0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz – UVEG – v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) am 1.1.1997 in Kraft getreten und lehnt sich im Wesentlichen an das bis dahin geltende Recht an (§§ 580, 581 RVO). Im Wesentlichen kann daher auf die frühere Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden.
Rz. 2
Mit dem UVEG hat der Gesetzgeber die Mindestdauer des Vorliegens einer rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von der 13. Woche auf die 26. Woche heraufgesetzt. Die Änderung lehnt sich an das nach dem BVG und BeamtVG geltende Recht an. Hierdurch wird der Bezug kurzfristiger Renten vermieden. Bei Vorliegen einer rentenberechtigenden MdE für weniger als 26 Wochen nach dem Versicherungsfall wird angenommen, dass dieser nicht geeignet war, nennenswerte wirtschaftliche Nachteile für den Versicherten zu verursachen, so dass eine Überversorgung von Leichtverletzten, die neben der kurzfristigen Rente ihr bisheriges Arbeitsentgelt ohne Einbuße erzielen, vermieden wird (vgl. auch BT-Drs. 13/2204 S. 90).
Rz. 3
Abweichend von dem bis zum 31.12.1996 geltenden Recht definiert Abs. 2 Satz 1 den Begriff der MdE entsprechend der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur. Im Gegensatz hierzu schließt der Bezug von Übergangsgeld wegen beruflicher Rehabilitation infolge des Versicherungsfalls im Anschluss an die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit den Rentenbezug nicht mehr aus, so dass der Unfallversicherungsträger mit dem Beginn der beruflichen Rehabilitation neben dem Übergangsgeld auch Rente leistet. Diese Regelung verhindert eine Schlechterstellung von Schwerverletzten gegenüber Versicherten, die wegen der Art ihrer Verletzung nach kurzer Zeit wieder arbeitsfähig werden und mit niedriger MdE frühzeitig neben ihrem bisherigen Verdienst eine Rente beziehen. Der Schwerverletzte hingegen war nämlich in der Vergangenheit lange Zeit auf das gegenüber dem Verletztengeld niedrigere Übergangsgeld angewiesen und hatte erst nach Abschluss der beruflichen Rehabilitation einen Anspruch auf Rente (vgl. auch BT-Drs. 13/2204 S. 93).
1 Allgemeines
Rz. 4
Die Vorschrift nennt die Voraussetzungen und die Höhe für den Rentenanspruch. Die Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls oder mehrerer Versicherungsfälle insgesamt muss zur Begründung eines Rentenanspruchs um wenigstens 20 % gemindert sein und über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus andauern.
Die Rente wird zum Ausgleich des eingetretenen wirtschaftlichen Schadens, der durch die eingeschränkte Einsatzfähigkeit des Versicherten infolge des Versicherungsfalls auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entsteht, gewährt. Sie besteht aus einem pauschalen Anteil zum Ausgleich eines Mehrbedarfs der durch den Körperschaden bedingt ist und einem abstrakten Anteil, der den Einkommensverlust ausgleichen soll. Entschädigt wird mithin nicht der konkrete Erwerbsschaden, sondern der durch den Versicherungsfall bedingte Verlust an Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Einen gesondert ausgewiesenen Bestandteil für den Ausgleich des immateriellen Schadens enthält die Verletztenrente nicht, denn die Vorschriften über die Haftungsbeschränkung schließen nicht nur Schadensersatzansprüche, sondern auch Schmerzensgeldansprüche der Versicherten aus. Diese Handhabung hat das Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß erachtet (BVerfG, Beschluss v. 7.11.1972, 1 BvL 4/71, zuletzt bestätigt durch Beschluss v. 27.2.2009, 1 BvR 3505/08). Gleichwohl wird bei der Anrechnung von Verletztenrenten auf Geldleistungen anderer Sozialleistungsträger ein Teil der Verletztenrente (und zwar ein der Grundrente nach § 31 BVG entsprechender Teil, der letztlich dem Ausgleich des immateriellen Schadens dient) von der Anrechnung ausgenommen.
Reformvorschlägen dahingehend, in Anlehnung an das Unfallversicherungsrecht der Schweiz eine Aufteilung der Versichertenrenten in eine Entschädigung für den Erwerbsschaden einerseits und den immateriellen Schaden andererseits (sog. "Rentensplitting") vorzunehmen, ist seitens des Gesetzgebers nicht gefolgt worden (vgl. hierzu auch Scholz, in: juris-PK SGB VII, § 56 Rz. 104).
Die Unfallversicherung sieht keine altersbedingte Begrenzung des Rentenanspruchs vor, so dass die Rente bei Vorliegen der Voraussetzungen auch nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ungekürzt und bis zum Lebensende gewährt wird.
2 Rechtspraxis
2.1 Mindestdauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit
Rz. 5
Ein Rentenanspruch besteht nur, wenn die gesetzlichen Erfordernisse, Vorliegen einer MdE von wenigstens 20 % (Ausnahme: Abs. 1 Satz 2; vgl. Rz. 6 ff.) und dies über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall (Arbeitsunfall) hinaus, erfüllt sind. Das Ende der 26. Woche nach dem Versicherungsfall hat selbst keinen Einfluss auf den Rentenbeginn. Grundsätzlich beginnt die Rente nach dem Tag, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet, also nach dem Tag, an dem die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit weggefallen ist (vgl. hierzu im Einzelnen Komm. zu § 46 Abs. 3, § 72 Abs. 1). Bei der Berechnung der 26-Wochen-Frist wird der Ereignista...