Rz. 14
Bei selbstständig tätigen Versicherten, die wegen ihrer Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankengeld haben, ist ebenfalls zu prüfen, ob zeitgleich Arbeitseinkommen erwirtschaftet wird. Denn Arbeitseinkommen, das während der Arbeitsunfähigkeit in der Person des Arbeitsunfähigen aufgrund seiner Arbeitsleistung erzielt wird, führt zum Ruhen des Krankengeldes nach § 49 Abs. 1 Nr. 1.
Sofern der gesamte Betrieb ruht, ist zu unterstellen, dass während dieser Zeit kein Gewinn erwirtschaftet werden kann und somit ein auf das Krankengeld anzurechnendes Arbeitseinkommen nicht erzielt wird.
Wenn die im Unternehmen tätigen Beschäftigten den Betrieb aufrechterhalten, ist es nicht unüblich, dass der Betriebsumsatz bzw. die Betriebseinnahmen durch deren Arbeitsleistung unverändert bleibt. Kompensiert wird der "Arbeitsausfall" des selbständig Tätigen durch Überstunden der Beschäftigten oder durch kurzfristig einspringende Aushilfen. Hier ist das anzurechnende Bruttoarbeitseinkommen zu ermitteln, indem das während des Krankengeldbezugs erzielte Betriebseinkommen um die zeitgleichen Betriebsausgaben (einschließlich Entgelte zur Entlohnung der einzelnen Beschäftigten) gemindert wird.
In der Regel ermittelt der Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer das während des Krankengeldbezugs erzielte Arbeitseinkommen. Hat der selbständig Tätige keinen Steuerberater etc. und können keine klare Zuordnungen getroffen werden, soll er selbst den Wert der finanziellen Folgen seines Arbeitsausfalls schätzen und nachvollziehbar begründen.
Sofern bei der Prüfung der Frage, ob im Einzelfall Arbeitseinkommen aus einer hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit während der Arbeitsunfähigkeit weiter bezogen wird, keine verwertbaren Anhaltspunkte vorliegen, sollte die Erklärung des Versicherten als ausreichend angesehen werden (Ziff. 6.1.1.2 des GR vom 3.12.2020).
Erzielte der selbstständig Tätige während der Arbeitsunfähigkeit anzurechnendes Arbeitseinkommen, sind 70 % des (Brutto-)Arbeitseinkommens auf das Krankengeld anzurechnen; Hintergrund: das Krankengeld selbst wird aus 70 % des Regelentgelts berechnet. Es wäre ungerecht, wenn die Berechnungsgrundlage aus 70 % des Einkommens (="fiktives Nettoeinkommen") ermittelt wird, aber 100 % des weiterhin erzielten Brutto-Arbeitseinkommens auf das Krankengeld angerechnet werden.
Rz. 15
Die Krankenkasse kann sich letztendlich vor unrichtigen Angaben des Versicherten schützen, wenn sich herausstellt, dass der Versicherte vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat. In diesem Fall kann sie den Verwaltungsakt über die Höhe des noch verbleibenden Krankengeldes auch für die Vergangenheit zurücknehmen bzw. aufheben (§§ 45, 48 SGB X) und das ungerechtfertigt erhaltene Krankengeld nach § 50 SGB X ganz oder teilweise zurückfordern.