Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Zeitarbeitnehmern bei der Bestimmung der für die Pflicht zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige maßgeblichen Betriebsgröße
Leitsatz (amtlich)
Sinn und Zweck des § 17 KSchG verlangen es nicht, dass Zeitarbeitnehmer bei der Bestimmung der Betriebsgröße berücksichtigt werden.
Normenkette
KSchG § 17
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 11.06.2015; Aktenzeichen 1 Ca 3390/14) |
Nachgehend
Tenor
- Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 11.06.2015 - 1 Ca 3390/14 abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 21.11.2014 - zugegangen am 24.11.2014 - nicht aufgelöst worden ist.
- Die Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4 zu tragen.
- Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung.
Die am 05.02.1958 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 07.08.2000 als kaufmännische Angestellte gegen eine Vergütung in Höhe von zuletzt ca. 1.450,00 € brutto bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Zuletzt war sie als Sekretärin für das Büro des Betriebsrates in Teilzeit mit 50 % tätig.
Die Beklagte betreibt sogenannte bergmännische Berufskollegs, die als Berufsschulen des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet fungieren, aber auch von externen Berufsschülern besucht werden. Im Jahr 2001 ging sie durch Abspaltung aus der DMT Gesellschaft für Lehre und Bildung mbH hervor. Bis zum Jahr 2010 firmierte sie als RAG Bildung Berufskolleg GmbH.
Es werden die Berufskollegs West (Duisburg, Moers, Kamp-Lintfort), Ost (Bergkamen) und Mitte (Recklinghausen) sowie das Berufskolleg Fachschule für Technik (Bergkamen) betrieben. Die Berufsschulen bieten als Ersatzschulen berufsvorbereitende Maßnahmen an.
Durch Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrag vom 25.06.2010 hat die U. NORD AG von der RAG-Beteiligungs-GmbH, der RAG AG und der DMT e.V. das Berufskolleg erworben. Vor dem Kontext des Auslaufens des deutschen Steinkohlebergbaus im Jahre 2018 hat zu diesem Zeitpunkt nach den Angaben der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 13.02.2015 festgestanden, dass die Anzahl der Bergbauberufsschüler fortlaufend geringer und schließlich vollständig abnehmen werde. Daher ist in den Geschäftsanteilskauf- und Übertragungsvertrag vom 25.06.2010 die Entscheidung und die sich daraus ergebende Verpflichtung der Beklagten zur Schließung des Berufskollegs aufgenommen worden. Danach werden die Berufskollegs Ost und West zum 31.07.2015, das Berufskolleg Mitte sowie die Fachschule für Technik zum 31.07.2018 geschlossen.
Unter dem 03.11.2014 schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. Hinsichtlich der Schließungsentscheidung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.02.2015 einen schriftlich niedergelegten Beschluss ihrer Geschäftsleitung vom 05.11.2014 vorgelegt.
Die Beklagte hörte den bei ihr bestehenden Betriebsrat mit Schreiben vom 06.11.2014 und ergänzend mündlich am 11.11.2014 zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin an. Mit Schreiben vom 12.11.2014 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung mit der Begründung, die Klägerin sei mit anderen Sekretariatsmitarbeitern nicht vergleichbar, sie habe in dem Büro des Betriebsrates eine Vertrauensstellung inne, eine andere Besetzung führe zu einer Interessenkollision.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 21.11.2014, das der Klägerin am 24.11.2014 zugegangen ist, zum 31.07.2015.
Mit am 09.12.2014 bei dem Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz macht die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung geltend. Sie hat gemeint, dass die Kündigung rechtsunwirksam sei, da ihr Arbeitsplatz im Sekretariat des Betriebsrates nicht weggefallen sei.
Da die Stelle im Sekretariat des Betriebsrates eine Teilzeitstelle ist, sei es sinnvoll, diese weiterhin mit einer Teilzeitkraft zu besetzen. Alle Verwaltungsangestellten der verschiedenen Berufskollegs seien Vollzeitbeschäftigte. Eine Splittung der Beschäftigung würde eine Interessenkollision mit sich bringen, denn während die Assistentin des Betriebsrats disziplinarisch dem Betriebsratsvorsitzenden unterstellt sei, seien die Verwaltungskräfte des Berufskollegs dem zuständigen Schulleiter unterstellt.
Unter Berücksichtigung von zusätzlich zu erwartender Betriebsratstätigkeit der Betriebsratsmitglieder sowie der Ersatzmitglieder C. und Q. sei mit deren erhöhter Abwesenheit in den Sekretariaten zu rechnen. Die Abwesenheit von vier Verwaltungskräften ließe einen zusätzlichen Stellenmehrbedarf von 0,3 Stellen entstehen.
Die soziale Auswahl sei fehlerhaft von der Beklagten getroffen worden. Insoweit hat die Klägerin gemeint, dass sie allenfalls mit der Assistentin der Geschäftsführung K. vergleichbar sei, denn sie seien in ihr...