Rz. 7
Die schädigende Handlung, für deren Folgen das Haftungsprivileg eingreift, muss eine betriebliche sein. Dieser Begriff ist für den jeweiligen Schul- und Lehrbetrieb anzupassen und umfasst jede Teilnahme an den angebotenen Bildungsmaßnahmen. Damit sind alle Handlungen, die auf der typischen Gefährdung aus schulischem Kontakt beruhen und deshalb einen inneren Bezug zum Schulbesuch aufweisen, gemeint (BGH, Urteil v. 28.4.1992, VI ZR 284/91). Bei Kindern ist der Begriff je nach Alter und Reifegrad entsprechend weiter zu fassen. Es ist kindspezifisch, oft unüberlegt und ohne Ansehung der möglichen Folgen zu handeln. So gehören auch Raufereien, Neckereien und kindspezifische Spiele zu den versicherten Tätigkeiten, es sei denn, die Grenze zum Atypischen wird überschritten. Mangelnde Erfahrung der Betreffenden aufeinander Rücksicht zu nehmen, sich in eine nicht selbst gewählte Gruppe einzufügen, der natürliche Spieltrieb, mangelnde Beherrschung von Aggressionen sind insoweit als typisch zu betrachten (Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 106 Rz. 4.1; Beispiele bei Ricke, in: KassKomm. SGB VII, § 106 Rz. 5: Beinstellen, Werfen mit Papier- oder Aluminiumkugeln, Werfen von Feuerwerkskörpern, Taschenmesserverletzung und Ähnliches).
Rz. 8
Trotz oder gerade wegen dieser weiten Bestimmung muss die schädigende Handlung schulbezogen bzw. ausbildungsbezogen sein. Der innere Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und der Schulsituation darf nicht unterbrochen sein. Dazu ist grundsätzlich eine enge räumliche und zeitliche Nähe zu dem organisierten Betrieb Schule erforderlich (Grüner, in: LPK-SGB VII, § 106 Rz. 5 mit zahlreichen Beispielen). So gilt die Rauferei auf dem Schulhof oder beim Warten auf den Schulbus in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang zum Unterricht als betriebliches Handeln. Holt ein Schüler einen Freund von der Schule ab, ohne selbst Unterricht zu haben, liegt jedoch keine betriebliche Tätigkeit vor. Auch die örtlich zufällige Verletzungshandlung auf dem Schulgelände ist nicht betrieblicher Natur. Der für die Haftungsfreistellung des Schädigers erforderliche enge schulische Bezug wird nicht schon dadurch begründet, dass die Verletzung eines Schülers durch einen anderen noch die Auswirkung von Aggressionen ist, die der Schädiger während des Schulunterrichts auf- und in der seither verflossenen Zeit noch nicht wieder abgebaut hat (BGH, Urteil v. 28.4.1992, VI ZR 284/91).