Entscheidungsstichwort (Thema)
Bau. Urlaubskasse. betrieblicher Geltungsbereich. Bauwirtschaft. Urlaubskassenverfahren
Leitsatz (amtlich)
- Eine in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage, die sich auf neues Vorbringen stützt, ist nur zulässig, wenn die Berücksichtigung der neuen Tatsachen nach § 67 ArbGG zugelassen ist.
- Bis zum 31. Dezember 2003 waren nach § 1 AEntG die das Urlaubskassenverfahren regelnden allgemeinverbindlichen Tarifverträge des Baugewerbes auf Arbeitsverhältnisse entsandter Arbeitnehmer anwendbar, soweit in einem Betrieb oder in einer selbständigen Betriebsabteilung iSd. § 211 Abs. 1 SGB III zumindest überwiegend baugewerbliche Leistungen erbracht wurden. Zusätzlich mussten die Voraussetzungen des Geltungsbereichs der Tarifverträge des Baugewerbes erfüllt sein. Mit der zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Neuregelung ist die Erweiterung des Betriebsbegriffs im AEntG entfallen. § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG verweist jetzt auf den im fachlichen Geltungsbereich der allgemeinverbindlichen Tarifverträge verwandten Betriebsbegriff.
- Die Erstreckung nach § 1 Abs. 1 AEntG findet nur statt, soweit die Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt sind. Fällt ein Betrieb unter den betrieblichen Geltungsbereich der am 17. Januar 2000 mit Wirkung vom 1. Juni 1999 eingeführten Einschänkungen der Allgemeinverbindlichkeit, ist das Urlaubskassenverfahren auf Arbeitsverhältnisse der dem Betrieb zuzuordnenden Arbeitnehmer nicht anwendbar.
- Die im Anhang der Allgemeinverbindlicherklärung enthaltene Einschränkung der Allgemeinverbindlichkeit für Betriebe der Metallindustrie stellt allein auf die fachliche Ausrichtung von Betrieben, nicht auf die selbständiger Betriebsabteilungen ab.
- Die Vorschrift des § 1 Abs. 4 AEntG ist zum 1. Januar 2004 aufgehoben worden. Sie kann auch für Zeiträume davor nicht mehr angewandt werden.
- Die Eintragung einer Zweigniederlassung in das Handelsregister begründet nach § 15 Abs. 3 HGB ein Vertrauen Dritter dahingehend, dass die Niederlassung tatsächlich selbständig geführt wird.
Orientierungssatz
- Die Zulässigkeit einer Widerklage in der Berufungsinstanz setzt voraus, dass das Gericht sie für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen hat (§ 533 ZPO). Über die Verwertbarkeit neuen Tatsachenvorbringens in der Berufungsinstanz ist unter Berücksichtigung von § 67 ArbGG zu entscheiden. Diese Bestimmung geht der Regelung des § 531 Abs. 2 ZPO als Spezialregelung vor. Nach § 67 Abs. 2 bis 4 ArbGG darf Vorbringen, das in der ersten Instanz hätte vorgebracht werden müssen, in der Berufungsinstanz vorgebracht werden, soweit dies den Rechtsstreit nicht verzögert. Daraus folgt, dass alles neue Vorbringen, das im Berufungsverfahren unstreitig ist, bei der Entscheidung über die Widerklage berücksichtigt werden muss. Es kann den Rechtsstreit nicht verzögern.
Für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge, die das Urlaubskassenverfahren des Baugewerbes regeln, waren bis zum 31. Dezember 2003 auf Arbeitsverhältnisse nach Deutschland entsandter Arbeitnehmer unter folgenden Voraussetzungen anwendbar:
- Der Arbeitnehmer arbeitete in einem Betrieb oder in einer selbständigen Betriebsabteilung iSd. § 211 Abs. 1 SGB III, in der überwiegend baugewerbliche Leistungen erbracht wurden, und
- diese Betriebsabteilung fiel unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge.
- Seit dem 1. Januar 2004 kommt es darauf an, ob das Arbeitsverhältnis dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge unterfällt.
- Die Erstreckung ist ausgeschlossen, soweit eine der Einschränkungen aus der Allgemeinverbindlicherklärung vom 17. Januar 2000 vorliegt.
- Soweit die Einschränkung Betriebe der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie ausnimmt, ist der fachliche Geltungsbereich der Ausnahme anhand des Gesamtbetriebes und nicht anhand der die entsandten Arbeitnehmer beschäftigenden Betriebsabteilung zu bestimmen. Anders lassen sich Überschneidungen zwischen dem fachlichen Geltungsbereich der Bautarifverträge und denen der Metall- und Elektroindustrie nicht vermeiden.
- Die zum 1. Januar 2004 aufgehobene Bestimmung des § 1 Abs. 4 AEntG, nach der die Gesamtheit der nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer als ein Betrieb galt, ist auch für Zeiten vor dem 1. Januar 2004 nicht mehr anwendbar.
