Verfahrensgang

ArbG Rheine (Urteil vom 22.01.1998; Aktenzeichen 1 Ca 1583/97)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes vom 03.04.1998 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 22.01.1998 – 1 Ca 1583/97 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der am 30.06.1966 geborene, verheiratete Kläger, Vater eines unterhaltsberechtigten Kindes, trat erstmals zum 07.02.1991 als Fluggastkontrolleur bei der Flughafenwache G… in die Dienste des beklagten Landes. Der Einstellung lag der schriftliche Arbeitsvertrag vom 29.01.1991 zugrunde. Dieser war befristet für die Zeit bis zum 30.06.1991 „im Rahmen der vorübergehenden Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen am Flughafen aus Anlaß des Golfkonfliktes”. Ferner stand der Vertrag „unter Vorbehalt der gesundheitlichen Eignung des Angestellten”. Die Eingruppierung des Klägers erfolgte in die Vergütungsgruppe VIII der Anlage 1 a zum BAT. Auch im übrigen bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundeangestelltentarifvertrag und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen.

Die amtsärztliche Einstellungsuntersuchung des Klägers erfolgte am 25.03.1991. Dabei wurde dem Kläger ein Fragebogen vorgelegt, der in dem Abschnitt über die eigene Vorgeschichte ca. 25 Krankheiten einzeln aufführte, u.a. „Nerven- oder Geisteskrankheiten, Anfälle”. Darüber hinaus enthielt der Abschnitt über jetzige Beschwerden oder Krankheiten eine weitere Aufzählung von rund 20 Krankheiten, darunter wiederum „Anfälle”. Der Kläger kreuzte keine dieser Krankheiten an und ließ lediglich die Krankheit „Windpocken” eintragen. Bei der Frage., ob zur Zeit Medikamente eingenommen werden, kreuzte er das Kästchen für die Antwort „nein” an.

Unter dem 10.04.1991 attestierte der untersuchende Arzt dem Kläger, es bestünden keine gesundheitlichen Bedenken für die vorgesehene Tätigkeit.

Der Kläger ist seit ca. 20 Jahren an einem Anfallsleiden erkrankt. Dabei handelt es sich um eine sogenannte „Jackson-Epilepsie”, auch Schlafepilepsie genannt, bei der der Betroffene die Anfälle ausschließlich im Schlaf erleidet. Sie bedarf, so auch beim Kläger, ständiger medikamentöser Behandlung. Die schlafepileptischen Anfälle des Klägers treten ausschließlich nachts etwa ein- bis dreimal und für die Dauer von jeweils zwei bis höchstens vier Sekunden auf. Sie betreffen allein die linke Körperseite.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde mit Änderungsvertrag vom 01.07.1991 bis zum 31.12.1991, mit weiterem Änderungsvertrag vom 17.12.1991 bis zum 31.12.1992, mit weiterem Änderungsvertrag vom 16.12.1992 bis zum 30.06.1993 und mit weiterem Änderungsvertrag vom 01.07.1993 bis zum 31.12.1993 verlängert. Mit Arbeitsvertrag vom 20.12.1993 vereinbarten die Parteien die unbefristete Einstellung des Klägers ab 01.07.1993.

Bis zum Sommer 1997 gab es im Arbeitsverhältnis des Klägers weder Störungen noch Anlaß, das Verhalten des Klägers zu rügen, abzumahnen oder dem Kläger sonstig einen Verweis zu erteilen. Es verlief vielmehr beanstandungsfrei.

Ursache krankheitsbedingter Ausfallzeiten des Klägers waren bis einschließlich März 1997 im wesentlichen Erkrankungen ohne Zusammenhang mit dem Anfallsleiden des Klägers. Der Kläger wurde medikamentös ohne Einfluß auf sein körperliches Wohlbefinden und seine Leistungsfähigkeit therapiert. Die behandelnden Ärzte empfahlen ihm im Jahre 1997, einen operativen Eingriff vornehmen zu lassen. Hierzu war zunächst eine medikamentöse Umstellung erforderlich. Dem Kläger wurde vorsorglich krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit attestiert, weil der behandelnde Arzt etwaige Nebenwirkungen der neuen Medikamentation nicht ausschließen konnte. Im einzelnen wurde der Kläger deswegen krank geschrieben für die Zeit vom 22.05.1997 bis zum 16.06.1997, vom 10.07.1997 bis zum 13.07.1997, vom 17.07.1997 bis zum 17.08.1997 und vom 08.09.1997 bis zum 31.10.1997.

Aufgrund eines vorangegangenen Vorfalls während der Arbeitszeit wandte sich der Kläger am 04.07.1997 an seinen Dienststellenleiter und offenbarte diesem gegenüber das Anfallsleiden. Streitig ist zwischen den Parteien, ob der Kläger bei dieser Gelegenheit eingeräumt hat, während der Dienstzeit einen Anfall erlitten zu haben, oder ob er lediglich die Vermutung geäußert hat, aufgetretene Kreislaufprobleme stünden möglicherweise im Zusammenhang mit seinem Anfallsleiden. Der Kläger wurde daraufhin aufgefordert, sich erneut einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Diese fand am 11.09.1997 statt. Ausweislich des Gutachtens des Gesundheitsamts des Kreises Steinfurt vom 12.09.1997 wird das Anfallsleiden des Klägers in der bereits beschriebenen Form bestätigt. Gegenüber dem untersuchenden Arzt soll der Kläger erklärt haben, daß bislang nur einmal ein Anfall tagsüber aufgetreten sei. Der Gutachter führt dann weiter aus:

„Nach den Richtlinien über die Anforderungen an das Kontrollpersonal zum Vollzug des § 29 c LuftVG auf deutschen Flugplätzen werden unter den Ausschlußkriterien auch epileptische Anfälle genannt. Es wird nicht berücksichtigt, daß epileptische...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Personal Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge