keine Angaben zur Anfechtbarkeit

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzögerungsgebühr. „Flucht in die Säumnis”

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verhängung einer Verzögerungsgebühr ist gerechtfertigt, wenn eine Partei im Verhandlungstermin „in die Säumnis flieht”, um der gemäß § 56 Abs. 2 ArbGG drohenden Zurückweisung verspäteten Vorbringens zu entgehen.

 

Normenkette

GKG 38; ZPO 282 I; ArbGG 56 II

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 21.08.2008; Aktenzeichen 3 Ca 443/07)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 21. August 2008 – 3 Ca 443/07 – wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Im Gütetermin vom 19. Mai 2008 gab das Arbeitsgericht der Klägerin durch einen Hinweis- und Auflagenbeschluss auf, zu bestimmten konkret benannten tatsächlichen Gesichtspunkten bis 19. Juni 2008 ergänzend vorzutragen. Zugleich wurde Kammertermin auf den 31. Juli 2008 bestimmt. Auf Antrag der Klägerin wurde die Frist dann bis zum 24. Juni 2008 verlängert. Am 24. Juni 2008 ging dann ein Schriftsatz der Klägerin ein, am 30. Juli 2008 ein weiterer, datiert auf den 24. Juli 2008. Im Kammertermin vom 31. Juli 2008 wies die Kammervorsitzende darauf hin, dass der Vortrag aus dem letztgenannten Schriftsatz möglicherweise verspätet sein könnte. Die Klägerin stellte deshalb keinen Antrag. Auf Antrag der Beklagten erging sodann ein klageabweisendes Versäumnisurteil mit einem Gegenstandswert von 17.485,01 EUR. Die Klägerin legte nach Zustellung am 13. August 2008 unter dem 20. August 2008 hiergegen Einspruch ein. Das Arbeitsgericht bestimmte darauf Termin zur Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache auf den 09. Oktober 2008. Dieser Termin wurde dann aus innerdienstlichen Gründen verlegt auf den 23. Oktober 2008. Am Ende dieses Termins verkündete das Arbeitsgericht dann ein Urteil, mit dem das Versäumnisurteil vom 31. Juli 2008 aufrechterhalten wurde.

Durch Beschluss vom 21. August 2008 verhängte das Arbeitsgericht gegenüber der Klägerin nach deren Anhörung eine Verzögerungsgebühr in Höhe von 265.– EUR wegen der im Termin vom 31. Juli 2008 erfolgten „Flucht in die Säumnis”. Der Beschluss wurde der Klägerin am 01. September 2008 zugestellt. Am 15. September 2008 legte die Klägerin Beschwerde ein mit dem Hinweis, es sei „legitim, vorliegend einen Geschäftsführerwechsel vorzubereiten”.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 29. September 2008 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Beschwerdeverfahren hat die Klägerin trotz gerichtlicher Aufforderung nichts mehr vorgetragen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 21. August 2008 ist gemäß § 69 GKG statthaft und nach Maßgabe der oben angeführten Daten form- und firstgerecht erhoben (§ 69 in Verbindung mit § 66 Abs. 2 und 3 GKG). Der Beschwerdewert von mehr als 200 EUR ist erreicht. Die Beschwerde ist damit zulässig.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klägerin eine Verzögerungsgebühr gemäß § 38 GKG in Höhe von 265.– EUR auferlegt.

Die Voraussetzungen für die Verhängung einer Verzögerungsgebühr lagen vor. Durch Verschulden der Klägerin war die Anberaumung eines neuen Termins notwendig, weil die Klägerin im Kammertermin vom 31. Juli 2008 aus Furcht vor der Zurückweisung ihres Vortrags aus dem Schriftsatz vom 24. Juli 2008 keinen Antrag gestellt, die „Flucht in die Säumnis” angetreten und danach gegen das erlassene Versäumnisurteil Einspruch eingelegt hat, was zu einem neuen Termin am 23. Oktober 2008 führte.

Die Klägerin hat erst einen Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 31. Juli 2008 neuen Sachvortrag in dem Prozess eingeführt, obwohl sie diesen Sachvortrag bei Beachtung der ihr obliegenden Prozessförderungspflicht (§ 282 Abs. 1 ZPO) und der gerichtlichen Auflage vom 19. Mai 2008 (§ 56 Abs. 2 ArbGG) früher hätte halten können und müssen. Nachvollziehbare Entschuldigungsgründe sind nicht vorgetragen.

Das Verhalten der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) war auch allein ursächlich für die Anberaumung des neuen Termins.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei einer „Flucht in die Säumnis” die Verhängung einer Verzögerungsgebühr nicht statthaft sei.

§ 38 GKG kommt auch dann zur Anwendung, wenn eine Partei von der Möglichkeit Gebrauch macht, in die Säumnis zu fliehen (streitig; ebenso OLG Celle vom 13. August 2007, NJW-RR 2007, 1726; Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage 2009, § 296 Randziffer 40; Deubner, JuS 2008, 508; Beckmann, MDR 2004, 430; a. A. LAG Hamm vom 09. Mai 2001, DB 2001, 1424; OLG Hamm vom 21. Februar 1995, NJW-RR 1995, 1406; Baumbach/…/, ZPO, 66. Auflage 2008, § 342 Rand...

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