- Nach § 15 Abs. 3 HGB begründet eine einzutragende und falsch veröffentlichte Tatsache zu Lasten desjenigen, der sie eintragen zu lassen hatte, ein Vertrauen Dritter, soweit diese die Unrichtigkeit nicht kannten. Auch die Errichtung einer Zweigniederlassung ist anzumelden und veröffentlichungspflichtig. Die Eintragung einer Zweigniederlassung begründet daher ein Vertrauen Dritter, dass diese einen eigenen von der Hauptniederlassung zu unterscheidenden selbständigen Mittelpunkt der Geschäfte bildet.
Normenkette
AEntG § 1; VTV, Fassung vom 28. Januar 1999 § 61; VTV Fassungen seit 2000 §§ 5-6, 18, 22; SGB III § 211 Abs. 1; ArbGG § 67; ZPO §§ 529, 531 Abs. 2, § 533
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. November 2003 – 16 Sa 576/00 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage unzulässig ist, soweit die Klägerin beantragt hat, festzustellen, dem Beklagten von Januar 1999 bis April 2002 keine Auskunft sowie für Januar bis September und Dezember 1999, Februar, März, September, November und Dezember 2000, für Januar bis Juli und Oktober bis Dezember 2001 und für Januar 2002 bis Mai 2003 keine Beiträge zu schulden. Sie wird weiter zurückgewiesen, soweit die Klägerin auf die Widerklage verurteilt worden ist, an den Beklagten 59.342,22 Euro zu zahlen.
Im Übrigen wird das Urteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, am Urlaubskassenverfahren des Baugewerbes teilzunehmen.
Die Klägerin ist eine GmbH polnischen Rechts. Sie ist im Handelsregister des Amtsgerichts Stuttgart eingetragen als “P… Germany Zweigniederlassung der P… P… Sp. z o.o. (Unternehmen für technische Dienstleistungen und Bauwesenrealisierung P… Gesellschaft mit beschränkter Haftung)” mit Sitz in Z/Polen und Zweigniederlassung in Stuttgart. Als Gegenstand des Unternehmens ist “Erbringung von Maurer-, Beton- und Stahlbetonarbeiten” angegeben.
Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den Vorschriften des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV) iVm. den Vorschriften des Tarifvertrages für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) die Aufgabe, die Auszahlung der tariflich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern.
Der VTV in der Fassung vom 28. Januar 1999 ist in Kraft getreten am 1. Januar 1999 (VTV/1999). Sowohl dieser Tarifvertrag als auch der BRTV idF vom 13. November 1998 wurden für allgemeinverbindlich erklärt (Allgemeinverbindlicherklärung AVE vom 19. März 1999, Bundesanzeiger Nr. 64 vom 7. April 1999 S. 5665). Der VTV idF vom 9. April 1999 sowie der BRTV idF vom 30. Juni 1999 sind am 17. Januar 2000 (Bundesanzeiger Nr. 20 vom 29. Januar 2000 S. 1385) mit Wirkung vom 1. Juni 1999 mit folgenden Einschränkungen für allgemeinverbindlich erklärt worden:
“I.
(1) Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich nicht auf Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland oder Ausland, die unter einen der im Anhang abgedruckten fachlichen Geltungsbereiche der am 1. Juli 1999 (Stichtag) geltenden Tarifverträge … der Metall- und Elektroindustrie fallen.
(2) Für Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen von Arbeitgebern mit Sitz im Inland gilt Absatz 1 nur dann, wenn sie
a) bereits am Stichtag unmittelbar oder mittelbar ordentliches Mitglied … eines Arbeitgeberverbandes im Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände (Gesamtmetall) waren …”
Der Anhang lautet insoweit wie folgt:
“Metall- und Elektroindustrie
Für alle Betriebe der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie; darunter fallen – ohne Rücksicht auf die verarbeiteten Grundstoffe – insbesondere folgende Fachzweige:
1. Eisen- und Stahlerzeugung (einschließlich -halbzeugwerke), NE-Metallerzeugung (einschließlich -halbzeugwerke), Eisen-, Stahl- und Tempergießereien, NE-Metallgießerei, Ziehereien und Kaltwalzwerke, Stahlverformung, Oberflächenveredelung und Härtung, Schlosserei, Schweißerei, Schleiferei und Schmiederei, Stahl- und Leichtmetallbau, Maschinenbau, Straßenfahrzeugbau, Schiffbau, Luftfahrzeugbau, Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik, Herstellung und Reparatur von Uhren, Herstellung von Eisen-, Metall- und Blechwaren;
nur soweit sie aus Metall gefertigt sind:
Herstellung von Musikinstrumenten, Sportgeräten, Spiel- und Schmuckwaren;
2. Metall-Filterbau, Elektronik, Steuerungs-, Regel- und Messtechnik, Verfahrenstechnik, Atomphysik, Kerntechnik und Strahlentechnik;
3. Verwaltungen, Niederlassungen, Forschungs- und Entwicklungsbetriebe, Konstruktionsbüros, Montagestellen sowie alle Hilfs- und Nebenbetriebe vorgenannter Fachzweige und Betriebe, die über keine eigene Produktionsstätte verfügen, jedoch Montagen ausführen, die dem fachlichen Geltungsbereich entsprechen.
