0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) zum 1.1.2018 in Kraft.
Als Vorgängervorschrift diente in der Zeit vom 1.7.2001 bis zum 31.12.2017 § 19. Diese Vorschrift hatte in der Zeit vom 1.5.2004 bis 31.12.2017 einen unveränderten Text.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift verpflichtet die Rehabilitationsträger in ihrer Gesamtheit, für ein qualitativ und quantitativ ausreichendes, bedarfsorientiertes Angebot an Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen zu sorgen. Ziel ist, dass die anspruchsberechtigten Rehabilitanden ihre Leistungen zur Teilhabe zügig, in einer hohen Qualität, möglichst wohnortnah und vor allem bedarfsgerecht erhalten.
Bei den in § 36 genannten Einrichtungen und Diensten kann es sich
- um eigene Dienste und Einrichtungen der Rehabilitationsträger ("Eigeneinrichtungen") oder
- um sog. Vertragseinrichtungen/-dienste
handeln.
Die in § 36 geforderte Vielfalt bei den Einrichtungen bedeutet zugleich, dass für die Leistungen zur Teilhabe ausreichend Einrichtungen zur Verfügung stehen, in denen die Leistungen – je nach den Erfordernissen im Einzelfall – stationär, ambulant oder mobil erbracht werden können.
Rz. 3
Mit § 36 hat der Gesetzgeber wesentliche Aufgaben, die sich aus dem am 13.12.2006 geschlossenen Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention; BGBl. II 2008 S. 1420) ergeben, auf die Rehabilitationsträger übertragen. Die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen trat in der Bundesrepublik am 26.3.2009 in Kraft. Da sie – neben der Vorschrift des § 36 – geltendes Recht ist, ist die Konvention bei der Anwendung des § 36 parallel zwingend zu berücksichtigen. In Art. 26 Abs. 1 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen heißt es:
Zitat
Die Vertragsstaaten treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, einschließlich durch die Unterstützung durch andere Menschen mit Behinderungen, um Menschen mit Behinderungen in die Lage zu versetzen, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, umfassende körperliche, geistige, soziale und berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehung in alle Aspekte des Lebens und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren. Zu diesem Zweck organisieren, stärken und erweitern die Vertragsstaaten umfassende Habilitations- und Rehabilitationsdienste und -programme, insbesondere auf dem Gebiet der Gesundheit, der Beschäftigung, der Bildung und der Sozialdienste, und zwar so, dass diese Leistungen und Programme
- im frühestmöglichen Stadium einsetzen und auf einer multidisziplinären Bewertung der individuellen Bedürfnisse und Stärken beruhen;
- die Einbeziehung in die Gemeinschaft und die Gesellschaft in allen ihren Aspekten sowie die Teilhabe daran unterstützen, freiwillig sind und Menschen mit Behinderungen so gemeindenah wie möglich zur Verfügung stehen, auch in ländlichen Gebieten.
2 Rechtspraxis
2.1 Überblick
Rz. 4
Nach § 28 Abs. 1 kann der Rehabilitationsträger die Teilhabeleistungen durch geeignete, insbesondere auch freie und gemeinnützige oder private Rehabilitationsdienste und -einrichtungen ausführen lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Rehabilitationsträger die Leistung dadurch wirksamer und wirtschaftlicher als durch Eigeneinrichtungen erbringen kann. Er bleibt unabhängig davon immer für die Ausführung der Leistung verantwortlich.
Rz. 5
§ 36 steht mit § 28 Abs. 1 im engen Zusammenhang: Wenn schon der Rehabilitationsträger für seine bedarfsgerechte Teilhabeleistung verantwortlich bleibt, dann muss er auch dafür Sorge tragen, dass in einer qualitativ und quantitativ ausreichenden Anzahl "Institutionen" zur Verfügung stehen, die die notwendigen und geeigneten Therapien, Schulungen, Unterstützungen usw. anbieten. § 36 gibt den Rehabilitationsträgern strenge Vorgaben/Regeln, damit die Rehabilitanden ohne zeitliche, räumliche und kommunikative Barrieren mit gezielten, hochwertigen Teilhabeleistungen versorgt werden können.
Allerdings sind die Anforderungen, die den Rehabilitationsträgern auferlegt werden, auch nicht zu hoch anzusetzen: Während z. B. bei medizinischen Leistungen zur Rehabilitation die bedarfsgerechte Versorgung eine Aufnahme des Betroffenen in die Rehabilitationseinrichtung innerhalb weniger Tage erfordert, kann sich der Beginn einer "Umschulungsmaßnahme" (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) wegen der notwendigen Gruppen-/Klassen-/Lehrgangsbildung durchaus um mehrere Monate verzögern, ohne dass gegen die Vorschrift des § 36 verstoßen wird. Entscheidend ist eine ausgewogene Balance zwischen der möglichst zügigen, hochwertigen und angemessenen Versorgung des Rehabilitanden einerseits und dem Gebot für ein wirtschaftliches Handeln durch die Rehabilitationsträger andererseits.
2.2 Sicherstellungsauftrag (Abs. 1)
2.2.1 Grundsatz (Satz 1)
Rz. 6
Nach § 36 Abs. 1 haben die Rehabilitationsträger – dazu zählen auch die Träger der Eingliederungshilfe und der Träger der öffentlichen Ju...