BMF, Schreiben vom 31.3.2022, IV C 1 – S 2283-c/19/10012 :004 (DOK 2022/0342138), BStBl I 2022, 328
Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anrechenbarkeit von Quellensteuer auf Dividenden chinesischer Unternehmen wie folgt Stellung:
Aktien chinesischer Unternehmen werden von deutschen Anlegern häufig nicht über Börsen auf dem chinesischen Festland, sondern über die Börse in Hongkong erworben. In Einzelfällen sind Aktien von chinesischen Unternehmen auch an deutschen Wertpapierbörsen notiert. Die Belastung mit Quellensteuer auf Dividenden der chinesischen Unternehmen kann sich, je nach Haltedauer und Börsenplatz, an dem die chinesischen Aktien verwahrt und gelistet werden, unterscheiden. Für die Anrechenbarkeit der Quellensteuer ist bei deutschen Anlegern jedoch allein auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 28. März 2014 (DBA China) abzustellen, sofern es sich um Dividenden von Unternehmen handelt, die nach Artikel 4 DBA China auf dem chinesischen Festland ansässig sind. Im Einzelnen stellt sich dies wie folgt dar:
1. Quellensteuer auf Dividenden chinesischer Aktien, die an Börsen auf dem chinesischen Festland verwahrt und gelistet werden
In China verwahrte und gelistete chinesische Aktien werden im Wesentlichen in A-Aktien und B-Aktien unterteilt. Für deutsche Privatanleger sind diese Aktien eher nicht von Bedeutung.
A-Aktien
A-Aktien sind Aktien chinesischer Unternehmen, die an den Börsen auf dem chinesischen Festland in der chinesischen Währung Renminbi gehandelt werden. Ausländische Einzelinvestoren dürfen A-Aktien nur über das System Qualified Foreign Institutional Investors (QFII) erwerben. Hierbei handelt es sich um ein Zertifizierungssystem, das es lizenzierten professionellen ausländischen Investoren erlaubt, mit in chinesischer Währung lautenden Wertpapieren an den chinesischen Festlandsbörsen zu handeln, indem sie innerhalb der von der chinesischen Behörde gewährten Quote Fremdwährung in chinesische Währung konvertieren.
Dividendenzahlungen an nichtansässige natürliche Personen aus A-Aktien unterliegen einer abgeltenden Quellensteuer von 20 %. Werden A-Aktien zwischen einem Monat und einem Jahr gehalten, wird die Bemessungsgrundlage um 50 % reduziert, so dass sich effektiv eine Steuer von 10 % ergibt. Keine Quellensteuer wird erhoben, wenn die Haltedauer länger als ein Jahr beträgt. In Deutschland ist im Fall von Streubesitz nach dem DBA China auf Dividenden eine Quellensteuer in Höhe von 10 % anrechenbar (Artikel 10 Absatz 2 Buchst. c) DBA China). Aufgrund der vielen Besonderheiten kann eine Anrechnung im Kapitalertragsteuerverfahren nicht erfolgen, da die
Voraussetzungen im Einzelfall im Rahmen der Veranlagung zu prüfen sind.
B-Aktien
B-Aktien sind Aktien chinesischer Unternehmen, die an den Börsen auf dem chinesischen Festland in Fremdwährung (US-Dollar, Hongkong Dollar) gehandelt werden.
Dividendenzahlungen an nichtansässige natürliche Personen aus B-Aktien unterliegen in China keiner Quellensteuer.
2. Quellensteuer auf Dividenden chinesischer Aktien, die an der Börse in Hongkong verwahrt und gelistet werden
H-Aktien
H-Aktien sind Aktien chinesischer Unternehmen, die an der Börse in Hongkong notiert sind. Die Anwendbarkeit des DBA China auf das die Dividende ausschüttende Unternehmen im Sinne von Artikel 10 Absatz 2 DBA China richtet sich nach Artikel 4 DBA China. Deutsche Privatanleger, die in chinesische Aktien investieren, investieren in der Regel in H-Aktien.
Dividenden chinesischer Unternehmen, deren Aktien an der Börse in Hongkong verwahrt und gelistet werden, und die an nicht ansässige natürliche Personen gezahlt werden, unterliegen grundsätzlich einem Quellensteuersatz von 20 %, unter bestimmten Voraussetzungen (in China gegründete Unternehmen ausländischer Investoren) sind sie steuerfrei. In Fällen, in denen ein mit China abgeschlossenes DBA einen niedrigeren Satz vorsieht, kommt dieser zum Tragen. Da dieser häufig 10 % beträgt und es eine große Anzahl an internationalen Anteilseignern gibt, erhebt China bei Dividenden, die von an der Hongkonger Börse gelisteten „non-foreign-invested enterprises” ausgeschüttet werden, zur Verringerung des administrativen Aufwands in der Regel einheitlich eine Quellensteuer von 10 %.
Ist der Dividendenempfänger ein Unternehmen, ist die Quellensteuer als „enterprise income tax” einzubehalten. Handelt es sich beim Empfänger um eine natürliche Person, so ist die Quellensteuer grundsätzlich als „individual income tax” einzubehalten. Der Quellensteuersatz beträgt nach nationalem chinesischem Recht in beiden Fällen 10 %. Da in der Praxis die Aktienbestände von Privatanlegern häufig in einem Sammeldepot auf ein Kreditinstitut (oder einen anderen „nominee”) lautend verwahrt werden, ist für die Abzugsverpflichteten auf chinesischer Seite häufig nicht erkenn...