0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 89 ist zum 1.7.1983 durch das Gesetz v. 4.11.1982 (BGBl. I S. 1450) in das SGB X eingeführt worden und hat seither keine Änderung erfahren. Eine Vorgängerregelung ist nicht vorhanden, da seinerzeit das Recht der Auftragsvergabe unter Leistungsträgern nicht gesetzlich geregelt war. Mit der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) ist § 89 neu bekanntgemacht worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
Regelungsgegenstand des § 89 sind die Rechtsverhältnisse zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sowie auch das Außenverhältnis des Auftraggebers zum Betroffenen (Sozialleistungsberechtigten). § 89 stellt klar, dass das Auftragsverhältnis einem Mandatsverhältnis gleicht, in dem der Beauftragte im Namen des Auftraggebers handelt, wobei dem Auftraggeber ein Auskunfts-, Prüfungs- und Weisungsrecht zusteht, mit dem er das Geschehen in jeder Lage des Verfahrens steuern kann. Vor dem Inkrafttreten des SGB X wurden zwischen Sozialleistungsträgern vereinbarte Aufträge, da sozialrechtliche Vorschriften nicht bestanden, durch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften aus §§ 662 ff. BGB geregelt. In engem Zusammenhang mit § 89 steht § 90 mit speziellen Regelungen zu Anträgen und Widersprüchen beim Auftrag sowie § 91 (Erstattung von Aufwendungen) und § 92 (Kündigung des Auftrags).
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Das Auftragsverhältnis ist keine Delegation (vgl. § 28h SGB IV), weil die Eigenzuständigkeit des Auftraggebers nicht (auch nicht teilweise) auf den Auftragnehmer als zusätzliche Kompetenz übergeht. Die materiell-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Auftraggeber und den Betroffenen werden nicht verändert.
2.1 Verwaltungsakte durch den Beauftragten (Abs. 1)
Rz. 4
§ 89 Abs. 1 stellt klar, dass die vom Beauftragten zu erlassenden Verwaltungsakte im Namen des Auftraggebers ergehen müssen. Das Auftragsverhältnis muss damit gegenüber dem Sozialleistungsberechtigten oder dem Betroffenen offengelegt werden. Der Beauftragte besorgt daher ein Fremdgeschäft im Namen des letztlich zuständigen und verantwortlichen Auftraggebers. Eine Krankenkasse, die im Rahmen von § 28h SGB IV Gesamtsozialversicherungsbeiträge einzieht, handelt demgegenüber aus eigenem Recht und in eigenem Namen im Rahmen einer Delegierung der Aufgaben.
Abs. 1 bezieht sich nur auf das verwaltungsrechtliche Handeln des Beauftragten. Dies ergibt sich aus der Regelung über den Erlass von Verwaltungsakten. Man wird hier den öffentlich-rechtlichen Vertrag ebenfalls berücksichtigen müssen, auch wenn das Gesetz ihn nicht erwähnt. Da er an die Stelle von Verwaltungsakten treten kann, muss es dem Beauftragten verwehrt sein, sich durch die Wahl einer anderen Form des Verwaltungshandelns einer gesetzlichen Rechtsfolge zu entziehen.
Darüber hinaus wird man die Pflicht zur Offenlegung des Auftrags auch bei einem schlichten Verwaltungshandeln wie z. B. bei Erteilung von Auskünften oder Beratung annehmen müssen. Bei einer Beratung folgt dies schon aus der Tatsache, dass diese durch den nicht originär zuständigen Träger erfolgt. Würde das Auftragsverhältnis nicht bestehen, müsste der befragte Träger eine Auskunft erteilen, in welcher er den zuständigen Leistungsträger benennen müsste. Berät der beauftragte Träger aber über nähere Einzelheiten z. B. eines Leistungsanspruchs, hat er sich entsprechend zu legitimieren und sich als Beauftragter zu erkennen zu geben. Dies folgt auch aus § 90, da die Beratung beinhalten muss, bei welchem Träger ggf. ein Antrag zu stellen ist (vgl. auch Dietmair, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand: 1.12.2017, § 89 Rz. 11).
Rz. 5
Eichenhofer (in: Wannagat, SGB X, Stand: März 2001, § 89 Rz. 4) widerspricht hingegen der Auffassung, wonach die Offenlegung der Fremdwirkung des Handelns eines Beauftragten bei jedem Verwaltungshandeln zu beachten wäre. Im Falle einer Auskunft oder Beratung würde, da eine Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit wegen des Mangels an einem Regelungsmerkmal nicht in Betracht kommt, als Rechtsfolge lediglich ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zu erörtern sein. Dieser sei darauf gerichtet, den Betroffenen so zu stellen, als wäre die Beratung oder Auskunft richtig erfolgt. Hierbei kommt es nur darauf an, dass ein sozialrechtlicher Verwaltungsträger die Auskunft erteilt hat. Der zuständige Träger muss aber auch für die Fehlerhaftigkeit der Beratung durch einen nicht zuständigen Träger einstehen. Es würde sich daher durch eine Entscheidung zugunsten einer der vorgetragenen Auffassungen keine weitere oder neue Rechtsfolge für den Betroffenen ergeben. Die Frage, welcher Auffassung der Vorzug gebührt, kann daher offen bleiben.
Rz. 6
Anders verhält es sich bei zivilrechtlichem oder fiskalischem Verhalten der beauftragten Behörde. Einkäufe von Büromaterial für die Erfüllung des Auftragsgeschäfts müssen nicht im Namen des Beauftragten ergehen. In diesem Bereich bietet das Zivilrecht die entsprechenden Regeln, die in dem hier interessierenden Zusammenhang nicht mit den Regelungen über den Auftrag nach §§ 88 ff. SGB X konkurrieren können. § 89 Abs. 1 ist zu entnehmen, dass er nur im öffentlich-rechtlichen Bereich Geltung entfa...