Beteiligte
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. Januar 1997 aufgehoben.
Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. August 1994 wird aufgehoben, soweit die Beklagte zur Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Juli bis 11. August 1992 verurteilt und die Minderung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 36 Tage aufgehoben worden ist; in diesem Umfang wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Der Rechtsstreit betrifft den Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Juli bis 14. August 1992.
Die 1969 geborene Klägerin war vom 1. August 1989 bis zum 31. Juli 1990 als Berufspraktikantin und anschließend seit dem 1. August 1990 als Erzieherin bei der Stadt Flensburg tätig. Sie führte mit ihrem Lebensgefährten und späteren Ehemann in Flensburg einen gemeinsamen Haushalt. Ihr Lebensgefährte, der zuvor in Flensburg studiert und von einer monatlichen Unterstützung von ca 450,- DM gelebt haben soll, wurde von seinem Arbeitgeber, der Post, nach Frankfurt versetzt. Aus diesem Grunde kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis am 13. Mai 1992 zum 30. Juni 1992. Die maßgebliche Kündigungsfrist betrug sechs Wochen zum Vierteljahresschluß.
Im Mai 1992 erkundigte sich die Klägerin telefonisch bei der Stadt Frankfurt nach einer Stelle als Erzieherin und erhielt die Auskunft, daß Erzieherinnen dringend gesucht würden. Ihre schriftliche Bewerbung um eine Stelle vom 20. Juni 1992 ging am 23. Juni 1992 bei der Stadt Frankfurt ein. Eine Vorstellung bei der Kindertagesstätte erfolgte erst im Laufe des Juli 1992, da die Einrichtung vom 22. Juni 1992 bis 10. Juli 1992 geschlossen war und die Leiterin über diesen Zeitpunkt hinaus im Urlaub war. Die Klägerin arbeitet seit dem 15. August 1992 als Erzieherin bei der Stadt Frankfurt.
Sie meldete sich am 24. Juni 1992 mit Wirkung vom 1. Juli 1992 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Das Arbeitsamt lehnte den Antrag für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 22. September 1992 ab, da für den angegebenen Zeitraum eine Sperrzeit eingetreten sei. Der Umzug nach Frankfurt habe durchaus erst dann erfolgen können, sobald die Klägerin ein Nachfolgearbeitsverhältnis gefunden habe (Bescheid vom 18. August 1992; Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 1992).
Das Sozialgericht hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin Alg für die Zeit vom 1. Juli bis zum 14. August 1992 zu gewähren: Die Klägerin habe ihre Arbeitslosigkeit nicht grob fahrlässig herbeigeführt. Die Gründe, die zu einer Einstellung erst am 15. August 1992 geführt hätten, habe die Klägerin von Flensburg aus nicht in Rechnung stellen können und müssen. Die Klägerin habe für ihr Verhalten auch einen wichtigen Grund gehabt. Ein wichtiger Grund liege bereits darin, daß die Klägerin mit ihrer Beschäftigung den Lebensunterhalt für sich bei doppelter Haushaltsführung und bei doppelten Umzugskosten nicht habe finanzieren können. Darüber hinaus bilde auch der Umzug zur Beibehaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft einen wichtigen Grund (Urteil vom 2. August 1994).
