Zusammenfassung

 
Überblick

Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) wird von den Jugendlichen und den Auszubildenden eines Betriebs gewählt. Sie nimmt die besonderen Belange dieser Personengruppe wahr. Ähnlich wie beim Betriebsrat unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Vertretungen auf betrieblicher (JAV, §§ 60 – 70 BetrVG), auf Unternehmens- (Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretung, GesJAV, §§ 72 – 73 BetrVG) bzw. auf Konzernebene (Konzernjugend- und Auszubildendenvertretung (KJAV, §§ 73a – 73b BetrVG).

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Der Dritte Teil des BetrVG enthält in den §§ 60 bis 73b BetrVG Regelungen über die Jugend- und Auszubildendenvertretungen. Mit dem Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerf-ReformG) vom 27.7.2001[1] sind die Rechte der Jugend- und Auszubildendenvertretungen erweitert worden, um die betriebliche Interessenvertretung für junge Arbeitnehmer und Auszubildende attraktiver zu machen. Unter anderem wurde die Zahl der Mitglieder der JAV erhöht, die Zuständigkeit der GesJAV erweitert und die KJAV neu geschaffen.

Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz (BRModG) vom 14.6.2021[2] wurde die bisherige Höchstaltersgrenze für Auszubildende von 25 Jahren ersatzlos gestrichen. Damit sind nun auch Auszubildende, die älter als 25 Jahre sind, zur JAV sowohl wahlberechtigt wie wählbar.

Die Regelungen der §§ 60 ff. BetrVG werden ergänzt durch die Vorschriften in §§ 38–40 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes über die Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretungen (Wahlordnung – WO BetrVG 2001) vom 11.12.2001.[3]

[1] BGBl 2001 I S. 1852 (aktuell gilt es in der Fassung v. 17.7.2017, BGBl 2017 I S. 2509).
[2] BGBl 2021 I S. 1762.
[3] BGBl 2001 I S. 3494, aktuell gilt sie in der Fassung v. 23.6.2004, BGBl 2004 I S. 1393.

1 Voraussetzungen

Eine JAV ist nach § 60 Abs. 1 BetrVG zu wählen, wenn in einem Betrieb in der Regel mindestens 5 Arbeitnehmer beschäftigt werden, die

  • das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder
  • zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden.

Maßgeblicher Stichtag dafür, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist der Tag der Wahl. Zieht sich diese über mehrere Tage hin, kommt es auf das Alter und – bei Auszubildenden zusätzlich – auf die andauernde Berufsausbildung am letzten Wahltag an. Für die Feststellung der Wahlberechtigung gemäß § 61 BetrVG gelten dieselben Grundsätze.

 
Praxis-Beispiel

Fehlende Wahlberechtigung

Arbeitnehmer A vollendet am 10.10.2024 sein 18. Lebensjahr. Die Wahl zur JAV findet am 9.10. und 10.10.2024 statt. A ist nicht wahlberechtigt, weil er am letzten Wahltag (10.10.) das 18. Lebensjahr vollendet hat.

 
Praxis-Beispiel

Vorhandene Wahlberechtigung

Arbeitnehmer A vollendet am 10.10.2024 sein 18. Lebensjahr. Die Wahl zur JAV findet vom 1. bis 9.10.2024 statt. A ist wahlberechtigt, weil er am letzten Wahltag (9.10.) das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

In dem Betrieb, in dem eine JAV gewählt werden soll, muss ein Betriebsrat bestehen. Dies folgt bereits aus der Regelung des § 63 Abs. 2 BetrVG, wonach für die Bestellung des Wahlvorstands für die Wahl der JAV der Betriebsrat zuständig ist. Ein solcher ist damit denknotwendige Voraussetzung für die JAV-Wahlen. Die JAV ist kein selbstständiges, neben dem Betriebsrat bestehendes Organ mit eigenen Vertretungsrechten.[1] Sie kann nicht unabhängig vom Betriebsrat oder an ihm vorbei die Interessen der jugendlichen und zur ihrer Berufsausbildung Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber wahrnehmen, sondern dies nur über den Betriebsrat tun. Fehlt ein solcher, wäre die JAV schlicht nicht handlungsfähig, die ohne Vorhandensein eines Betriebsrats durchgeführte Wahl einer JAV wäre nichtig.

Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, muss eine JAV gewählt werden. Der Betriebsrat ist nach § 63 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, den Wahlvorstand zur Durchführung der Wahl der JAV zu bestellen. Unterlässt er dies, verstößt er gegen seine gesetzlichen Pflichten. Die Bestellung kann in diesem Fall durch das Arbeitsgericht erfolgen.[2]

Einige Besonderheiten sind zu berücksichtigen bei betriebsübergreifender Ausbildung.

Werden Auszubildende in reinen Ausbildungsbetrieben beschäftigt, sind sie keine Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG mit der Folge, dass die Wahl einer JAV nicht zulässig ist.[3] Gleiches gilt für Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation.

Wird der Auszubildende in mehreren Betrieben eines Unternehmens ausgebildet, ist er als Beschäftigter des Betriebes anzusehen – und mithin auch dort bei der Ermittlung der für die Bildung einer JAV erforderlichen Zahl zu berücksichtigen –, in dem die für das Ausbildungsverhältnis wesentlichen personellen und sozialen Entscheidungen (wie z. B. über die Begründung und Beendigung des Ausbildungsverhältnisses, den Ausbildungsplan, den Inhalt der Ausbildungsabschnitte etc.) getroffen werden.[4]

Wird der Auszubildende von mehreren rechtlich selbstständigen Unternehmen, die sich gemäß § 10 Abs. 5 BBiG zu einem sog. Ausbildungsverbund zusammengeschlossen haben, ausgebildet, ist der A...

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