Wesentliches Instrument aufseiten des Gesetzgebers war die Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im Jahr 2006 (im Folgenden AGG). Das AGG hat zum Ziel, Diskriminierungen aus Gründen der ethnischen Herkunft, der zugeschriebenen "Rasse", des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern beziehungsweise zu beseitigen. Das AGG stellt somit eine bedeutsame Ausdehnung des individuellen Rechtsschutzes vor Diskriminierungen dar.
Anwendungsbereiche des AGG
Der sachliche Geltungsbereich des AGG umfasst nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG alle Bedingungen, die den Zugang zur selbstständigen und unselbstständigen Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg regeln. Der Diskriminierungsschutz der Beschäftigten erstreckt sich entsprechend auch in den vorvertraglichen Bereich, sodass Bewerbung, Einstellung und Auswahl, unabhängig von der Art der Tätigkeit oder der beruflichen Position, dem Benachteiligungsverbot unterliegen. Zudem müssen alle Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG frei von Benachteiligungen sein.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 AGG ist der Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung einschließlich der praktischen Berufserfahrung geschützt. Damit erstreckt sich das Benachteiligungsverbot auch auf Phasen vor dem Eintritt in ein Ausbildungsverhältnis und auf alle Formen berufspraktischer Erfahrungen (z. B. Praktika, Volontariate, Traineeprogramme).
Zudem ist das Benachteiligungsverbot anwendbar auf die Mitgliedschaft und Mitwirkung in Beschäftigten- und Arbeitgebervereinigungen oder Vereinigungen, deren Mitglieder bestimmten Berufsgruppen angehören.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Das AGG verpflichtet den Arbeitgeber außerdem zum Schutz seiner Mitarbeiter vor sexuellen Belästigungen am Arbeitsplatz (§§ 12, 3 Abs. 3 und 4 AGG). Nach § 3 Abs. 4 AGG liegt eine sexuelle Belästigung vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Dies ist insbesondere zu bejahen, wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Bei Handlungen, die nicht ohne Weiteres das Geschlechtliche im Menschen zum unmittelbaren Gegenstand haben, z. B. bei Umarmungen, kann sich eine Sexualbezogenheit aufgrund der mit ihnen verfolgten sexuellen Absichten ergeben. Eine solche Absicht kann auch darin bestehen, den Betroffenen unter Verletzung seines Rechts auf Selbstbestimmung sexualbezogen zu beschämen. Das Tatbestandsmerkmal der Unerwünschtheit verlangt nicht, dass der Betroffene seine ablehnende Einstellung zu den fraglichen Verhaltensweisen aktiv verdeutlicht hat. Alleinentscheidend ist, ob die Unerwünschtheit der Verhaltensweise objektiv erkennbar war. Gegenteilige Vorstellungen des Verantwortlichen spielen keine Rolle. Bei Verstößen drohen Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeldansprüche.
Beschwerderecht der Beschäftigten
Strukturell werden die Zielsetzungen des AGG unter anderem durch § 13 AGG abgesichert. Die Norm regelt das Beschwerderecht der Beschäftigten, wenn diese sich "im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis" benachteiligt oder belästigt fühlen. Der Arbeitgeber ist zur Benennung einer Beschwerdestelle verpflichtet. Die Einrichtung einer Beschwerdestelle ist eine der Strukturen, die arbeitgeberseitig geschaffen werden müssen, um ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu organisieren und sicherzustellen. Zu den Einzelheiten der Beschwerdestelle nachstehend unter Abschn. 2.3.
Auch die Rechtsprechung sorgt mit Entscheidungen zu Themen der Diskriminierung immer wieder für große Aufmerksamkeit. Genannt sei beispielsweise das Equal Pay-Urteil des BAG von Februar 2023, wonach individuelle Gehaltsverhandlungen keinen Rechtfertigungsgrund für die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen darstellt – oder die Entscheidungen zum Tragen religiöser Zeichen am Arbeitsplatz des EuGH und des BAG.