitsunfall führenden Arbeitseinsatz mit der durchschnittlichen Anzahl von Tagen eines Monates (30 Tage) dividiert wird (so Benz, SGb 1999, 640, 642; Lauterbach/Fröhlke, UV-SGB VII, § 47 RdNr 141). Zwar ist mangels ausdrücklicher gesetzlicher Einbeziehung des vorliegenden Sachverhaltes in den Sätzen 1 bis 3 des § 47 Abs 2 SGB V durchaus das Bedürfnis für eine Analogie gegeben und auch die Formulierung in § 47 Abs 2 Satz 3 SGB V “… ist eine Berechnung des Regelentgelts nach den Sätzen 1 und 2 nicht möglich …” legt den Schluss nahe, dass dann jedenfalls eine direkte (oder analoge) Anwendung der Vorschrift vorzunehmen ist (vgl Benz, aaO). Demgegenüber ist jedoch zu berücksichtigen, dass – wie bereits dargestellt – auch hier eine unmittelbare Anwendung des § 47 Abs 2 Satz 3 SGB V ausgeschlossen ist und dieser Umstand nicht zwangsläufig allein eine analoge Anwendung gerade dieser Vorschrift zur Folge haben muss. Insbesondere lässt sich den gesetzgeberischen Materialien zu den inhaltlich gleichen Vorgängervorschriften des § 47 Abs 2 SGB V, dem § 182 Abs 5 RVO idF des RehaAnglG (BT-Drucks 7/1237 S 59, 64), kein Hinweis dafür entnehmen, dass § 47 Abs 2 Satz 3 SGB V gleichsam eine generalklauselartige Regelung für alle nicht ausdrücklich vom Wortlaut des Abs 2 Sätze 1 und 2 erfassten Fälle enthält. Zudem wird bei einer solchen Lösung übersehen, dass die Vorschrift in § 47 Abs 2 Satz 3 SGB V eher eine Ausnahmeregelung bildet. Die im Rahmen der Regelentgeltberechnung eigentlich maßgebenden Grundsätze enthalten die Vorschriften in den Sätzen 1 und 2 des § 47 Abs 2 SGB V (vgl BSGE 84, 41, 47 = SozR aaO). Es ist daher angezeigt, zunächst durch eine Analogie zu diesen Regelungen – jedoch jenseits der bereits skizzierten Bezugs- und Referenzmethode – eine Berechnung des Regelentgeltes zu erreichen.
Die Ermittlung eines Regelentgeltes für den Kläger, das sowohl nach § 561 Abs 1 RVO als auch nach § 47 Abs 1 SGB VII die Grundlage des Verletztengeldes bildet, ist analog den Sätzen 1 und 2 des § 47 Abs 2 SGB V unter ausnahmsweiser Anwendung des Lohnausfallprinzips (BSGE 84, 41, 46 = SozR aaO; Brackmann/Krasney, SGB VII, § 47 RdNr 29; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Aufl, § 47 SGB VII RdNr 5.6 f; zum sog Lohnausfallprinzip vgl BSG Urteil vom 20. März 1984 – 10 RAr 4/83 – USK 8462) vorzunehmen. Das bedeutet, dass in Fällen wie hier zur Berechnung des Regelentgeltes der innerhalb eines Vierwochenzeitraumes vereinbarungsgemäß zu erwartende Arbeitslohn durch die Anzahl von 28 Tagen zu dividieren ist. Da der Kläger innerhalb des relevanten Vierwochenzeitraums ab dem 23. Oktober 1996 mangels anderweitiger Vereinbarungen nur einen Lohnanspruch in Höhe von 92,50 DM (18,50 DM × 5 Stunden) hatte, ist das kalendertägliche Regelentgelt mit 3,30 DM anzusetzen (92,50 DM : 28 Tage).
Die Analogie zu den genannten Vorschriften, dh eine Übertragung der sich aus der kodifizierten Gesetzesfassung ergebenden Wertung auf den nicht geregelten Sachverhalt, wird bei der dargestellten Berechnungsmethode dadurch erreicht, dass allein das für die zum Arbeitsunfall führende Tätigkeit arbeitsvertraglich geschuldete Entgelt in Beziehung zu dem als gesetzliche Grundstruktur anzusehenden Vierwochenzeitraum (vgl § 47 Abs 2 Satz 1 SGB V) gesetzt wird. Dies trägt der gesetzlichen Wertung, der die Funktion des Verletztengeldes als Entgeltersatzleistung zugrunde liegt (vgl § 47 Abs 1 Satz 4 SGB VII), insofern Rechnung, als einerseits durch die Bezugnahme auf den Vierwochenzeitraum als grundlegendes gesetzliches Gestaltungs- und Berechnungsmerkmal, andererseits aber unter Berücksichtigung der konkreten arbeitsvertraglichen Situation (vgl auch bereits BT-Drucks 7/1237 S 59, 64 zur Vorgängervorschrift des § 182 Abs 5 Satz 1 RVO idF des RehaAnglG) nicht nur eine Momentaufnahme der durch die Erzielung von Arbeitsentgelt im weitesten Sinne geprägten Lebensverhältnisse des Betroffenen entsteht, sondern ein aktueller und repräsentativer Gesamteindruck (zur Bedeutung der Aktualität der Einkommensverhältnisse vgl Nehls in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 19. Lieferung Februar 2003, § 47 RdNr 8; KassKomm-Höfler, § 47 SGB V RdNr 17 ff; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Aufl, § 47 SGB VII RdNr 5.3). Eine weitergehende Annäherung an den Gesetzestext in der Form, dass das erzielte Arbeitsentgelt durch die Anzahl der Stunden, für die es gezahlt werden sollte, zu teilen, sodann mit der durchschnittlichen Anzahl der Wochenarbeitsstunden zu multiplizieren und schließlich durch sieben zu teilen sei, ist im Rahmen der hier anzustellenden analogen Betrachtungsweise nicht angezeigt. Durch ein solches Verfahren würde nämlich der Bezieher von Entgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung gegenüber einem regelmäßig Beschäftigten unangemessen privilegiert (BSG 84, 41, 46 = SozR aaO).
Eine Division des tatsächlich gezahlten Arbeitsentgeltes durch die Zahl 30 (durchschnittliche Anzahl der Monatstage) – wie dies die Beklagte praktiziert hat – an Stelle einer Berücksichtigung des Vierwochenzeitraumes würde der dargestellten gesetzlichen Wertung nicht entsprechen, da – was hier gerade nicht der Fall ist – dieser Divisor nur bei einer monatsweisen Entlohnung oder einer nicht an feststehende Zeiten gebundenen Entlohnung vorgesehen ist. Eine Division mit dem Teiler 30 wäre auch nicht mehr als Analogie zu § 47 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB V zu verstehen, sondern sie wäre – wie ausgeführt – allenfalls im Rahmen einer hier jedoch nicht gebotenen Analogie zu § 47 Abs 2 Satz 3 SGB V möglich.
Dass hier das Verletztengeld lediglich auf der Grundlage des geschuldeten und für frühere Aushilfstätigkeiten auch ausgezahlten Stundenlohns in Höhe von 18,50 DM zu berechnen ist, begegnet somit – entgegen der Auffassung des Klägers – keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, so dass die Revision des Klägers keinen Erfolg haben kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 987837 |
FA 2004, 64 |
NZS 2004, 379 |