Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleich - Abfindung - Vererbbarkeit bei Tod des Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
Ist in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart, daß an den Arbeitnehmer "bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Verlust des Arbeitsplatzes" eine Abfindung zu zahlen ist, so entsteht der Anspruch, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Verstirbt der Arbeitnehmer vor diesem Zeitpunkt, besteht kein Anspruch, der im Wege der Erbfolge auf die Erben übergehen könnte.
Orientierungssatz
Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 2 AZR 351/00.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 01.12.1999 - 3 Ca 2429 a/99 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger betreibt eine Vollstreckungsabwehrklage gegen die Beklagten.
Die Beklagten sind die Eltern des Reinhard G. Dieser war beim Vater des Klägers in dessen Bauunternehmen als Maurer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde arbeitgeberseitig gekündigt.
In dem, unter dem Aktenzeichen 3 Ca 2264 a/98 geführten Kündigungsschutzverfahren schlossen die damaligen Parteien Reinhard G. als Kläger und Hans-Jürgen W. als Beklagter folgenden Vergleich:
1. Die Parteien sind sich darüber einig, daß das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen aufgrund fristgemäßer betriebsbedingter Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 31. Januar 1999 enden wird.
2. Die Beklagte zahlt an den Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 12.500,-- DM (i.W.: Zwölftausendfünfhundert Deutsche Mark) brutto=netto.
3. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.
Reinhard G. verstarb am 25. Dez. 1998. Gemäß dem gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts Plön vom 14. Jan. 1999 (6 VI 6/99) wurde er von den Beklagten je zur Hälfte beerbt.
Der Kläger übernahm mit Wirkung vom 01.01.1999 von seinem Partner das Bauunternehmen und führte es als Einzelfirma fort.
Der Kläger meint, daß der Vergleich dahingehend auszulegen sei, daß die Abfindung ausdrücklich erst für den Zeitpunkt der Beendigung vereinbart worden sei. Das ergebe sich insbesondere aus der Formulierung "bei Beendigung des Arbeitsverhältnisse". Da der Arbeitnehmer Reinhard G. diesen Zeitpunkt nicht erlebt habe, sei auch kein zu vererbender Abfindungsanspruch entstanden.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß die Beklagten nicht berechtigt sind, aus dem
auf ihren Namen umgeschriebenen Titel in Form des
Terminsprotokolls des Arbeitsgerichtes Kiel zum Verfahren 3 Ca
2264 a/98 vom 16. Okt. 1998 zu vollstrecken.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, daß der Abfindungsanspruch bereits mit Abschluß des Vergleiches entstanden sei. Die Abfindung sei als eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die Einwilligung des Arbeitnehmers in die Beendigung des Arbeitsverhältnisse zu sehen. Der Abfindungsanspruch sei somit mit Abschluß des Vergleiches entstanden und vererbbar.
Das Arbeitsgericht Kiel hat der Klage stattgegeben und dies wie folgt begründet:
Aus den Formulierungen im Vergleich ergebe sich, daß der Anspruch auf die Abfindung erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisse habe entstehen sollen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe der Erblasser nicht mehr erlebt; Sein Abfindungsanspruch sei damit nicht entstanden und könne auch nicht auf die Beklagten als Erben übergegangen sein.
Gegen dieses ihnen am 17. Januar 2000 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 2. Februar 2000 Berufung eingelegt und die Berufung am 15. Februar 2000 begründet.
Die Beklagten rügen die rechtliche Würdigung des Arbeitsgerichts. Sie berufen sich insbesondere auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Juni 1987 (2 AZR 504/86).
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts mit Rechtsausführungen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig; Sie ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache ist sie jedoch nicht gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Vollstreckungsabwehrklage des Klägers ist begründet. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.
1. Die Vollstreckungsabwehrklage des Klägers ist gemäß § 767 ZPO zulässig. Das Arbeitsgericht war für die Klage als Prozeßgericht des ersten Rechtszuges zuständig (§ 767 Abs. 1 ZPO). Auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, weil ein anderer statthafter Rechtsbehelf gegen den abgeschlossenen Prozeßvergleich nicht gegeben ist. Die Auslegung eines Prozeßvergleiches ist ein zulässiger Gegenstand der Vollstreckungsabwehrklage (Thomas-Putzo § 767 ZPO Rz. 10).
2. Die Vollstreckungsabwehrklage ist auch begründet. Die Vollstreckung aus dem Prozeßvergleich vom 16. Oktober 1998 ist unzulässig. Die Beklagten h...