Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Rentner. Versicherungspflicht. Wechsel der Rentenart. Rentenumwandlung. Befreiungsrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Bei fortlaufendem Rentenbezug richtet sich die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung auch bei einem Wechsel der Rentenart nach den Zugangsvorschriften im Zeitpunkt des ersten Rentenantrags.
2. Ein Wechsel der Rentenart begründet kein weiteres Befreiungsrecht von dieser Versicherungspflicht.
Normenkette
SGB 5 § 5 Abs. 1 Nr. 11, § 8 Abs. 1 Nr. 4; GRG Art. 56 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger aufgrund des Bezugs einer Altersrente einen Anspruch auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht hat.
Der 1944 geborene Kläger war seit Oktober 1986 wegen der Höhe seines Einkommens in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig und privat krankenversichert. Auf seinen Antrag vom Oktober 1992 bewilligte ihm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1.10.1992 längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs. Nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses war der Kläger ab 19.10.1993 als Rentner versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse.
Ab dem 1.10.2004 gewährte die BfA dem Kläger eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Im November 2004 beantragte er die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht als Rentner. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 9.11.2004 ab, weil er nicht binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht am 19.10.1993 gestellt worden sei. Durch die Umwandlung der Rente zum 1.10.2004 sei kein neues Befreiungsrecht entstanden. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.4.2005 zurück. Die Klage hat das Sozialgericht (SG) mit Urteil vom 14.9.2006 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung mit Urteil vom 9.8.2007 zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, der im November 2004 gestellte Befreiungsantrag habe die Frist des § 8 Abs 2 SGB V nicht gewahrt. Durch die Bewilligung der Altersrente sei kein neues Rentenrecht, keine neue Versicherungspflicht und damit kein neues Befreiungsrecht entstanden.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 8 SGB V. Das Befreiungsrecht entstehe bei der Gewährung einer anderen, ebenfalls zur Versicherungspflicht führenden Rente erneut, auch wenn es sich um den gleichen Rentenversicherungsträger und zwei zeitlich aufeinander folgende Renten handele. Die Berufsunfähigkeitsrente sei nicht in die Altersrente für Schwerbehinderte übergegangen, weil sich beide Ansprüche gegenseitig ausschlössen. Es müsse im Hinblick auf den durch die Versicherungspflicht erfolgenden Grundrechtseingriff ein unterschiedlicher Maßstab angewandt werden, je nach dem, ob die Zulässigkeit einer erneuten Befreiung von der Versicherungspflicht oder die Zulässigkeit eines gesetzlich ausgeschlossenen Widerrufs der Befreiung mit der Folge des Eintritts von Versicherungspflicht zu beurteilen sei.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9.8.2007 und des Sozialgerichts München vom 14.9.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.4.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn vom 1.10.2004 an von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Zutreffend hat es die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden abgelehnt, den Kläger von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zu befreien.
1. Im Revisionsverfahren ist allein der Anspruch des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund des von ihm gestellten Antrags streitig. Der Kläger beruft sich darauf, dass die Voraussetzungen des Befreiungstatbestands des § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V aufgrund des Altersrentenbezugs erfüllt seien. Soweit er daneben vor dem LSG zunächst auch Ansprüche aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch oder einer Zusicherung geltend gemacht haben sollte, hat er im Revisionsverfahren diese Ansprüche nicht weiter verfolgt. So hat er in der Revisionsbegründung weder auf diese Ansprüche noch auf einen entsprechenden Sachverhalt Bezug genommen. Die Klage auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Sozialen Pflegeversicherung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der während des Bezugs der Altersrente ab 1.10.2004 bestehenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Versicherungspflicht war iS von § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V nicht aufgrund der Zahlung dieser Rente, sondern bereits im Jahre 1993 nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses wegen der ab 1992 bezogenen Berufsunfähigkeitsrente eingetreten. Die Entscheidung, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, konnte der Kläger zum Zeitpunkt des erstmaligen Eintritts von Versicherungspflicht im Jahre 1993 treffen. Ein erneutes Befreiungsrecht bestand trotz Änderung der Rentenart im Jahre 2004 nicht.
a) Die nach den Feststellungen des LSG seit 1993 bestehende Versicherungspflicht wegen des Bezugs der Berufsunfähigkeitsrente beruhte auf Art 56 Abs 1 des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I S 2477) und nicht auf dem seit dem 1.1.1989 geltendem § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V. Die nach der zuletzt genannten Vorschrift erforderliche Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Krankenversicherung von mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags erfüllte der Kläger nicht, weil er von 1986 bis 1993 für sieben Jahre nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern privat krankenversichert war.