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: In dem Verhalten der Klägerin sei zwar grobe Fahrlässigkeit zu sehen, da sie nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses in Flensburg noch keine konkreten Aussichten auf einen Anschlußarbeitsplatz gehabt habe. Auch sei aufgrund der doppelten Haushaltsführung der Klägerin die Berechtigung nicht gegeben, schon aus diesem Grund das Arbeitsverhältnis in Flensburg zu lösen. Ein wichtiger Grund liege aber vor, weil die Klägerin ihre Beschäftigung aufgegeben habe, um vor der Eheschließung zu ihrem Lebensgefährten ziehen zu können. Die Beziehung der Klägerin zu ihrem jetzigen Ehemann könne als eheähnliche Gemeinschaft iS der Definition des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Urteil vom 17. November 1992 - 1 BvL 8/87 - angesehen werden. Der Senat schließe sich der Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG), das einen wichtigen Grund nur bei verheirateten und bei solchen Personen gelten lasse, bei denen dem Zuzug die unmittelbare Eheschließung folge, nicht an, sondern sehe vielmehr in der Entscheidung des BVerfG eine grundlegende Tendenzwende in dieser Frage. Die Freiheit, in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben, sei Bestandteil des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Rahmen des Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG) und damit genieße auch die eheähnliche Gemeinschaft grundgesetzlichen Schutz. Abgesehen davon, daß jede rechtmäßige Verhaltensweise als Verwirklichung eines Grundrechts definiert werden könne, entspreche die Gleichstellung eines wichtigen Grundes iS des § 119 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) mit grundrechtlichen Tatbeständen weder der Praxis der Arbeitsämter noch der Rechtsprechung, auch nicht des BSG. Entscheidend bei der Ehe und der eheähnlichen Lebensgemeinschaft sei in der Regel der Wille und die Zielsetzung der Partner, eine Gemeinschaft zu führen und aufrechtzuerhalten. Hierbei spiele die rechtliche Verbindlichkeit der Eheschließung – gerade unter dem Gesichtspunkt der zunehmenden Ehescheidungen – eine nur untergeordnete Rolle. Das BVerfG habe hinsichtlich der in den §§ 137 Abs 2a und 138 AFG aufgeworfenen Fragen nur Ungleichbehandlungen von geringem Gewicht erlaubt. Diese Gleichbehandlung eheähnlicher Gemeinschaften mit ehelichen Gemeinschaften müsse auch bei der Frage des Problems „wichtiger Grund” im Rahmen des § 119 AFG Gültigkeit besitzen.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 119 AFG. Dem Urteil des LSG könne schon im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des BSG nicht gefolgt werden. Nur der Zuzug zum Ehegatten stehe nach dieser Rechtsprechung unter dem Schutz des Art 6 GG, denn Eheleute seien zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Hingegen entspreche die nichteheliche Lebensgemeinschaft persönlichen Bedürfnissen und Wünschen, die gegenüber den Interessen der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung an einer Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zurücktreten müsse. Ein wichtiger Grund liege auch nicht darin, daß sich die Klägerin vergeblich um Arbeit bemüht haben wolle. Gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit sei es kein Einzelfall mehr, daß Partner sowohl von nichtehelichen als auch von ehelichen Lebensgemeinschaften sogenannte Wochenendehen führten. Zu verfassungsrechtlichen Bedenken bestehe kein Anlaß. Aus der Entscheidung des BVerfG vom 17. November 1992 sei nicht herzuleiten, daß eheähnliche Gemeinschaften in jeder Beziehung mit der Ehe gleichzustellen seien. Das BVerfG habe bei seiner Entscheidung berücksichtigt und festgestellt, daß Ehen gegenüber eheähnlichen Gemeinschaften nicht benachteiligt werden sollten, nicht aber umgekehrt.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. Januar 1997 und des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. August 1994 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Rechtsprechung des BSG bedürfe für die Frage des wichtigen Grundes beim Zuzug zum außerehelichen Lebensgefährten spätestens seit der Entscheidung des BVerfG vom 17. November 1992 einer Korrektur. Die Instanzgerichte seien mit guten Gründen nicht mehr bereit, der Sichtweise des BSG zu folgen. Diese Sichtweise sei im Hinblick auf die Konsequenz der Auferlegung von Einstandspflichten durch den Gesetzgeber nur konsequent und folgerichtig. Unabhängig davon könnten die aufgehobenen Sperrzeitbescheide schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Beklagte das Vorliegen einer besonderen Härte nicht geprüft habe.
II
Die Revision der Bundesanstalt für Arbeit (BA) ist iS der Klagabweisung begründet, soweit die BA für die Zeit bis zum 11. August 1992 zur Gewährung von Alg verurteilt worden ist. Das Urteil des LSG verletzt § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG. Die Klägerin kann sich nicht auf einen wichtigen Grund iS des Sperrzeittatbestandes berufen.
