Durch die Bewilligung von Renten kann der Anspruch auf Krankengeld trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit ausgeschlossen sein oder nur noch gekürzt fortbestehen. In § 50 SGB V sind hierzu die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben normiert. Für Beziehende einer vergleichbaren Rente aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist die analoge Anwendung des § 50 SGB V im § 44 Abs. 2 [Satz 1] Nr. 4 SGB V vorgesehen.
7.1 Ausschluss des Krankengeldes wegen Rentenbezugs
[1] Nach § 50 Abs. 1 SGB V ist der Anspruch auf Krankengeld ausgeschlossen für Versicherte, die
- Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung,
- Ruhegehalt, das nach den beamtenrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen gezahlt wird,
- Vorruhestandsgeld nach § 5 Abs. 3 SGB V oder
- Leistungen, die [korr.] einer Rente nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB V vergleichbar sind und von einem Träger oder einer staatlichen Stelle im Ausland oder nach den ausschließlich für das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet geltenden Bestimmungen gezahlt werden, beziehen.
[2] Hintergrund des gesetzlichen Ausschlusses ist, dass [korr.] der/die Gesetzgebende bei diesen Personen davon ausgeht, dass diese keinen oder nur noch einen geringen Bezug zum Erwerbsleben haben und ihnen daher kein Entgeltausfall mehr entsteht, gegen den eine Absicherung erfolgen muss.
[3] Im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexi-Rentengesetz) wurden die Hinzuverdienstmöglichkeiten bei gleichzeitigem Bezug einer Teil- oder Vollrente wegen Alters neu geregelt. Durch die hierdurch geschaffene Möglichkeit eines rückwirkenden Wechsels aufgrund der Höhe des Hinzuverdienstes von einer Voll- in eine Teilrente oder von einer Teil- in eine Vollrente ergaben sich Auswirkungen auf den Krankengeldanspruch im Zusammenhang mit einer Rente wegen Alters.
[4] Mit dem 8. SGB IV-ÄndG vom 20.12.2022 sind die Hinzuverdienstgrenzen ab 1.1.2023 weggefallen. Eine Prüfung und ggf. rückwirkende Umwandlung von einer Voll- in eine Teilrente und umgekehrt, mit Auswirkungen auf den Krankengeldanspruch, kommt damit nicht mehr zum Tragen. Nach den Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen können sowohl reguläre als auch vorgezogene Altersrenten unabhängig von einem eventuellen Hinzuverdienst auch als Teilrente gewählt werden, wenn diese mindestens zehn Prozent der Vollrente beträgt. Eine Mindestgrenze für den Verzicht ist gesetzlich nicht vorgegeben. Dies bedeutet, dass für Versicherte, die nach § 42 SGB VI auf einen Teil Ihrer Vollrente wegen Alters verzichten, grundsätzlich ein Anspruch auf Krankengeld bestehen kann, wenn die anderen Anspruchsvoraussetzungen ebenfalls erfüllt sind.
7.1.1 Teilrente wegen Alters in Wunschhöhe
[1] In § 42 Abs. 2 SGB VI wurde mit dem "Flexirenten-Gesetz" als Besonderheit festgelegt, dass die Teilrente in ihrer Höhe grundsätzlich frei durch den Versicherten gewählt werden kann. Der Gesetzesbegründung zur Folge werde damit den individuellen Bedürfnissen der Versicherten nach einer selbstbestimmten Kombination von Erwerbstätigkeit und Rentenbezug stärker als bisher Rechnung getragen.
[2] Die gesetzliche Regelung, dass eine Teilrente mindestens zehn Prozent der Vollrente betragen muss, die zuvor in § 42 Abs. 2 SGB VI geregelt wurde, ist im Zusammenhang mit dem Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen durch das 8. SGB IV-ÄndG in § 42 Abs. 1 [korr.] SGB VI überführt worden. Nach § 42 Abs. 1 SGB VI kann somit, unabhängig vom Hinzuverdienst, eine Teilrente gewählt werden, wobei diese jedoch mindestens in Höhe von zehn Prozent der Vollrente in Anspruch genommen werden muss, damit ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vermieden wird. [Es ergibt sich für die Teilrente damit eine Spanne von 10 % bis 99,99 % der Vollrente.] Eine Mindestgrenze für den Verzicht ist gesetzlich nicht vorgegeben.
[3] Wurde die Teilrente wegen Alters erst nach dem Beginn der aktuellen Arbeitsunfähigkeit oder der stationären Behandlung zuerkannt, ist bei der Kürzung des Krankengeldes nach § 50 Abs. 2 SGB V auf die durch den Rentenversicherungsträger festgelegte Höhe der Rente abzustellen, um eine Besserstellung zu vermeiden. Wurde die Teilrente wegen Alters bereits zu einem Zeitpunkt vor Beginn der aktuellen Arbeitsunfähigkeit zuerkannt, ist das Krankengeld nicht zu kürzen (Umkehrschluss aus § 50 Abs. 2 SGB V).
7.1.2 Weitere Rentenansprüche
[1] Veränderungen des Krankengeldanspruches, wie unter 7.1.1 "Teilrente wegen Alters in Wunschhöhe" zu den Altersrenten dargestellt, bestehen hingegen nicht für die weiteren unter § 50 Abs. 1 SGB V genannten Renten. Hintergrund ist, dass lediglich für Renten wegen Alters im § 50 Abs. 1 SGB V auf die Art der Auszahlung als Vollrente abgestellt wird.
[2] Der Ausschluss des Krankengeldes wegen Bezuges einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ist an den Umfang der Erwerbsminderung gebunden. Unerheblich ist, ob diese Rente als Teiloder als Vollrente bewilligt wird.
Beispiel 158 – Hinzuverdienst und Teilrente wegen voller Erwerbsminderung