Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsberechtigung. Tariffähigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. In dem Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG ist die oberste Arbeitsbehörde des Landes antragsberechtigt, auf dessen Gebiet sich die Tätigkeit der umstrittenen Vereinigung erstreckt. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Tätigkeit auf das Gebiet des Landes beschränkt. Die Voraussetzungen einer Beteiligung nach § 83 ArbGG sind für die Antragsbefugnis nicht maßgebend.
2. Für das Feststellungsinteresse in einem Verfahren nach § 97 ArbGG genügt es, dass die Tariffähigkeit umstritten oder aus sonstigen tatsächlichen Gründen klärungsbedürftig ist. Das Feststellungsinteresse muss nicht auf den Bestand eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein.
3. Eine Spitzenorganisation ist nach § 2 Abs. 3 TVG tariffähig, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört. Das setzt voraus, dass der Abschluss von Tarifverträgen in ihrer Satzung wirksam geregelt ist.
Die Regelung ist unwirksam, wenn sie über die Aufgabenbereiche hinausgeht, die in den Satzungen der einzelnen Mitgliedsverbände festgelegt sind.
4. Eine Vereinigung ist nicht tariffähig, wenn sie nur in einem Teilbereich der von ihr beanspruchten Zuständigkeit organisiert ist. Die Tatsache, dass von ihr bereits eine große Anzahl von Tarifverträgen abgeschlossen worden ist, hat dann als Beleg für ihre Tariffähigkeit keine Aussagekraft.
Normenkette
ArbGG § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 83 Abs. 3, § 97 Abs. 1, 5; ZPO §§ 261, 256; BGB § 242; TVG § 2 Abs. 2-4; GG Art. 9 Abs. 3
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
I.
Die Beschwerden
- der Tarifgemeinschaft C. Gewerkschaften für Z. und P. (CZ. Beteiligte zu 3.)
- des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB, Beteiligter zu 4.)
- des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer P. e.V. (AMP, Beteiligter zu 12.) und
- der B. Deutscher D. e. V. (BVD, Beteiligter zu 13.)
werden zurückgewiesen.
II.
Auf die Beschwerde der Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft V. – Bundesvereinigung (Beteiligte zu 1.) wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Berlin vom 01.04.2009 – 35 BV 17008/08 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Es wird festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft C. Gewerkschaften für Z. und P. nicht tariffähig ist.
- Der Antrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB, Beteiligter zu 4.) wird als unzulässig zurückgewiesen.
III.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der C. Gewerkschaft für Z. und P. (CZ., Beteiligte zu 3.).
Die antragstellende Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft v. (Beteiligte zu 1.) nimmt bundesweit die Tarifzuständigkeit für die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Anspruch. Die Beteiligte zu 2., die S. für I., A. und S., nimmt die Aufgaben der obersten Arbeitsbehörde des Landes Berlin wahr. Die C. wurde am 11.12.2002 für Gewerkschaften im C. Gewerkschaftsbund Deutschlands (CG., Beteiligter zu 5.) gegründet. Nach Ziffer 3 der damaligen Satzung hatte sie die tariflichen Interessen ihrer Mitgliedsgewerkschaften zu vertreten und für deren Mitglieder Tarifverträge abzuschließen. Ihre am 5.12.2005 in Kraft getretene Satzung enthält unter anderen folgenden Regelungen:
„§ 1 Name und Zweck
Die Tarifgemeinschaft vertritt die tariflichen Interessen ihrer Mitgliedsgewerkschaften als Spitzenorganisation nach § 2 Abs. 3 TVG und schließt für deren Mitglieder Tarifverträge mit Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden ab, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmäßig zur Arbeitnehmerüberlassung überlassen wollen.
…
§ 3 Mitgliedschaft
(1) Mitglieder können die Gewerkschaften im C. Gewerkschaftsbund Deutschlands (CG.) werden, die ihren Beitritt zur Tarifgemeinschaft erklären.
…
§ 7 Abschluss von Tarifverträgen
(1) Tarifvertragschließende Partei in der Z. kann nur die Tarifgemeinschaft C. Gewerkschaften für Z. und P. (CZ.) sein. Die Mitgliedsgewerkschaften haben durch ihren Beitritt zur Tarifgemeinschaft ihre Tarifhoheit für die Branche Z. an die Tarifgemeinschaft abgetreten.
(2) Tarifverträge werden für die Tarifgemeinschaft grundsätzlich von mindestens zwei Personen unterzeichnet. Dabei muss eine der unterzeichnenden Personen Vorstandsmitglied der Tarifgemeinschaft sein. Die zweite unterzeichnende Person muss vom Vorstand bevollmächtigt sein.
(3) Die Mitgliedsgewerkschaften können nicht eigenständig als Tarifpartner für die Z. auftreten, es sei denn, der Vorstand der CZ. fasst auf Antrag einer Mitgliedsgewerkschaft einen anders lautenden Beschluss.
(4) Die Kündigung, Aufhebung oder Änderung von Tarifverträgen erfolgt durch den Vorstand der Tarifgemeinschaft.
….”
Die Satzung wurde am 8.10.2009 geändert. § 7 lautet nunmehr wie folgt.
(1) Tarifvertragsschließende Partei in der Z. ist die Tarifgemeinschaft C. Gewerkschaften für Z. und P. (CZ.). Durch ihren Beitritt zur CZ. erkennen die Mitgliedsgewerkschaften die Satzung der CZ. an.
Das Recht der ...