Grund für den Eintritt der Versicherungspflicht konnte deshalb allein Art 56 Abs 1 GRG sein. Nach dieser Vorschrift wurden ua Personen, die bis zum 31.12.1993 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt und die Voraussetzungen für den Bezug der Rente, nicht jedoch die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V erfüllt hatten, versichert, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, jedoch frühestens seit dem 1.1.1950, bis zur Rentenantragsstellung mindestens die Hälfte der Zeit Mitglied einer Krankenkasse gewesen waren. Die dem Vertrauensschutz dienende Vorschrift beschränkt die Versicherungspflicht nicht auf die Zeiten des Bezugs der beantragten und zunächst bezogenen Beruf-, Erwerbs- oder Altersrente. Sie gilt vielmehr auch bei einem sich anschließenden Bezug einer anderen später beantragten Rente.
Dies folgt daraus, dass Art 56 Abs 1 GRG wie auch die anderen jeweils im Zusammenhang mit der Krankenversicherungspflicht getroffenen Übergangsregelungen nicht an den Bezug einer bestimmten Rentenart anknüpfen. So galt nach Art 2 § 1 Abs 1 Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG) vom 27.6.1977 (BGBl I S 1069) als versichert, wer wegen des Inkrafttretens des Gesetzes nicht mehr nach § 165 Abs 1 Nr 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) versichert war oder wer bis zum 30.6.1978 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt hatte, solange er eine Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder der Rentenversicherung der Angestellten bezog. Nach Art 56 Abs 2 GRG blieb derjenige versicherungspflichtig für die Dauer des Bezugs dieser Rente, der am 31.12.1988 aufgrund des Bezugs einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig war, auch wenn er die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 und 12 SGB V nicht erfüllte. Gemäß Art 33 § 14 Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl I S 2266) blieb ua derjenige, der am 31.12.1992 aufgrund des Bezuges einer Rente versicherungspflichtig war, für die Dauer des Bezugs dieser Rente auch dann versicherungspflichtig, wenn er die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V oder nach Art 56 Abs 1 bis 3 GRG nicht erfüllte. Soweit in den letztgenannten Vorschriften vom Bezug "dieser Rente" gesprochen wurde, fehlen Hinweise, dass damit an verschiedene Rentenarten des SGB VI angeknüpft werden sollte.
Die Fortgeltung der bei Rentenbeginn geltenden Übergangsregelung bei einem Wechsel der Rentenart folgt auch aus dem Zweck der jeweiligen Übergangsregelung. Diese soll denjenigen den bisherigen günstigeren Rechtszustand erhalten, die im Zeitpunkt der jeweiligen Rechtsänderung schon Rentner waren oder im Falle des Art 56 Abs 1 GRG bis 1993 Rentner werden sollten. Mit dem Sinn solcher Übergangsregelungen wäre es nicht vereinbar, den Zugang zur Pflichtversicherung als Rentner nach den bisherigen günstigeren Regelungen zunächst beizubehalten, diesen Zugang später bei nicht unterbrochenem Rentenbezug aber wegen des Wechsels der Rentenart nach den neuen ungünstigeren Regelungen neu zu beurteilen. Es ist deshalb, soweit ersichtlich, nicht in Zweifel gezogen worden, dass die nach übergangsrechtlichen Vorschriften erfüllten Voraussetzungen für den Eintritt der Versicherungspflicht bei ununterbrochenem Bezug einer Rente auch bei einem Wechsel der Rentenarten bestehen und damit der Bestandsschutz erhalten bleibt. Auch nach dem Wechsel der Rentenart im Jahre 2004 begründete Art 56 Abs 1 GRG damit weiter die Versicherungspflicht des Klägers.
b) Von dieser Versicherungspflicht hatte sich der Kläger nicht fristgerecht befreien lassen. Bei Eintritt der Versicherungspflicht im Jahre 1993 hatte der Kläger von seinem Befreiungsrecht nicht innerhalb der Frist von drei Monaten Gebrauch gemacht. Ein erneutes Befreiungsrecht war trotz Wechsels der Rentenart im Jahre 2004 nicht entstanden.
Ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht für Rentenbezieher nach Maßgabe von § 8 Abs 1 Nr 4, Abs 2 SGB V in der hier anwendbaren Fassung des GRG und des SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19.6.2001 (BGBl I S 1046). Nach § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V wird auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, wer versicherungspflichtig wird durch den Antrag auf Rente oder den Bezug von Rente oder die Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Abs 1 Nr 6, 11 oder 12) . Der Antrag ist nach § 8 Abs 2 Satz 1 SGB V innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht bei der Krankenkasse zu stellen. Die Befreiung wirkt vom Beginn der Versicherungspflicht an, wenn seit diesem Zeitpunkt noch keine Leistungen in Anspruch genommen wurden, sonst vom Beginn des Kalendermonats an, der auf die Antragstellung folgt (§ 8 Abs 2 Satz 2 SGB V) . Die Befreiung kann gemäß § 8 Abs 2 Satz 3 SGB V nicht widerrufen werden.
Ob bei einem nahtlosen Wechsel von einer Rentenart zur anderen der Beginn einer neuen, eigenständigen Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V mit erneutem Befreiungsrecht iS von § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V oder ein durchgehender Versicherungspflichttatbestand ohne erneute Befreiungsmöglichkeit vorliegt, ist weder dem Wortlaut der Vorschriften noch deren Entstehungsgeschichte eindeutig zu entnehmen.
Die Formulierungen von § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V und § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V bieten allerdings keinen Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber mit dem Versicherungspflicht- und dem Befreiungstatbestand jeweils nur an eine bestimmte Rentenart hätte anknüpfen wollen. Es wird in beiden Vorschriften jeweils nur pauschal von "Rente" gesprochen. Allein der Umstand, dass im Rentenrecht nach Rentenarten unterschieden wird, spricht nicht für damit korrespondierende Versicherungspflicht- und Befreiungstatbestände in der gesetzlichen Krankenversicherung, schließt solche aber auch nicht aus. Der Ausschluss eines erneuten Befreiungsrechts bei Wechsel der Rentenart ergibt sich jedoch aus systematischen Erwägungen.
Nach den oben genannten Vorschriften über die Versicherungspflicht der Rentner begründet die zu Beginn eines Rentenbezugs eintretende Versicherungspflicht einen dauerhaften Status der Zugehörigkeit zum System der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie entfällt bei fortdauerndem Rentenbezug nicht beim Übergang von einer zu einer anderen Rentenart. Die innerhalb der Frist des § 8 Abs 2 SGB V zu treffende Entscheidung für oder gegen eine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung kann nicht widerrufen werden. Mit der Befreiung von der Versicherungspflicht wird umgekehrt in der Regel und auf Dauer der Ausschluss vom System der gesetzlichen Krankenversicherung gewählt. Dies dürfte auch unter Beachtung von § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V idF des Art 1 Nr 2 des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes (GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I S 378) gelten, da von der Versicherungspflicht befreite Rentner in der Regel der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sein dürften. Dem Sinn einer Statusentscheidung würde es widersprechen, trotz fortlaufendem Rentenbezug nur wegen der Änderung der Rentenart eine neue Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen und einen erneuten Statuswechsel zuzulassen.
Die Entstehungsgeschichte des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V und des § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V sprechen nicht für ein erneutes Befreiungsrecht. Erstmals wurde mit dem Gesetz über die Verbesserung der Leistungen in der Rentenversicherung vom 24.7.1941 (RGBl I S 443) und der Verordnung über die Krankenversicherung der Rentner vom 4.11.1941 (RGBl I S 689) eine Krankenversicherungspflicht für alle Personen, die zum Bezug einer Rente aus der Invaliden- oder Angestelltenrentenversicherung berechtigt waren, ohne Befreiungsrecht eingeführt. Mit dem Gesetz über die Krankenversicherung der Rentner vom 12.6.1956 (BGBl I S 500) wurden mit § 165 Abs 1 Nr 3 RVO ua Personen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, welche die Voraussetzungen für den Bezug einer Invalidenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder eines Ruhegeldes aus der Rentenversicherung der Angestellten erfüllten, diese Rente bzw das Ruhegeld beantragt hatten und während der letzten fünf Jahre vor Stellung des Antrags mindestens zweiundfünfzig Wochen bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren. Die Formulierungen des § 165 Abs 3 und 4 RVO knüpften an Regelungen der RVO und des Angestelltenversicherungsgesetzes in den jeweils bis zum 31.12.1956 gültigen Fassungen an, in denen begrifflich nicht zwischen Berufsunfähigkeitsrenten, Erwerbsunfähigkeitsrenten und Altersrenten unterschieden wurde. Eine Prüfung, ob die erforderliche Vorversicherungszeit vor dem Rentenantrag erfüllt war, konnte daher nach der ursprünglichen Konzeption des § 165 Abs 1 Nr 3 RVO auch nur bei erstmaliger Rentenbeantragung erforderlich sein.
