LfSt Bayern, Schreiben vom 25.1.2021, S 0224.2.1-21/10 St43
Erteilung verbindlicher Auskünfte i.S. des § 89 Abs. 2 AO
Ergänzend zu den Ausführungen im AEAO zu § 89 und der Verfügung vom 30.08.2017, S 0224.1.1-5/24 St42 wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Antragstellung
Als Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft sind nur diejenigen Schreiben zu werten, die ausdrücklich als solche bezeichnet sind und alle in der Steuerauskunftsverordnung aufgeführten Angaben enthalten. Bei unvollständigen Anträgen – insbesondere in Fällen von erkennbar unvollständiger Sachverhaltsdarstellung – ist dem Antragsteller mit dem Hinweis einer ansonsten erfolgenden Ablehnung der Erteilung der Auskunft Gelegenheit zu geben, fehlende Angaben nachzuholen bzw. zu ergänzen.
2. Besonderes steuerliches Interesse
Ein besonderes steuerliches Interesse für die Erteilung von verbindlichen Auskünften ist nur gegeben
- bei Sachverhalten, die schwierig zu lösende steuerliche Fragen aufwerfen
- bei Fragestellungen, die nicht bereits durch ein im BStBl I veröffentlichtes BMF-Schreiben bzw. durch im BStBl II veröffentlichte BFH-Rechtsprechung geklärt worden sind. Eine Ablehnung der verbindlichen Auskunft ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn eindeutig erkennbar ist, dass auf den geschilderten Sachverhalt das BMF-Schreiben bzw. das BFH-Urteil angewendet werden kann.
3. Zuständigkeitsfragen und Zeichnung
Zuständig für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist die für die Festsetzung oder Feststellung zuständige Stelle. In besonders gelagerten Fällen ist der zuständige Hauptsachgebietsleiter zu beteiligen (Abschnitt 2.4 und 4.2 Abs. 2 FAGO 2010). Sind mehrere Stellen eines Finanzamts befasst, ist eine einheitliche Entscheidung herbeizuführen. Da das Finanzamt nicht verpflichtet ist, für die zu erteilende Auskunft Ermittlungen durchzuführen, sind die Außendienste vor Beantwortung der Auskunft nicht mit Sachverhaltsaufklärungen zu beauftragen. Soweit für einen Teil der erbetenen verbindlichen Auskunft ein anderes Finanzamt zuständig ist, ist der Antragsteller an dieses zu verweisen; erforderlichenfalls haben sich die Finanzämter abzusprechen.
Verbindliche Auskünfte stehen unter dem Zeichnungsvorbehalt des Sachgebietsleiters (vgl. Verfügung vom 21.12.2015, O 1543.2.1-3/12 St11 Tz. 1.4.1 der Anlage 2 zum Zeichnungsrecht in den Finanzämtern).
4. Beteiligung der Betriebsprüfung
Begehrt ein Steuerpflichtiger, der ständig der Außenprüfung unterliegt, eine verbindliche Auskunft, ist diese nur nach Rücksprache mit der für die Durchführung der Prüfung zuständigen Stelle zu erteilen.
5. Zuständigkeit für die Erteilung verbindlicher Auskünfte in Einbringungsfällen gemäß § 20 UmwStG
Für die Erteilung der verbindlichen Auskünfte in Einbringungsfällen nach § 20 UmwStG ist stets das Körperschaftsteuer-Finanzamt zuständig. Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG eingebracht und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft (Sacheinlage), so darf die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen. Gemäß § 20 Abs. 4 UmwStG gilt der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das Betriebsvermögen in Ausübung dieses Wahlrechts ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis der eingebrachten Wirtschaftsgüter und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile. Daraus folgt, dass zunächst über den Wertansatz bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zu entscheiden ist und dieser Wert dann auf die Besteuerungsebene des Einbringenden durchschlägt.
Auch wenn für die Prüfung des Wertansatzes bei der Kapitalgesellschaft überwiegend auf Faktoren abzustellen ist, die nur aus der Sicht des Einbringenden beurteilt werden können (z.B. das Erfordernis der Teilbetriebseigenschaft), ändert dieser Umstand nichts an der Primärzuständigkeit des Körperschaftsteuer-Finanzamts für die Erteilung verbindlicher Auskünfte in Einbringungsfällen. Das Finanzamt des Einbringenden sollte aber im Wege der Amtshilfe bei der Erteilung der verbindlichen Auskunft mitwirken.
Die Ausführungen hinsichtlich der Zuständigkeit zu Einbringungsfällen gelten ebenso für den Formwechsel in eine GmbH.
6. Zuständigkeit für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft in Fällen der Betriebsaufspaltung
Im Falle einer Betriebsaufspaltung ist hinsichtlich der Zuständigkeit für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft maßgebend, bei welchem Unternehmen sich die unmittelbaren steuerlichen Auswirkungen zeigen. Ggf. hat sich das für das Besitzunternehmen zuständige Finanzamt mit dem für das Betriebsunternehmen zuständigen Finanzamt abzustimmen.
7. Fälle von grundsätzlicher Bedeutung
Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft sind vorzulegen, wenn der Verdacht auf missbräuchliche Antragstellungen bei mehreren Finanzämtern besteht. Damit in diesen Fällen das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat und...