0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit dem jetzigen Inhalt durch Art. 1 Nr. 116 GSG v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) mit Wirkung ab 1.1.1996 (Art. 35 Abs. 6 GSG) in das SGB V eingefügt worden.
Durch Art. 1 Nr. 52 des 2. GKV-NOG (BGBl. I S. 1520) war mit Wirkung ab 1.7.1997 in Abs. 4 Satz 3 ein Sonderkündigungsrecht bei Leistungsänderungen oder Beitragssatzerhöhungen eingeführt worden.
Mit Art. 1 Nr. 24 GKV-SolG v. 19.12.1998 (BGBl. I S. 3853) ist mit Wirkung ab 1.1.1999 das Sonderkündigungsrecht bei Leistungsänderungen wieder aufgehoben worden.
Durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 v, 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) wurde in Abs. 1 der Satz 3 (Wahlrecht Minderjähriger) angefügt.
Durch das Gesetz zur Neuregelung der Krankenkassenwahlrechte v. 27.7.2001 (BGBl. I S. 1946) ist die Vorschrift in den Abs. 2-4 mit Wirkung ab 1.1.2002 geändert und umgestaltet worden.
Mit Art. 1 Nr. 134 GKV – Modernisierungsgesetz (GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) ist mit Wirkung ab 1.1.2004 (Art. 37 Abs. 1 GMG) in Abs. 4 der Satz 5 (Sonderkündigungsrecht bei Beitragssatzerhöhungen) neu gefasst worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift enthält die allgemeinen Bestimmungen über die Ausübung der in §§ 173, 174 eingeräumten Wahlrechte und das dabei zu beachtende Verfahren für die Wahl einer Krankenkasse oder einen Krankenkassenwechsel. Die Vorschrift regelt den Adressaten der Wahlrechtserklärung und dessen Aufnahmepflicht (Abs. 1), die Pflicht und Berechtigung zur Ausstellung einer Mitgliedsbescheinigung (Abs. 2), die Vorlagepflicht und Frist für die Mitgliedsbescheinigung und die Folgen der Nichtvorlage (Abs. 3), das für das Wahlrecht zu beachtende Verfahren, die damit verbundenen Bindungen, Kündigungsrechte, -fristen und -pflichten und Ausnahmen davon (Abs. 4, 5) sowie die Kompetenz der Spitzenverbände der Krankenversicherung zur Vereinbarung von Verfahren und Vordrucken für die Mitgliedsbescheinigung und die Meldungen (Abs. 6).
Rz. 3
Mit den Änderungen durch das Gesetz zur Neuregelung der Krankenkassenwahlrechte sind die Wahlmöglichkeiten beschränkt worden (zu Gründen und Übergangsrecht vgl. Vorbem. §§ 173-177). Insbesondere die Möglichkeit der sofortigen Wahl einer neuen Krankenkasse bei jedem Neubeginn einer Versicherungspflicht ohne Bindungen ist entfallen. Der Krankenkassenwechsel ist nunmehr zwar auch unterjährig unter Einhaltung der Kündigungsfristen zum Ablauf des jeweils übernächsten Monats möglich. Dafür gilt aber für nach dem 1.1.2002 ausgeübte Wahlrechte nunmehr eine mindestens 18-monatige Bindung an die gewählte Krankenkasse, die vom jeweiligen Versicherungspflichttatbestand abgekoppelt ist, selbst bei einer Unterbrechung der Mitgliedschaft bestehen bleibt und auch für freiwillig Versicherte gilt. Dies führt für nach dem 1.1.2002 ausgeübte Wahlrechte faktisch zu einer Art gesetzlicher Zuständigkeit der einmal gewählten Krankenkasse für mindestens 18 Monate. Das Erfordernis von Kündigungsbestätigungen und Mitgliedschaftsbescheinigungen der beteiligten Krankenkassen, mit denen die Einhaltung der Bindungs- und Kündigungsfrist sichergestellt werden soll, hat das Verfahren des Kassenwechsels komplizierter gemacht. Durch die Änderungen ist der Aufbau und Inhalt der Vorschrift in vielen Teilen unklar geworden.
2 Rechtspraxis
2.1 Wahlrechtserklärung und Kontrahierungszwang (Abs. 1)
Rz. 4
Soweit die Vorschrift von der Ausübung des Wahlrechts gegenüber der gewählten Krankenkasse spricht, ist damit die Erklärung des Versicherten zu verstehen, aufgrund seines Wahlrechts Mitglied einer bestimmten Krankenkasse sein oder werden zu wollen. Für Versicherungspflichtige und bereits freiwillig versicherte Mitglieder beinhaltet diese Erklärung letztlich lediglich die Erklärung zur Bestimmung der Krankenkasse, die für die Krankenversicherung zuständig werden soll (gewillkürte Zuständigkeit, vgl. Vorbem. §§ 173-177 und Komm. § 173 Anm. 4). Das Wahlrecht hat auf die Mitgliedschaft i. S. von Versicherungspflicht nach §§ 5, 186, 190 oder die freiwillige Mitgliedschaft nach §§ 9, 188 keinen Einfluss. Diese Mitgliedschaft in der GKV besteht unabhängig von der Ausübung von Krankenkassenwahlrechten und Zuständigkeiten und das Wahlrecht setzt eine Mitgliedschaft oder zumindest die Beitrittsberechtigung nach § 9 voraus.
Rz. 5
Diese Wahlerklärung ist gegenüber der Krankenkasse abzugeben, die nach dem Willen des Wahlberechtigten für die Durchführung der Mitgliedschaft zuständig sein soll. Als einseitiges Rechtsfolgen auslösendes Gestaltungsrecht setzt dies voraus, dass die Erklärung der Krankenkasse zugehen muss und mit dem Zugang grundsätzlich auch verbindlich wird (§ 130 Abs. 1 und 3 BGB). Erst durch und bei Zugang der Erklärung besteht die Verpflichtung zur Aufnahme als Mitglied. Bei mehrfach abgegebener Wahlerklärung ist die zuerst getroffene Wahl entscheidend, da dadurch auch grundsätzlich die Bindungswirkung eintritt (vgl. Abs. 4 Satz 1) und damit das immer nur einmalig zu einer Krankenkasse ausübbare Recht erlischt. (a.A. Gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände, Ziff. 5.1, die bei mehrfach abgegebener Wahlrechtserklärung eine spätere "Auswah...