Mit dem Finanzänderungsgesetz vom 21.12.1967 (BGBl I S 1259) wurde in § 165 Abs 1 Nr 3 RVO die Vorversicherungszeit als Voraussetzung für die Versicherungspflicht gestrichen. Von der jetzt für alle Rentenbezieher bestehenden Versicherungspflicht eröffnete erstmals § 173a RVO eine Befreiungsmöglichkeit bei anderweitigem Krankenversicherungsschutz und fehlender Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dafür, dass mit dem Eintritt eines Versicherungspflichttatbestandes und der korrespondierenden Befreiungsmöglichkeit jeweils an den Beginn einer bestimmten Rentenart hätte angeknüpft werden sollen, ergeben sich keine Hinweise. Eine solche Auslegung hätte zur Folge gehabt, dass der Bezieher einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente, der sich bei Beginn der Rente von der Versicherungspflicht hätte befreien lassen, beim Übergang zur Altersrente erneut mit der Möglichkeit zur Befreiung versicherungspflichtig geworden wäre. Zu dem vom Gesetzgeber mit § 173a Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 RVO verfolgten Ziel, die Möglichkeit des Widerrufs einer einmal ausgesprochenen Befreiung zum Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen (vglzuBT-Drucks V/2341 S 3 f) , hätte ein solcher Systemwechsel im Widerspruch gestanden.
Das KVKG führte die sog "Halbbelegung" ein. Versicherungspflichtig waren Rentner ua nur noch, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, jedoch frühestens seit dem 1.1.1950, bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens die Hälfte der Zeit Mitglied eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen und nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbstständig tätig waren (§ 165 Abs 1 Nr 3a) . In § 173a Abs 2 Satz 1 RVO wurden die Worte "Eintritt der Versicherungspflicht" durch die Worte "Beginn der Mitgliedschaft" ersetzt, nachdem die Mitgliedschaft aufgeschoben werden konnte (§ 315b RVO) . Durch das Gesetz über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung vom 1.12.1981 (BGBl I S 1205) wurde im Jahr 1983 die Voraussetzung der fehlenden Vorversicherungszeit in § 173a Abs 1 Satz 2 RVO gestrichen. Mit dem GRG wurde für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V statt der Halbbelegung eine 9/10-Belegung der zweiten Hälfte des Zeitraums zwischen der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags - in der Fassung des GSG mit Pflichtversicherungszeiten - verlangt. Die Befreiung nach § 8 Abs 1 Nr 4, Abs 2 SGB V setzte keinen anderweitigen Krankenversicherungsschutz mehr voraus. Diesen Regelungen lag für die Versicherungspflicht die Unterscheidung zwischen der Zeit vor dem Rentenbezug, dh also in der Regel der Zeit der Erwerbstätigkeit als Anknüpfungspunkt für die Vorversicherungszeit, und der sich daran anschließenden Zeit des Rentenbezugs zugrunde, ohne dass sie den Schluss darauf zuließen, dass bei fortlaufendem Rentenbezug der Wechsel der Rentenart ein neues Befreiungsrecht eröffnen könnte.
Grundrechtliche Erwägungen zwingen nicht zu einer anderen Auslegung des § 8 SGB V. Es ist nicht ersichtlich, dass die Anknüpfung des Versicherungspflichttatbestands in der Krankenversicherung allein an einen kontinuierlichen Rentenbezug und Eröffnung der Befreiungsmöglichkeit nur bei Rentenbeginn gegen Verfassungsrecht verstoßen könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
DStR 2008, 2376 |
NWB 2008, 2616 |
FA 2009, 96 |
SGb 2008, 466 |