0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 5 trat durch das Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) v. 26.5.1994 (BGBl. I. S. 1014) zum 1.1.1995 in Kraft. Abs. 1 und 2 wurden durch Art. 10 des SGB IX v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046), in Kraft ab 1.7.2001, geändert. Es handelt sich um Änderungen zur Anpassung an den Sprachgebrauch des SGB IX.
1 Allgemeines
Rz. 2
Seit Jahren gehört es zu den Zielen moderner Gesundheitspolitik, die Inanspruchnahme der Leistungen zur Krankheitsverhütung, Krankheitsfrüherkennung und Rehabilitation zu fördern. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie durch vorbeugende Maßnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung und durch Maßnahmen auf dem Gebiet der Unfallverhütung in der gesetzlichen Unfallversicherung hat der Gedanke der Prävention einen gesicherten und anerkannten Stellenwert.
Rz. 3
Pflegebedürftigkeit hingegen führt zur Beeinträchtigung der Lebensqualität bei den Betroffenen und zur kostenintensiven Inanspruchnahme der Leistungen aus der Pflegeversicherung. Die Pflegekassen sind deshalb verpflichtet, ganz allgemein und im konkreten Bedarfsfall bei den zuständigen Leistungsträgern, z. B. Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern, darauf hinzuwirken, dass die in deren Leistungsrahmen fallenden Maßnahmen der Prävention, der Krankenbehandlung und der Rehabilitation eingeleitet werden, um den Eintritt der Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, die Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhindern.
Rz. 4
An diesen zwingend vorgeschriebenen gesetzlichen Auftrag sind die Leistungsträger gebunden. Sie haben die organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, damit alle geeigneten Maßnahmen voll und rechtzeitig genutzt werden.
Der Gesetzgeber selbst hat den Leistungsträgern die betreffenden rechtlichen Möglichkeiten an die Hand zu geben. Allerdings hat in einer Gesellschaft, in der Unfallereignisse und Infektionskrankheiten zurückgedrängt werden konnten, indes die sog. Zivilisationskrankheiten zunehmen, gesundheitliche Prävention schon im Vorfeld des Tätigwerdens von Sozialleistungsträgern stattzufinden. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand durch das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) v. 17.7.2015 (BGBl. I S. 1368), in wesentlichen Teilen in Kraft ab 25.7.2015, Rechnung tragen.
2 Rechtspraxis
2.1 Einleitung von Maßnahmen
Rz. 5
Es besteht für sämtliche Sozialleistungsträger die Verpflichtung, vorrangig vor den Leistungen der Pflegeversicherung ihre Möglichkeiten der Leistungserbringung voll auszuschöpfen.
Aufklärung, Beratung und Auskunft gemäß §§ 13 bis 15 SGB I dienen dazu, denjenigen Versicherten, der pflegebedürftig zu werden droht, auf die Möglichkeiten, die ihm die verschiedenen Bücher des SGB bieten, hinzuweisen. Die Beratungs- und Auskunftspflicht wirkt fort, wenn Pflegebedürftigkeit bereits eingetreten ist. Als Spezialnorm aus dem Recht der sozialen Pflegeversicherung bestimmt § 7 Abs. 2 Satz 1, dass die Pflegekassen die Versicherten und ihre Angehörigen und Lebenspartner in den mit der Pflegebedürftigkeit zusammenhängenden Fragen, insbesondere über die Leistungen der Pflegekassen sowie über die Leistungen und Hilfen anderer Träger zu unterrichten und zu beraten haben.
Rz. 6
Die Pflegekassen erhalten insbesondere durch den behandelnden Arzt oder das behandelnde Krankenhaus Kenntnis von notwendig einzuleitenden Maßnahmen der Prävention, der Krankenbehandlung oder der Rehabilitation. Diese Informationen haben sie dann unter Beachtung des Sozialgeheimnisses (vgl. §§ 93 ff.) nach Abs. 1 direkt an den zuständigen Versicherungsträger weiterzuleiten, damit dieser tätig werden kann. Alternativ hierzu ist auch denkbar, dass ein Antrag auf Leistungen zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit direkt an den zuständigen Versicherungsträger gerichtet oder dieser vom behandelnden Arzt bzw. Krankenhaus über notwendige Leistungen informiert wird. Die Antragstellung ist nach § 19 Satz 1 SGB IV materielle Anspruchsvoraussetzung.
2.2 Zuständigkeit der Leistungsträger
Rz. 7
Die Versicherungsträger haben grundsätzlich ihre Leistungen im Rahmen ihrer vom Gesetz vorgegebenen Zuständigkeit zu erbringen. Insoweit ruhen die Leistungen eines anderen Versicherungsträgers bzw. sind ausgeschlossen. Nach Abs. 2 haben die Leistungsträger im Rahmen ihres Leistungsrechts auch nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit ihre medizinischen und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation in vollem Umfang einzusetzen und darauf hinzuwirken, die Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern sowie eine Verschlimmerung zu verhindern.
Rz. 8
Der Eintritt von Pflegebedürftigkeit oder eine drohende Pflegebedürftigkeit hat für sich alleine noch nicht zur Folge, dass die gegen andere Leistungsträger bestehenden Leistungsansprüche ruhen oder wegfallen.
Vielmehr haben die Leistungsträger trotz drohender oder eingetretener Pflegebedürftigkeit ihre medizinischen und ergänzenden Leistungen auch mit dem Ziel einzusetzen, die Pflegebedürftigkeit im erwähnten Sinne zu beeinflussen. Gefordert ist aber, dass die für die in Frage kommenden Versicherungsträger geltenden versicherungsrechtlichen ...