Nach § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG iVm § 119a Nr 1 AFG tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch die Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 119 Abs 1 Satz 2 AFG).
Die Klägerin hat ihr Beschäftigungsverhältnis dadurch gelöst, daß sie ihr Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet hat. Durch die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses hat die Klägerin ihre Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Ein Arbeitnehmer führt mit einer Lösung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitslosigkeit, wenn nicht vorsätzlich, so doch grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlußarbeitsplatz hat (BSGE 43, 269, 270 = SozR 4100 § 119 Nr 2; BSGE 52, 276, 281 = SozR 4100 § 119 Nr 17). Konkrete Aussichten auf einen Anschlußarbeitsplatz haben aber nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) nicht bestanden. Die Klägerin hat zwar vorgebracht, daß sie aufgrund ihrer telefonischen Erkundigung im Mai 1992 und ihrer Bewerbung vom 20. Juni 1992 davon habe ausgehen können, daß kurzfristig mit einem Anschlußarbeitsverhältnis zu rechnen sei. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen ergibt sich jedoch, daß die Klägerin wegen der Dauer des Einstellungsvorgangs mit einer zwischenzeitlichen Arbeitslosigkeit rechnen mußte, so daß das LSG zu Recht davon ausgegangen ist, daß die Klägerin ihre Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt hat.
Die Klägerin kann sich für ihr Verhalten nicht auf einen wichtigen Grund iS des § 119 Abs 1 Satz 1 AFG berufen. Ob ein wichtiger Grund für die Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses angenommen werden kann, ist unter Berücksichtigung des Grundgedankens der Sperrzeitregelung, daß sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muß, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft, zu beurteilen. Im Ergebnis soll eine Sperrzeit – dies deckt sich mit den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl BT-Drucks zu V/4100 S 20 f) – dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann.
Das LSG hat seine Entscheidung darauf gestützt, daß es der Rechtsprechung des BSG nicht folgen wolle, nach der grundsätzlich nur die Eheschließung und der Zuzug zum Ehegatten sowie die Herstellung einer nichtehelichen Erziehungsgemeinschaft einen wichtigen Grund iS des Sperrzeittatbestandes bilden können (BSGE 43, 269, 273 = SozR 4100 § 119 Nr 2; BSGE 52, 276, 277 = SozR 4100 § 119 Nr 17; BSG SozR 4100 § 119 Nr 33; BSGE 64, 202, 206 = SozR 4100 § 119 Nr 34; BSG FamRZ 1990, 876). Allerdings ist die vorgenannte Rechtsprechung, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, nicht unumstritten (vgl Gagel, AFG, § 119 Rz 179 ff; Kunze VSSR 1997, 259, 277; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 144 Rz 94; LSG Rheinland-Pfalz E-LSG Ar-096 mwN aus der Rechtsprechung der Instanzgerichte). Es bedarf jedoch keiner Vertiefung, ob der für die bisherige Rechtsprechung angeführten Begründung, nach der die Gewichtung der Interessen verheirateter und nicht verheirateter Partner unterschiedlich ausfallen müsse, weil die Ehe unter dem besonderen Schutz des Staates stehe (Art 6 Abs 1 GG), die gemeinschaftliche Lebensführung in freier Partnerschaft diesen verfassungsrechtlichen Schutz dagegen nicht genieße (BSG SozR 4100 § 119 Nr 33), weiter zu folgen ist. Denn die Klägerin kann sich unabhängig von der Beantwortung dieser Frage für ihr Verhalten auf einen wichtigen Grund schon deshalb nicht berufen, weil sie nicht die ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, den Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit zu vermeiden.
