Rz. 16
Wird das Sicherungsniveau von 48 % vor Steuern unterschritten, dann regelt § 255e i. V. m. § 154 Abs. 3 Satz 1 die Rechtsfolge. In diesem Fall besteht eine gesetzliche Anpassungspflicht. Der aktuelle Rentenwert ist dann so anzuheben, dass das Sicherungsniveau vor Steuern mindestens 48 % beträgt.
Rz. 17
In den Jahren, in denen die Niveauschutzklausel zur Anwendung gelangt, müssen daher die Renten stärker angepasst werden. Auf die Anhebung der Rente besteht ein Rechtsanspruch i. S. eines subjektiv einklagbaren Rechts. Dies gilt aber nur bis zur Anhebung exakt auf die Grenze von 48 %. Der Begriff "mindestens" erweitert daher den Rechtsanspruch nicht. Der Begriff ist lediglich dergestalt zu verstehen, dass das Sicherungsniveau von 48 % vor Steuern erreicht werden muss und nicht unterschritten werden darf. Der Begriff mindestens ist daher i. S. eines "nicht mehr, aber auch nicht weniger" oder eben eines "nicht weniger, aber auch nicht mehr" zu verstehen. Eine gesetzliche Verpflichtung der Erhöhung über das Schutzniveau von 48 % hinaus ergibt sich damit aus § 255e nicht. Diese Gesetzesauslegung findet letztlich in § 154 Abs. 3 seine Stütze, wonach nur die gesetzliche Anordnung besteht, dass das Sicherungsniveau vor Steuern nach § 154 Abs. 3a bis zum Jahr 2025 48 % nicht unterschreiten darf. Aus der Niveauschutzklausel fließt daher keine gesetzliche Verpflichtung, das Sicherungsniveau auf über 48 % vor Steuern anzuheben. Der Gesetzgeber hat hierzu ausdrücklich ausgeführt, dass als Grenze für das Sinken das beschriebene Sicherungsniveau vor Steuern von 48 % eingeführt wird (BT-Drs. 19/4668 S. 37, vgl. auch S. 33, 34 – Gesetzesbegründung zu § 154 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 3a).
Rz. 18
Sinn der Haltelinie ist es, den Folgen des demografischen Wandels Rechnung zu tragen (vgl. auch Rz. 2b). Die in die Rentenanpassungsformel eingefügten Faktoren, die die tiefgreifenden demografischen Veränderungen berücksichtigen, wirken weiter ("Riester-Faktor", Nachhaltigkeitsfaktor; vgl. auch GRA der DRV zu § 255e SGB VI, Stand: 8.9.2023, Abschn. 2). Dies führt tendenziell dazu, dass die Renten weniger stark steigen als die Löhne. Der Gesetzgeber hat diesen Umstand zur Begründung der Einführung dieser Haltelinie ausdrücklich herangezogen (BR-Drs. 425/18 S. 33 = BT-Drs. 19/4668 S. 36, 37).
Rz. 19
Die Haltelinie vor Steuern wird damit unmittelbarer Bestandteil der Rentenanpassung (BT-Drs. 19/4668 S. 36).