0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde mit Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) mit Wirkung zum 1.1.2018 in das SGB IX eingefügt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift bestimmt künftig ein Wahlrecht des Menschen mit Behinderungen, an welchem Ort er am Arbeitsleben teilhaben möchte (Abs. 1) und verpflichtet die unterschiedlichen Leistungserbringer zur Zusammenarbeit (Abs. 2).
2 Rechtspraxis
2.1 Wunsch- und Wahlrecht
Rz. 3
Mit der Einführung der anderen Leistungsanbieter (§ 60) wird Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Aufnahme in eine Werkstatt für behinderte Menschen haben, nunmehr eine Alternative zu einer beruflichen Bildung und Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen ermöglicht.
In Betracht kommt wie bisher die Werkstatt für behinderte Menschen, in deren Einzugsgebiet (§ 8 Abs. 3 Werkstättenverordnung) der Mensch mit Behinderungen seinen Wohnsitz hat.
Wenn der Mensch mit Behinderungen seine Wahl zwischen einer Werkstatt für behinderte Menschen und einem anderen Leistungsanbieter trifft, ist er an einer solchen Entscheidung nicht für beide Bereiche der Teilhabe, also berufliche Bildung und Beschäftigung, gebunden. Er kann auch einzelne Module bei unterschiedlichen Anbietern auswählen, also etwa die berufliche Bildung in einer Werkstatt für behinderte Menschen und die Leistungen zur Beschäftigung bei einem anderen Leistungsanbieter. Denkbar wäre auch eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen, bei der der Mensch mit Behinderungen auf einem ausgelagerten Arbeitsplatz außerhalb der Einrichtung arbeiten möchte, den die Werkstatt für behinderte Menschen aber nicht zur Verfügung stellt. Es wäre dann möglich, dass der Mensch mit Behinderungen für seine Betreuung bei dieser Teilleistung einen anderen Leistungsanbieter in Anspruch nimmt.
2.2 Zusammenarbeit der Leistungserbringer
Rz. 4
Aus dem Wunschrecht des Menschen mit Behinderungen ergibt sich die Verpflichtung der Leistungsanbieter zur Zusammenarbeit. Werden Teile einer Leistung im Verantwortungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder eines anderen Leistungsanbieters erbracht, so bedarf die Leistungserbringung der Zustimmung des unmittelbar verantwortlichen Leistungsanbieters. Für den oben dargestellten Fall, in dem ein Mensch mit Behinderungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt ist und er für die Bereitstellung eines ausgelagerten Arbeitsplatzes das Angebot eines anderen Leistungsanbieters in Anspruch nehmen möchte, bedeutet dies, dass die Werkstatt für behinderte Menschen dem zustimmen muss. Hierin kann keine Einschränkung des Wunschrechts des Menschen mit Behinderungen gesehen werden, weil in diesem Fall die Werkstatt für behinderte Menschen auch gegenüber dem Leistungsträger, mit dem eine Vereinbarung über die Beschäftigung getroffen ist, verantwortlich ist.
Der unmittelbar verantwortliche Leistungserbringer bleibt auch Verantwortlicher für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge, soweit diese nicht durch den Leistungsträger zu entrichten sind. Das betrifft aber nur die Beiträge zur Rentenversicherung für diejenigen Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter Leistungen zur Beschäftigung (§ 58) erhalten. Im Übrigen werden Sozialversicherungsbeiträge ohnehin von den Leistungsträgern entrichtet.