0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 70 ist mit der Einführung des SGB IV durch das Gesetz v. 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845) am 1.7.1977 in Kraft getreten. Mit dem Gesetz v. 12.11.2009 (BGBl. I S. 3710) wurde das Vierte Buch Sozialgesetzbuch in der seit dem 1.9.2009 geltenden Fassung wiederholt neu bekannt gemacht. Die Abs. 1 und 2 sind seit dem Inkrafttreten des SGB IV inhaltlich unverändert geblieben. Die Abs. 3 bis 5 wurden mehrfach geändert (Ergänzungen, Streichungen, Anpassungen an organisatorische Änderungen bei den Sozialversicherungsträgern).
Durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (2. AMGuaÄndG) v. 19.10.2012 (BGBl. I S. 2192) wurden mit Wirkung zum 26.10.2012 die Sätze 2 und 3 in Abs. 5 eingefügt. Der bisherige Satz 2 wurde Satz 4.
Abs. 2a wurde durch Art. 3 Nr. 6a und 6b des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze (BUK-Neuorganisationsgesetz – BUK-NOG) v. 19.10.2013 (BGBl. I S. 3836) mit Wirkung zum 1.1.2015 geändert und durch Art. 4 Nr. 3 dieses Gesetzes mit Wirkung zum 1.1.2016 aufgehoben.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 70 definiert für die einzelnen Versicherungsträger die Zuständigkeiten und die zeitliche Abfolge des Prozesses der Haushaltsaufstellung und der Haushaltsfeststellung. Die Vorschrift greift den Grundsatz der Vorherigkeit auf, wie er in Artikel 110 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz für den Bundeshaushalt gefordert wird. Die Absätze 2 bis 5 regeln das Verfahren und die Termine, zu denen die Haushaltspläne der jeweiligen Aufsichtsbehörde vorzulegen sind.
Zum Geltungsbereich vgl. § 67.
2 Rechtspraxis
2.1 Aufstellung und Feststellung des Haushaltsplans (Abs. 1)
Rz. 3
§ 70 Abs. 1 bestimmt für alle Träger der Sozialversicherung (gesetzliche Kranken-, Renten- und Unfallversicherung einschließlich Alterssicherung der Landwirte sowie soziale Pflegeversicherung) einheitlich, dass der Haushaltsplan vom Vorstand aufgestellt und durch die Vertreterversammlung bzw. den Verwaltungsrat festgestellt wird. Die Regelung in Abs. 1 ordnet zunächst die Aufstellung und Feststellung des Haushaltsplans dem Aufgabenbereich der Selbstverwaltung zu und grenzt die Zuständigkeiten der Selbstverwaltungsorgane Vorstand und Vertreterversammlung ab. Da es sich hierbei um einen Rechtsetzungsakt der Selbstverwaltungsorgane handelt, können keine Erledigungsausschüsse anstelle von Vorstand und Vertreterversammlung tätig werden. Der Vorstand verwaltet leitend den Versicherungsträger und vertritt ihn gerichtlich und außergerichtlich. Dies ergibt sich aus den §§ 31, 35 und 35a. Die Vertreterversammlung bzw. der Verwaltungsrat sind neben dem Vorstand ein weiteres Selbstverwaltungsorgan (§ 31 Abs. 1). Sie beschließen die Satzung und sonstiges autonomes Recht des Versicherungsträgers und sie vertreten den Versicherungsträger gegenüber dem Vorstand (§ 33 Abs. 1, 2 und 3).
§ 70 Abs. 1 ist für die Bundesagentur für Arbeit (BA) nicht explizit ausgeschlossen, gleichwohl für sie als Träger der Arbeitsförderung i. S. d. § 19 SGB I und § 368 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht vorrangig anwendbar. Die BA gilt nach § 1 Abs. 1 Satz 3 zwar als Versicherungsträger i. S. d. SGB IV; der Erste und Zweite Titel des Vierten Abschnitts und der Fünfte Abschnitt des SGB IV (§§ 29 bis 66 und 91 bis 94) sind für sie jedoch ausgenommen. Zusammensetzung, Rechtsstellung und Aufgaben des hauptamtlichen Vorstands der BA ergeben sich im Gegensatz zum Vorstand der Sozialversicherungsträger nicht aus dem SGB IV, sondern aus den §§ 381 und 382 SGB III.
Auch die Regelungen zur Selbstverwaltung bei der BA sind nicht im SGB IV, sondern im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches verankert (§§ 371 bis 380 SGB III). Lediglich die Regelung des § 42 SGB IV zur Haftung gilt nach § 371 Abs. 8 SGB III für die Selbstverwaltungsorgane der BA entsprechend. Als Selbstverwaltungsorgane werden bei der BA der Verwaltungsrat und die Verwaltungsausschüsse bei den Agenturen für Arbeit gebildet (§ 371 Abs. 1 SGB III). Zeitgleich mit der Ablösung des Arbeitsförderungsgesetzes durch das SGB III trat mit dem Arbeitsförderungs-Reformgesetz (BGBl. I S. 594) zum 1.1.1998 die Spezialvorschrift des § 71a in Kraft, wonach der Haushaltsplan der BA vom Vorstand aufgestellt und vom Verwaltungsrat festgestellt wird.
Durch § 31 Abs. 3b wurde mit Wirkung zum 1.10.2005 das Gesetz zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung v. 9.12.2004 (BGBl. I S. 3242) berücksichtigt, wonach eine Bundesvertreterversammlung und ein Bundesvorstand gebildet werden, welche als Organe fungieren und anstelle der Vertreterversammlung und des Vorstands entscheiden. Hinsichtlich des Haushaltsplans ist in Abs. 4 geregelt, dass die Einnahmen und Ausgaben für die Grundsatz- und Querschnittsaufgaben und für die gemeinsamen Angelegenheiten der Träger der Rentenversicherung gesondert ausgewiesen werden. Sie werden vom Bundesvorstand aufgestellt und von der Bundesvertreterversammlung festgestellt.
Rz. 4
Grundlage für die Beschlussfassung über die Aufstellung des Haushaltsplans durch den Vorstand, dem der Geschäftsf...