Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen. Förderung der beruflichen Weiterbildung. Anforderungen an Weiterbildungsmaßnahme. Sicherstellung der Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres bei Nichtverkürzung der Ausbildungszeit. verfassungskonforme Auslegung. Verzicht auf die Rücknahme der rechtswidrigen Bewilligung unter Ermessensgesichtspunkten. spätere Aufhebung der Bewilligung nach § 48 SGB 10. fehlende Ermessensausübung
Leitsatz (amtlich)
1. Es bestehen ernsthafte Zweifel, ob die Vorgaben des § 180 Abs 4 S 2 SGB 3 (Sicherstellung der Finanzierung des Lebensunterhaltes im letzten Drittel der Ausbildung) auch im Grundsicherungsrecht anzuwenden sind (Anschluss an LSG Berlin-Potsdam vom 11.8.2016 - L 25 AS 1611/16 B ER -, juris).
2. Soweit eine Behörde aus Ermessensgründen von einer Rücknahme eines begünstigen rechtswidrigen Verwaltungsaktes absieht, hat sie, soweit sie sich zu einem späteren Zeitpunkt doch zu einer Rücknahme entscheidet, bei der Rücknahmeentscheidung grundsätzlich wiederum Ermessen auszuüben und zwar auch dann, wenn die einschlägige Rechtsgrundlage von Gesetzes wegen keine Ermessensausübung vorsieht (hier: § 48 Abs 1 S 1 SGB 10).
Tenor
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 01. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2016 wird angeordnet.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten vorliegend über die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage, die sich gegen die Aufhebung von Bewilligungsbescheiden - zwecks Förderung und Teilnahme an Maßnahmekosten - richtet. Der Antragsteller bezieht Leistungen nach dem SGB II und nimmt an einer Weiterbildungsmaßnahme zum staatlich anerkannten Sozialassistenten bei der c.GmbH teil. Sozialassistenten und -assistentinnen arbeiten in der Familien-, Heilerziehungs- und Kinderpflege, wo sie hilfsbedürftige Personen betreuen, unterstützen und fördern.
Die Beteiligten schlossen am 02. Oktober 2015 eine Eingliederungsvereinbarung (gültig bis: 31. Oktober 2017). Unter Ziffer 1 regelten die Beteiligten Folgendes: “Das Jobcenter fördert Ihre Teilnahme an der beruflichen Weiterbildungsmaßnahme […]. Bildungsziel “staatlich anerkannter Sozialassistent„ […] Der Teilnahme an dem letzten Drittel der Weiterbildung vom 06.01.2017 - 06.09.2017 stimmt das Jobcenter zu, übernimmt hierfür aber nicht die Lehrgangskosten, da ein anderer Leistungsträger vorrangig die Kosten bewilligt. […].„ Mit Schreiben vom 02. Oktober 2015 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er die Notwendigkeit einer beruflichen Qualifikation festgestellt habe. Er übersandte einen entsprechenden Bildungsgutschein. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2015 bewilligte der Antragsgegner die entsprechenden Kosten für den Zeitraum 05. Oktober 2015 bis 05. Januar 2017. Am 18. März 2016 entzog die zuständige Zertifizierungsstelle dem o.g. Träger die entsprechende Maßnahmezulassung. Als Grund führte der Antragsgegner an, dass die Finanzierung des letzten Drittels der Maßnahme nicht auf Grund von bundes- oder landesrechtlicher Regelungen gesichert sei. Mit Schreiben vom 18. März 2016 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er für die Teilnehmenden der o.g. Maßnahme “eine hausinterne Lösung aufgestellt„ habe. Hierzu teilte er mit, dass er die entsprechende Bewilligung nach § 45 SGB X nicht zurücknehmen werde. Ein “Kennen müssen„ der Rechtswidrigkeit der Zusicherung liege nicht vor. Die Abbrüche würden daher rückgängig gemacht - so der Antragsgegner. Mit Schreiben vom 22. März 2016 teilte der Antragsgegner mit, dass die entsprechenden Zahlungen wieder aufgenommen würden. Mit Bescheid vom 14. Juli 2016 bewilligte der Antragsgegner weitere Kosten - für den Zeitraum 01. November 2015 bis 31. Juli 2016. Mit Aufhebungsbescheid vom 01. August 2016 hob der Antragsgegner nach Anhörung des Antragstellers die Bewilligungsbescheide vom 29. Oktober 2015 und 14. Juli 2016 auf und zwar für den Zeitraum 04. August 2016 bis 05. Januar 2017. Zur Begründung führte er aus, dass aufgrund des o.g. Zertifizierungsentzuges die entsprechenden Bescheide nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X aufzuheben seien.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Antragsteller hiergegen Klage erhoben und einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er ist insbesondere der Auffassung, dass der entsprechende Entzug der Zertifizierung im Rahmen von § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X inzident zu prüfen und die Entziehung der Zertifizierung rechtswidrig sei. So seien die Vorgaben des § 180 Abs. 4 S. 2 SGB III im Rahmen des SGB II nicht anwendbar.
Er beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 01. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2016 wird angeordnet.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass der Entzug der Zertifizierung ...