Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Tätigkeit. Berücksichtigung von Erwerbseinkommen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat ohne Lohnsteuerabzugsverfahren. fiktiver Steuerabzug nach § 2b Abs 1 S 2 BEEG vom Bruttoeinkommen. Verfassungsmäßigkeit des typisierten Steuer- und Beitragsabzugs nach § 2e und § 2f BEEG
Orientierungssatz
1. In einem anderen EU-Mitgliedstaat erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum werden im Rahmen der Elterngeldberechnung nach dem BEEG herangezogen und unter Anwendung des Grundsatzes in Art 5 Buchst b EGV 883/2004 so berücksichtigt, als ob der Elterngeldberechtigte diese im Inland erzielt (und dementsprechend versteuert) hätte.
2. Die Vorgaben des § 2e BEEG und § 2f BEEG betreffend die typisierend zu ermittelnde Steuer- und Beitragsbelastung halten sich in jeder Hinsicht im verfassungsrechtlichen Rahmen.
3. Der Gesetzgeber ist insbesondere nicht verpflichtet, bei im Bemessungszeitraum im Ausland bezogenen Erwerbseinkünften anstelle der typisierend nach § 2e BEEG zu ermittelnden nach bundesdeutschem Recht zu erwartenden Steuerbelastung die reale Steuerbelastung im Land der Erwerbstätigkeit heranzuziehen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld aufgrund der Betreuung ihres 2013 geborenen und nachfolgend von der Klägerin im eigenen Haushalt in F. betreuten Sohnes G.
Die Klägerin, die seit der Geburt ihres Sohnes ihren Wohnsitz und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im niedersächsischen F. hat, lebte und arbeitete vor der Geburt des Kindes als Lehrerin in Frankreich. So erhielt sie beispielsweise im Monat Mai 2012 in Frankreich ein Bruttogehalt in Höhe von 2.458,68 € zuzüglich eines Familienzuschlages von 84,43 €. Von diesem Bruttobetrag wurden entsprechend den entsprechenden französischen gesetzlichen Vorgaben Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in Höhe von 586,64 € einbehalten.
Das französische Recht kennt kein Lohnsteuerabzugsverfahren (vgl. http://www.ambafrance-de.org/Steuern-auf-Einkommen-in). Der Arbeitgeber behält dementsprechend keine Lohnsteuern von den Löhnen ein und führt solche auch nicht an die französische Finanzverwaltung ab; vielmehr sieht das französische Recht vor, dass jeder Arbeitnehmer jährlich eine Steuererklärung abzugeben hat, aufgrund derer er persönlich zur Zahlung von Einkommensteuer herangezogen wird.
Dementsprechend hat der französische Arbeitgeber an die Klägerin für den erwähnten Monat Mai 2012 den nach Abzug der Arbeitnehmeranteile an den Sozialabgaben verbleibenden Betrag von 1.956,47 € an die Klägerin ausgezahlt. Entsprechend ist in den Folgemonaten verfahren worden; wegen der Einzelheiten wird auf die in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Gehaltsbescheinigungen verwiesen.
Im Zeitraum vom 23. März bis 28. September 2013 befand sich die Klägerin nach französischem Recht im bezahlten Mutterschaftsurlaub; in diesem Zeitraum hat sie von ihrem französischen Arbeitgeber das Gehalt in voller Höhe fortgezahlt erhalten. Weitergehende dem Elterngeld vergleichbare Sozialleistungen nach französischem Recht für die Betreuung ihres Sohnes hat die Klägerin nicht bezogen.
Auf den Antrag der Klägerin vom 4. Juli 2013 gewährte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 30. August 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. März 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2014 für die ersten zwölf Lebensmonate des Kindes vom 26. Mai 2013 bis zum 25. Mai 2014 Elterngeld in Höhe von monatlich 1.042,17 €, wobei nach Anrechnung des vom französischen Arbeitgeber im Zeitraum bis zum 28. September 2013 fortbezahlten Gehalts sich für die ersten vier Monate bis zum 25. September 2013 kein Auszahlungsbetrag und für den fünften Lebensmonat nur ein anteiliger Betrag von 937,98 € ergab.
Bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldanspruchs hatte die Beklagte die von der Klägerin im Zeitraum Mai 2012 bis April 2013 in Frankreich tatsächlich erzielten Lohneinkünfte in Höhe von 31.144,47 €, vermindert um den Arbeitnehmerpauschbetrag von 999,96 €, zugrunde gelegt, so dass sich für den genannten Zwölfmonatszeitraum ein monatliches Bruttogehalt von 2.512,04 € ergab. Von diesem Bruttobetrag hat die Beklagte entsprechend den Vorgaben des BEEG pauschalierend Sozialabgaben in Höhe von 534,05 € sowie unter Heranziehung des elterngeldrechtlichen Steuerberechnungsprogramms eine sich nach bundesdeutschen Vorgaben ausgehend von der Steuerklasse IV und zwei Kinderfreibeträgen ergebende Lohnsteuerbelastung in Höhe von 374,65 € in Abzug gebracht. Auf diesem Wege ermittelte die Beklagte ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.603,34 €, von dem der Klägerin 65 %, entsprechend 1.042,17 €, als monatliches Elterngeld zugesprochen worden ist.
Zur Begründung der am 7. Januar 2015 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die Beklagte nicht auf das von ihr tatsächlich im Zeitraum Mai 2012 bis April...