Rz. 1
In Konzernen werden wesentliche Entscheidungen häufig nicht auf der Unternehmens-, sondern auf der Konzernebene getroffen. Zweck der Regelungen des sechsten Abschnitts ist es daher sicherzustellen, dass betriebsverfassungsrechtliche Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer nicht durch Verlagerung der Leitungsmacht auf die Konzernebene verloren gehen (BAG, Beschluss v. 22.11.1995, 7 ABR 9/95). Durch die Regelung über die Errichtung eines Konzernbetriebsrats soll eine Beteiligung der Arbeitnehmerschaft im Konzern an den die Einzelunternehmen bindenden Entscheidungen der Konzernleitung im sozialen, personellen und wirtschaftlichen Bereich sichergestellt werden (BAG, Beschluss v. 21.10.1995, 6 ABR 41/78). Darüber hinaus bezweckt die Regelung auch die Koordinierung möglicherweise divergierender Arbeitnehmerinteressen der einzelnen Konzernunternehmen.
Rz. 2
Der Konzernbetriebsrat tritt als dritte eigenständige Repräsentationsebene neben Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat. Ein Rangverhältnis zwischen Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat besteht demnach nicht. Ebenso wenig ist eine Erweiterung der Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte mit der Errichtung des Konzernbetriebsrats verbunden.
Rz. 3
Die praktische Bedeutung des Konzernbetriebsrats als betriebsverfassungsrechtliches Organ nimmt angesichts der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung von Konzernen infolge zunehmender Verflechtung von Unternehmen und der damit in der Regel verbundenen Verlagerung der Leitungsmacht auf die Konzernebene stetig zu. Trotz der beträchtlichen praktischen Bedeutung des Konzernbetriebsrats ist seine Errichtung – anders als im Fall des Gesamtbetriebsrats (vgl. § 47 BetrVG) – allerdings nicht zwingend vorgeschrieben. Die Errichtung des Konzernbetriebsrats hängt vielmehr von einer qualifizierten Entscheidung der in den betreffenden Konzernunternehmen bereits bestehenden Arbeitnehmervertretungen ab (§ 54 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BetrVG). Hintergrund dieser Regelung ist, dass nach der Auffassung des Gesetzgebers nicht in allen Konzernen ein Bedürfnis für einen Konzernbetriebsrat bestehen wird.
Rz. 4
Nach Abs. 1 sind grundsätzlich die in den Konzernunternehmen gebildeten Gesamtbetriebsräte für die Errichtung des Konzernbetriebsrats sowie die Entsendung und die Abberufung seiner Mitglieder zuständig. Abs. 2 regelt jedoch, dass überall dort, wo in einem Konzernunternehmen nur ein Betriebsrat besteht, dieser zuständig ist, soweit im Rahmen der §§ 54 ff. BetrVG einem Gesamtbetriebsrat Aufgaben zugewiesen sind.
Rz. 5
Die Vorschrift des § 54 BetrVG ist zwingend und kann weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abbedungen oder geändert werden. Dementsprechend ist eine Einrichtung von Konzernbetriebsräten gemäß § 54 BetrVG durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung nicht zulässig. Möglich ist aber die Schaffung anderer unternehmensübergreifender Arbeitnehmervertretungsstrukturen durch Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie durch Betriebsvereinbarung nach Maßgabe von § 3 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.
Rz. 6
Das BPersVG enthält keine dem § 54 BetrVG entsprechende Vorschrift. Das SprAuG regelt den Konzernsprecherausschuss in §§ 21–24 SprAuG. Die Konzernschwerbehindertenvertretung regeln § 59a BetrVG sowie § 97 Abs. 2 SGB IX. Die Errichtung der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung ist in § 73a Abs. 1 BetrVG geregelt.