Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Beschwerde. Benachteiligungsverbot aus § 84 Abs. 3 BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird auf Grund und wegen des Inhalts einer Beschwerde dem Beschwerdeführer gegenüber vom Arbeitgeber eine Abmahnung ausgesprochen, so ist diese wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot aus § 84 Abs. 3 BetrVG unwirksam, auch wenn sich die Beschwerde als unbegründet herausstellt.

2. Eine Abmahnung kann ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn der Inhalt und die Begleitumstände der Beschwerde die Grenzen des Beschwerderechts überschreiten. Dies kann der Fall sein, wenn z.B. schwere haltlose Anschuldigungen gegen den Arbeitgeber bzw. gegen Vorgesetzte und Arbeitskollegen des Beschwerdeführers erhoben werden.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 1004; BetrVG § 84 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Urteil vom 15.08.2003; Aktenzeichen 1 Ca 611/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 15.08.2003 – 1 Ca 611/03 – wird, soweit nicht durch Teilvergleich vom heutigen Tage erledigt, zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt mit Ausnahme der Kosten des Teilvergleichs vom heutigen Tage, die gegeneinander aufgehoben werden.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer Abmahnung.

Der am 12.08.1964 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 20.10.1988 zu einer monatlichen Grundvergütung von zuletzt 2.952,– EUR brutto beschäftigt. Seit dem 01.10.1999 war er, nachdem er sich auf eine innerbetriebliche Stellenausschreibung beworben hatte, als Koordinator bzw. Auditor bei externen Dienstleistern des Teile- und Zubehörlagers (TuZ) im Werk III tätig. Hier war er für die Bearbeitung von Lieferscheinen zuständig. Gelieferte Teile hatte er nach internen Vorschriften der Beklagten zu prüfen und danach freizugeben oder zu sperren, je nach dem, ob sie diesen Vorschriften entsprachen oder nicht.

Am 29.10.2002 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten W3xxxxxxxx. Nach dem Gespräch, dessen Verlauf und Inhalt streitig ist, wurde der Kläger auf Grund werksärztlicher Entscheidung in das Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer gebracht, wo er bis zum 07.11.2002 verblieb. Im Entlassungsbericht vom 08.11.2002 heißt es:

„Epikrise/wichtige Befunde

Stationäre Aufnahme wegen während der Arbeit bei O1xx aufgetretener Dyspnoe, Flimmern vor den Augen, linksseitiges thorakales Druckgefühl. Vom Notarzt gemessener Blutdruck von 170/100, HF 120/min. Das Ereignis wurde ausgelöst durch eine Auseinandersetzung mit dem Vorgesetzten.”

Nach der Entlassung aus der stationären Behandlung war der Kläger noch bis zum 30.11.2002 arbeitsunfähig krank.

Am 24.01.2003 reichte der Kläger, nachdem er mit dem Betriebsrat Rücksprache genommen hatte, bei der Beklagten ein Beschwerdeschreiben vom 11.12.2002 ein. Wegen des Inhalts des Beschwerdeschreibens wird auf Bl. 6 d.A. verwiesen.

Der Kläger wurde dann am 05.02.2003 in das Personalbüro der Beklagten bestellt, wo ihm erklärt wurde, seine Beschwerde sei unberechtigt. Ihm wurde sodann mündlich eine Abmahnung wegen Störung des Betriebsfriedens erteilt, die die Beklagte durch Schreiben vom 06.02.2003 bestätigte. Darin heißt es u.a.:

„Verstoß gegen Ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag

Sie haben in Ihrem Schreiben vom 11.12.2002 an die Personaldirektion der B5xxxxxx Werke, hier eingegangen am 24.01.2003, behauptet, von Ihrem betrieblichen Vorgesetzten in einem am 29.10.2002 mit Ihnen gegen 16.00 Uhr geführten Gespräch „krankenhausreif behandelt und fertiggemacht” worden zu sein.

Unsere Recherchen hierzu haben ergeben, dass Ihr betrieblicher Vorgesetzter das o.a. Gespräch über Ihre nicht ordnungsgemäße Arbeitsausführung in einem ruhigen und sachlichen Ton mit Ihnen führte und Sie keineswegs, wie von Ihnen behauptet, „krankenhausreif behandelt und fertiggemacht” hat.

Ihr betrieblicher Vorgesetzter hat Ihnen auch nicht mit dem Zeigefinger gedroht und weder geäußert, „Du wirst nach der Inventur sehen, was ich mit Euch mache!” noch „Wenn der Wirtschaftsprüfer kommt, er fickt uns, Dich und uns!”

Durch Ihre diffamierenden Behauptungen wurde das Vertrauensverhältnis zu Ihrem betrieblichen Vorgesetzten und der Betriebsfrieden empfindlich gestört.”

In der Folgezeit wurde der Kläger, der seit dem 13.02.2003 als schwerbehinderter Mensch (G.d.B.: 50) anerkannt ist, nicht mehr mit seinen bisherigen Aufgaben, sondern mit Umpackarbeiten betraut. Der schriftlichen Aufforderung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 20.02.2003, die Abmahnung zurückzunehmen und dem Kläger wieder die Aufgaben eines Koordinators bzw. Auditors zu übertragen, kam die Beklagte nicht nach. Statt dessen versetzte sie ihn am 17.03.2003 zur Operation 95400, wo er seitdem als Kontrolleur im Teileeingang beschäftigt wird. Dieser Versetzung hat das Betriebsratsmitglied L2xxxxx, das der Personalkommission des Betriebsrats angehört, durch seine Unter...

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