Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Außerordentliche Kündigung wegen privater Arbeitsleistungen während der Arbeitsunfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Verrichtet ein im Bauhof mit ähnlichen Arbeiten beschäftigter Arbeitnehmer während bestätigter Arbeitsunfähigkeit umfangreiche Garten- und Baumfällarbeiten, dann stellt dies auch dann einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung dar, wenn er sich damit verteidigt, er habe sich nicht genesungswidrig verhalten, weil seine Arbeitsunfähigkeit auf psychische Probleme zurückzuführen gewesen sei, die auf Mobbing seiner Kollegen beruhten.
2. Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer bereits einschlägig abgemahnt ist; der Einwand, es habe sich nur um „Nachbarschaftshilfe” gehandelt, ist zumindest dann unbeachtlich, wenn der Kläger derartige Tätigkeiten in einem eigens hierfür angemeldeten Gewerbe auch gegen Entgelt anbietet.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Urteil vom 17.12.2003; Aktenzeichen 5 Ca 555/03) |
Tenor
I. … Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 17.12.2003, Az. 5 Ca 555/03, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
II. … Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Arbeitgeberkündigung.
Der am 15.02.1963 geborene Kläger war – beginnend mit einem dreijährigen Ausbildungsverhältnis zum Straßenwärter – seit 01.09.1978 beim Beklagten beschäftigt. Nach dem geänderten Arbeitsvertrag vom 30.08.1991 findet auf das Arbeitsverhältnis der jeweils gültige Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) Anwendung. Nach § 52 BMT-G II kann das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber nach einer Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Der Kläger ist seiner Ehefrau und zwei Kindern unterhaltspflichtig. Er ist behindert mit einem Behinderungsgrad von 60% infolge degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule und Arthrose in den Gelenken. Der Kläger war als Straßenbauarbeiter im Bereich des Kreisbauhofes mit Arbeiten aller Art eingesetzt.
Der Kläger meldete unter dem 28.02.2001 bei der Gemeinde C… ein Gewerbe mit der Tätigkeit „Rundumservice um Haus- und Garten” an (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.05.2003, Bl. 36 d.A.). Mit Handzetteln machte er hierfür Werbung, und zwar für Hausmeistertätigkeiten aller Art, Gartenpflege, -instandsetzung, Rasenerneuerung, Baumfällarbeiten, Arbeiten mit Motorsäge, Hochdruckreiniger, Mäharbeiten, Laubsaugen, Heckenschneiden, Kleintransporte, Verleih eines Pkw-Anhängers, Pflanzenbesorgung, Bepflanzung, Wohnungsauflösung mit Endreinigung, Umzugshilfen, Kleingerüst-Verleih (ebenda, Bl. 37 d.A.). Eine Nebentätigkeitsgenehmigung hierfür hatte er bei der Beklagten nicht eingeholt.
Am Montag, den 04.11.2002 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitsunfähig krank, legte auch eine Arbeitsunfähigkeit des Arztes Dr. D… für diesen Tag vor. Am Wochenende 02.11. und 03.11.2003 sowie an diesem Montag erbrachte er Gartenarbeiten im Anwesen des Psychotherapeuten E…. Er stellte ihm eine Rechnung, in der für Montag ab 11.30 Uhr 4,5 Stunden Arbeitszeit für Arbeiten an Baumstümpfen aufgeführt ist (ebenda, Bl. 42 d.A.). An diesem Montag kam es wegen der gestellten Rechnung zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit dem Auftraggeber E…, die zum Einsatz der Polizei und einer Strafanzeige führte. In diesem Zusammenhang erfuhr die Beklagte von der Angelegenheit. Sie ermittelte, hörte den Kläger unter anderem am 26.11.2002 zu dem Vorfall an. Dieser erklärte, am Montag, den 04.11. keiner Nebentätigkeit nachgegangen zu sein. Mit Schreiben vom 18.12.2002 (ebenda, Bl. 38 f. d.A.) machte sie den Kläger darauf aufmerksam, dass seine Aussage im Widerspruch zu einer Zeugenaussage stehe und dass sie die Beweiskraft der Arbeitsunfähigkeit für erschüttert halte. Sie forderte den Kläger auf, zu erklären und nachzuweisen, inwieweit die Ausübung der Nebenbeschäftigung mit der behaupteten Arbeitsunfähigkeit in Einklang zu bringen sei. Am 20.01.2003 erschien der Kläger auf Aufforderung der Beklagten zu einer Anhörung. In dieser Anhörung räumte er die Führung des Gewerbes ein, erklärte aber, es sei ihm bisher nicht bekannt gewesen, dass hierfür eine Nebentätigkeitsgenehmigung seines Dienstherrn erforderlich sei. Er erklärte, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen wirkten sich bei diesen Nebentätigkeiten nicht anders aus als bei der Hauptbeschäftigung im Bauhof. Er erklärte zunächst, die Arbeiten am Montag, den 04.11., habe er nicht persönlich ausgeführt. Diese habe vielmehr sein Mieter F… verrichtet, um ihm – dem Kläger – gegenüber bestehende Mietrückstände mit tatsächlicher Arbeitsleistung auszugleichen. Er brachte eine Bestätigung des Mieters F… für diese Aussage mit … (ebenda, Bl. 47 d.A.). Als dem Kläger vorgehalten wurde, er sei durch den Zeugen G… eindeutig als derjenige identifiziert worden, der die Arbeitsleistungen in Person erbracht h...