Entscheidungsstichwort (Thema)
Fassadenbau. selbständige Betriebsabteilung
Leitsatz (amtlich)
Die AVE-Einschränkungen sind seit 2006 nur noch bezogen auf eine Betriebsabteilung, nicht bezogen auf den Betrieb als Ganzes zu prüfen.
Selbständige Betriebsabteilung eine Baubetriebs iSd. AEntG und nach den AVE-Einschränkungen ist auch die „Gesamtheit von Arbeitnehmern außerhalb stationärer Betriebsstätte” nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VI Unterabs.1 S. 3 VTV, die als selbständige Betriebsabteilung fingiert wird.
Fassadenbau, bei denen vollständige Fassaden auf zuvor von dem selben Auftragnehmer montierte Metallkonstruktionen angebracht werden, fallen nicht unter den Geltungsbereich der Tarifverträge der Metallindustrie, auch wenn die Montage nicht handwerklich erfolgt.
Normenkette
AEntG; AVE-Einschränkungen 2006; VTV § 1 Abs. 2 Abschn. VI S. 3
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 30.09.2009; Aktenzeichen 7 Ca 2531/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 90.549,64 EUR (in Worten: Neunzigtausendfünfhundertneunundvierzig und 64/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage wegen des weitergehenden Zinsanspruchs abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten für das Jahr 2006 Beiträge zum Urlaubskassensystem der Bauwirtschaft. Zwischen den Parteien besteht dabei Streit darüber, welche Konsequenzen die Einschränkung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung gegenüber dem Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für den Einsatz von entsandten Arbeitnehmern der Beklagten hatte.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV-Bau], Tarifvertrag für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütungen zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte ist eine polnische Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Sitz in A/Polen. An ihrem Unternehmenssitz in A produziert sie Stahlelemente und Stahlteile. Im Jahr 2006 entfielen darauf insgesamt 54.650 Arbeitsstunden.
2006 entsandte die Beklagte – wie auch schon in den Vorjahren – außerdem Arbeitnehmer nach Deutschland. Diese wurden in zwei voneinander unabhängigen Bereichen eingesetzt. Zum Einen betrieb die Beklagte als Subunternehmerin Stahl- und Metallbau und stellte insb. Stahlkonstruktionen in Werken deutscher Unternehmen her, dabei fielen 2006 insgesamt 53.029,75 Arbeitsstunden an. Zum Anderen setzte die Beklagte auf den Baustellen „B” in C, „D” in E und „F” in G Arbeitnehmer für die Montage von Fassadenbauteilen auf Stahlkonstruktionen ein. Sowohl die Elemente der die Fassadenteile tragenden Metallkonstruktionen als auch die Fassadenteile aus Metall, Glas oder anderen Stoffen waren von Dritten hergestellt und geliefert worden, nicht von der Beklagten. Bei diesen Fassadenarbeiten, welche die Beklagte als „konstruktiven Fassadenbau” bezeichnet, wurden 2006 insgesamt 50.080,75 Arbeitsstunden erbracht. Zur Wiedergabe der von der Beklagten 2006 in Deutschland ausgeführten Werkverträge und die entsprechenden Leistungsverzeichnisse wird auf die Anlagen 1 bis 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 11. Februar 2009 (Anlagenband zum Schriftsatz) für den Stahl- und Metallbau einerseits sowie die Anlagen 7 bis 9 desselben Schriftsatzes (Anlagenband) und die Anlagen K 1 bis K 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 31. August 2009 (Bl. 124 – 190 d.A.) für die Fassadenmontagen andererseits verwiesen.
Die Beklagte ist – soweit in Deutschland tätig – der Maschinenbau- und Stahlberufsgenossenschaft zugeordnet (Anlage 15 im Anlagenband zum Schriftsatz vom 11. Februar 2009).
Sie unterhält in Deutschland keine im Handelsregister eingetragene Niederlassung. Die Beklagte hatte bereits vor 2006 ein Büro in H. Von dort aus werden nach Angaben der Beklagten nur alle notwendigen organisatorischen Arbeiten in Zusammenhang mit den Entsendungen sowie gegenüber dem Finanzamt und der Agentur für Arbeit erledigt, nicht jedoch die Montagearbeiten koordiniert.
Die Parteien hatten bereits gerichtlich darum gestritten, ob die Beklagte für die Jahre 2001 und 2002 verpflichtet war, dem Kläger bezüglich ihrer in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer Auskünfte zu erteilen und Urlaubskassenbeiträge zu leisten. Durch Urteil vom 25. Januar 2005 verneinte das Bundesarbeitsgericht (– 9 AZR 154/04 – NZA 2005, 1376) eine solche Verpflichtung der Beklagten. Ihr Betrieb ...