Diese Einschränkung folgt aus dem Grundgedanken der Sperrzeitregelung, die die Gemeinschaft der Beitragszahler davor schützen soll, daß der Anspruchsberechtigte das Risiko seiner Arbeitslosigkeit manipuliert. Der unbestimmte Rechtsbegriff des wichtigen Grundes macht es deshalb erforderlich, nicht nur die Gründe für die Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses und des Umzuges, sondern auch die Vorkehrungen zur Erhaltung des bisherigen sowie zur Erlangung eines Anschlußarbeitsverhältnisses in die wertende Betrachtung einzubeziehen. Zwar führt das Fehlen von Bemühungen um eine Anschlußarbeit nicht allein zum Eintritt einer Sperrzeit, jedoch verwehrt es die Verletzung von aus dem Versicherungsverhältnis abzuleitenden Obliegenheiten dem Arbeitslosen, sich auf einen wichtigen Grund iS des § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG zu berufen.
Der Grundsatz, daß eine Verletzung der Obliegenheit des Versicherten, den Eintritt des Versicherungsfalls zu vermeiden, der Anerkennung eines wichtigen Grundes entgegensteht, hat seinen Niederschlag bereits in der Rechtsprechung des BSG gefunden, wonach sich der wichtige Grund mit dem Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses decken muß; der Arbeitslose muß einen wichtigen Grund dafür haben, daß er das Arbeitsverhältnis gerade zu dem bestimmten, von ihm gewählten Zeitpunkt auflöst (BSGE 43, 269, 271 = SozR 4100 § 119 Nr 2; SozR 4100 § 119 Nrn 28, 29, 33). Das BSG hat in diesem Zusammenhang dargelegt, daß ein wichtiger Grund zur Kündigung bei einem erheblichen Zwischenraum zwischen einer Arbeitsaufgabe und beabsichtigter Eheschließung nur vorliegt, wenn der Arbeitslose erfolglos einen zumutbaren Versuch unternommen hat, diesen durch eine Vereinbarung mit dem bisherigen Arbeitgeber über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum geplanten Eheschließungstermin zu vermeiden (BSGE 64, 202, 205 = SozR 4100 § 119 Nr 34). Es hat ferner auf die vor dem Inkrafttreten des AFG geltende Regelung des § 80 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hingewiesen, wonach es der unberechtigten Aufgabe einer Arbeit gleich stand, wenn der Arbeitslose seine Arbeitsstelle aus einem berechtigten Grund aufgegeben hat, ohne zuvor zu dessen Beseitigung einen zumutbaren Versuch unternommen zu haben. Es kann nichts anderes gelten, wenn der Versicherte mittels einer – für sich behandelt zu billigenden – Kündigung seine Arbeitslosigkeit dadurch herbeiführt, daß er naheliegende Anstrengungen zur Erlangung eines Anschlußarbeitsplatzes unterläßt.
Der Verstoß gegen die dem Versicherten auferlegte Obliegenheit, den Eintritt des Versicherungsfalls möglichst zu vermeiden, führt hier dazu, einen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verneinen. Bei der wertenden Prüfung des wichtigen Grundes ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin der BA nicht rechtzeitig – spätestens mit Ausspruch der Kündigung – einen Vermittlungsauftrag zur nahtlosen Erlangung eines Anschlußarbeitsverhältnisses in Frankfurt erteilt hat, sondern sich erst am 24. Juni 1994 kurz vor Eintritt der Arbeitslosigkeit am 1. Juli 1994 beim Arbeitsamt meldete. Zwischen der Kündigung des alten Arbeitsverhältnisses und der Einschaltung der Arbeitsvermittlung hat also nicht nur ein Zeitraum von wenigen Tagen, sondern haben mehrere Wochen gelegen. Die Eigenbemühungen der Klägerin um einen Anschlußarbeitsplatz führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Sie bewarb sich nach der telefonischen Erkundigung im Mai 1994 nicht zeitgerecht, sondern erst nach dem Umzug Ende Juni 1994 schriftlich um eine Arbeitsstelle bei der Stadt Frankfurt. Hierbei kann die Klägerin nicht mit Erfolg als Grund für die späte Bewerbung anführen, daß der Arbeitgeber Vorstellungskosten nicht erstattet hätte und sie selbst aus wirtschaftlichen Gründen die durch eine Vorstellung bedingten Fahrkosten nicht habe aufbringen können. Vielmehr wäre es, soweit die Klägerin die erforderlichen Mittel für eine Vorstellung nicht selbst aufbringen konnte, geboten gewesen, diesbezügliche Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme nach § 53 AFG beim Arbeitsamt zu beantragen. Schon unter Berücksichtigung dieser Umstände kann die Klägerin wegen der Verletzung der sie treffenden Obliegenheiten keinen wichtigen Grund für ihr Verhalten anführen.
Hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alg für die Zeit vom 12. August 1992 bis zum 14. August 1992 und der Minderung der Dauer des Anspruchs auf Alg um weitere 36 Tage nach § 110 Abs 1 Nr 2 AFG ist die Revision der BA iS der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Ob die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen zur Annahme einer besonderen Härte führen, läßt sich aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Nach § 119 Abs 2 Satz 1 AFG iVm § 119a Nr 1 AFG umfaßt die Sperrzeit sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt einer Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Maßgebende Tatsachen iS des § 119 Abs 2 AFG sind solche, die mit dem Eintritt der Sperrzeit in einem ursächlichen Zusammenhang stehen (BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 11; SozR 3-1500 § 144 Nr 12). Hierzu können auch Umstände persönlicher und wirtschaftlicher Art gehören, die zwar von ihrem Gewicht her nicht den Eintritt einer Sperrzeit hindern, jedoch aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls eine Sperrzeit von einer Regeldauer als besonders hart erscheinen lassen (BSGE 54, 7, 14 = SozR 4100 § 119 Nr 19; SozR 4100 § 119 Nr 32).
Zur Beurteilung der Frage, ob der Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit nach den für ihren Eintritt maßgeblichen Tatsachen für den Arbeitslosen eine besondere Härte bedeutet, ist auf eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls abzustellen. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach diesen Gesamtumständen der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (BSG SozR 4100 § 119 Nr 32; SozR 3-4100 § 119 Nr 11). Zu den Tatsachen, die objektiv Einfluß auf den Eintritt der Sperrzeit genommen haben können, gehören der Umzug der Klägerin zur Aufrechterhaltung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft sowie die durch den Wegzug des Partners eintretende wirtschaftliche Situation. Die genannten Umstände sind, wie das BSG bereits entschieden hat, abhängig von den Umständen des Einzelfalls geeignet, das Vorliegen einer besonderen Härte zu begründen (vgl BSG SozR 4100 § 119 Nr 33). Hinreichende Feststellungen zu den das Verhalten der Klägerin bestimmenden Umständen, die eine eigene Wertung des Revisionsgerichts zuließen, hat das LSG – von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend – nicht getroffen. So hat es nicht festgestellt, zu welchem Zeitpunkt der Partner der Klägerin seine Arbeitsstelle in Frankfurt angetreten hat und welches Arbeitsentgelt dieser aus der neuen Tätigkeit erzielte. In die Erwägungen der Gesamtumstände wird zudem einzubeziehen sein, ob bei einer rechtzeitigen Einschaltung des Arbeitsamtes eine kurzfristige Vermittlung der Klägerin möglich gewesen wäre. Das Unterlassen zumutbarer Bemühungen um einen Anschlußarbeitsplatz kann je nach Lage des Einzelfalls der Berücksichtigung einer besonderen Härte entgegenstehen. Schließlich wird das LSG, soweit die Voraussetzungen einer besonderen Härte zu bejahen sind, zu prüfen haben, ob sämtliche Voraussetzungen des Anspruchs auf Alg nach § 100 AFG für den verbleibenden Leistungszeitraum erfüllt waren.
Über die Kosten des Revisionsverfahrens wird das LSG mit der abschließenden Entscheidung befinden.
Fundstellen
AP, 0 |
ArbuR 1998, 206 |
AuA 2000, 43 |
NZS 1998, 537 |
SGb 1998, 311 |