0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Abs. 2, 3 und 6 der Vorschrift wurden durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 (BGBl. I S. 874) mit Wirkung zum 1.7.2008 geändert.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Die Vorschrift, überschrieben mit "Pflegesatzverfahren", verpflichtet die Träger von Pflegeheimen und die Leistungsträger nach Abs. 2, die Pflegesätze nach Art, Höhe und Laufzeit zu vereinbaren. Vergleichbar mit den Regelungen für Budgetverhandlungen mit Krankenhäusern gemäß geltenden Krankenhausrechts (Bundespflegesatzverordnung) – wie schon an anderer Stelle festgestellt – geht der Gesetzgeber auch im Rahmen des § 85 vom Vereinbarungsprinzip aus. Zugleich sollen die Pflegesätze der von dieser Regelung betroffenen voll- und teilstationären Pflegeleistungen der Pflegeheime prospektiv vereinbart werden.
Rz. 2
Das Pflegesatzverfahren beruht damit auf dem Prinzip der Selbstverwaltung, das seinen Niederschlag in der Vereinbarung der Pflegesätze als gesetzlichen Regelfall und in der Festsetzung durch eine unabhängige Schiedsstelle im (Ausnahme-)Fall der Nichteinigung gefunden hat. Die Regelung zur Konfliktlösung durch die Schiedsstelle ist in § 76 normiert.
Rz. 3
Ausgangspunkt für das Pflegesatzverfahren in dieser Form ist der Sicherstellungsauftrag gemäß § 69, der zur Gewährleistung der pflegerischen Versorgung den Abschluss von Versorgungsverträgen und Vergütungsvereinbarungen mit den Trägern von Pflegeeinrichtungen verpflichtend vorsieht. Mithin gilt die hier zu behandelnde Vorschrift nur für zugelassene Pflegeeinrichtungen (hier: Pflegeheime), mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 72 abgeschlossen wurde.
Rz. 4
(unbesetzt)
Rz. 5
Die früheren Vergütungssysteme, die in bestimmten Fällen auch einseitige Erhöhungen der Heimträger ohne Zustimmung der Heimbewohner vorsehen konnten, sind abgelöst.
Rz. 6
Mit der Bestimmung, dass die Vertragsparteien Art, Höhe und Laufzeit der Pflegesätze zu vereinbaren haben, sind gleichzeitig die Eckpunkte und Mindestregelungen in den Pflegesatzvereinbarungen genannt. Für eine Übergangszeit bis 31.12.1997 galt der Regelungsinhalt des Art. 49a PflegeVG.
2 Rechtspraxis
Rz. 7
Wer die Parteien der Pflegesatzvereinbarung sind, bestimmt Abs. 2 Satz 1. Es sind dies der Träger des Pflegeheims auf der einen Seite und
- die Pflegekassen oder sonstigen Sozialversicherungsträger,
- die für die Bewohner des Pflegeheims zuständigen Träger der Sozialhilfe sowie
- die Arbeitsgemeinschaften dieser Träger
auf der anderen Seite.
Es ist allerdings eine weitergehende Voraussetzung zu erfüllen. Die Träger oder ihre Arbeitsgemeinschaften gelten nur dann als Vertragspartei, wenn auf sie im Jahr vor Beginn der Pflegesatzverhandlungen jeweils mehr als 5 % der Berechnungstage des Pflegeheims entfallen.
Nach der Neufassung des Abs. 2 durch das 1. SGB XI-ÄndG haben die Arbeitsgemeinschaften von Pflegekassen (i.S.d. Sozialversicherungsrechts) oder sonstigen Sozialversicherungsträgern allein oder gemeinsam die Parteifähigkeit erhalten, soweit sie das Quorum erfüllen. Bis dahin besaßen Arbeitsgemeinschaften nur das Recht der Beteiligung. Damit wurde dem Erfordernis Rechnung getragen, die Pflegekassen als Hauptkostenträger soweit wie möglich an den Vergütungsvereinbarungen zu beteiligen.
Die 5 %-Schwelle hat den Zweck, die Zahl der Vertragspartner des Pflegeheims nicht unpraktikabel hoch werden zu lassen.
Rz. 8
Ziel des Pflegesatzverfahrens ist der Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung. Die Pflegesatzvereinbarung ist wie der (statusbegründende) Versorgungsvertrag (§ 72), ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, bei dem sich beide Vertragsparteien – Heimträger und Leistungsträger – gleichrangig und gleichberechtigt gegenüberstehen (vgl. BayVGH, Beschluss v. 24.11.2004, 12 CE 04.2057, BayVBl 2005 S. 246).
Rz. 9
Die Einbindung des Pflegeheims in ein solches öffentlich-rechtliches Zulassungs- und Vergütungssystem kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des betroffenen Trägers erfolgen. Für beide Regelkreise – Versorgungsvertrag wie Pflegesatzvereinbarung – gilt daher (wie bei den Krankenhäusern und den Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen) das sog. Individualprinzip.
2.1 Träger der Pflegeheime
Rz. 10
Als Heimträger gilt die für den Betrieb des Pflegeheims nach innen und außen verantwortliche natürliche oder juristische Person. Dies können öffentliche, freigemeinnützige und private Pflegeheimträger sein. Als öffentliche Träger kommen i.d.R. Gebietskörperschaften (z.B. Kreise) oder entsprechende Zusammenschlüsse solcher Körperschaften, die als Zweckverbände bezeichnet werden, in Frage. Die freigemeinnützigen Träger sind meist kirchliche, sozial ausgerichtete Vereinigungen, oftmals über die Grenzen eines Landes hinausgehend, und insbesondere Stiftungen mit ähnlichen Zielsetzungen. Letztlich gibt es die privaten Pflegeheimträger, die als konzessionierte Erwerbsunternehmen zumindest über die entsprechende Anerkennung nach § 30 GewO verfügen.
Vertragspartner sowohl für den Abschluss von Versorgungsverträgen als auch von Pflegesatzvereinbarungen ist in beid...