Für alle außerbetrieblichen Arbeitsstellen (Montagen) der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie einschließlich des Fahrleitungs-, Freileitungs-, Ortsnetz- und Kabelbaues mit Ausnahme des Zentralheizungs- und Lüftungsbaues sowie der Arbeitsstellen auf Schiffen auf Fahrt.”
Ab dem Jahre 2000 galten die Fassungen des BRTV und des VTV (VTV/2000), die durch Tarifverträge vom 20. Dezember 1999 geändert wurden und am 14. März 2000 für allgemeinverbindlich erklärt worden sind (BAnz. Nr. 61 vom 28. März 2000 S. 5337). Durch tarifliche Regelungen vom 4. Juli 2002 wurden sowohl der VTV (VTV/2000) als auch der BRTV geändert. Beide Änderungen wurden mit Wirkung vom 1. September 2002 für allgemeinverbindlich erklärt (hinsichtlich des VTV durch AVE vom 30. Oktober 2002, Bekanntmachung im BAnz. Nr. 218 vom 22. November 2002 S. 25297; hinsichtlich des BRTV durch AVE vom 30. Januar 2003, bekannt gemacht im BAnz. Nr. 34 vom 19. Februar 2003 S. 3025). Alle Allgemeinverbindlicherklärungen enthielten dieselben Einschränkungen wie die AVE vom 17. Januar 2000.
Die Klägerin verrichtet in Polen Bauarbeiten und andere Tätigkeiten. Außerdem erbringt sie jedenfalls seit 1999 im Rahmen von Werkverträgen überwiegend baugewerbliche Arbeiten in der Bundesrepublik Deutschland und entsendet zu diesem Zweck ständig polnische Arbeitnehmer. Die von ihr entsandten Arbeitnehmer werden vorher in Polen erprobt und später nach ihrer Entsendung wieder in Polen eingesetzt.
Der Geschäftsführer der Klägerin hält sich häufig in Stuttgart auf. Auf den einzelnen Baustellen setzt die Klägerin Bauleiter ein. Ob deren Tätigkeit – wie der Beklagte behauptet – von der Niederlassung Stuttgart aus koordiniert wird oder ob – wie die Klägerin behauptet – von dort aus vor allem die Lohnsteuerabrechnung gegenüber dem deutschen Finanzamt durchgeführt und ansonsten nur dem Geschäftsführer zugearbeitet wird, ist streitig geblieben. Ebenso ist streitig geblieben, ob die Klägerin – wie es der Beklagte behauptet – bei ihren Verträgen mit deutschen Auftragnehmern als “deutsche” GmbH auftritt. Die Klägerin behauptet, in Stuttgart keine Stammarbeitnehmer mit dauernder Aufenthaltserlaubnis einzusetzen.
Die Klägerin unterhält zusätzlich in C/Polen ein Metallwerk. Darin werden Metallteile für die Automobilindustrie gefertigt. Gelegentlich werden auch Metallteile für Bauten hergestellt, jedoch nicht von Arbeitnehmern der Klägerin selber eingebaut. In diesem Metallwerk gibt es einen Werkleiter und weitere Mitarbeiter des technischen Aufsichtspersonals, nämlich Vorarbeiter und Schichtführer. Diesen stehen keine unternehmerischen oder kaufmännischen Befugnisse zu. Es gibt in technischer Hinsicht “gewisse Organisationsstrukturen”, jedoch kein eigenes Rechnungswesen. Bis Februar 2002 bestand in Polen auch eine Schreinerwerkstatt, die ganz überwiegend Verpackungs- und Transportmaterialen für die im Metallwerk erstellten Metallteile fertigte. Die Klägerin entsandte bis 2002 außerdem Arbeitnehmer nach Ungarn, die dort für die Automobilindustrie tätig wurden. Zwischen den verschiedenen Beschäftigungsbereichen findet häufig ein Austausch statt.
Der Beklagte nimmt die Klägerin hinsichtlich ihrer nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer für das Urlaubskassenverfahren für Zeiträume ab 1999 in Anspruch. Dagegen wehrt sich die Klägerin mit der negativen Feststellungsklage. Der Beklagte hat im Berufungsverfahren Widerklage auf Zahlung rechnerisch unstreitiger Beiträge für das Jahr 1999 in Höhe von 146.469,80 Euro erhoben, von denen 59.342,22 Euro auf Zeiträume bis Ende Mai 1999 entfielen. In einem gesonderten Verfahren – Arbeitsgericht Wiesbaden, 7 Ca 1749/02 – klagt der Beklagte Beiträge für den Zeitraum Januar 2000 bis Mai 2003 ein. Die hiesige Klägerin und dortige Beklagte hat bereits Klageabweisung beantragt. Die Klägerin hat unter Vorbehalt Auskünfte für den Zeitraum Januar 1999 bis April 2002 erteilt und Beitragszahlungen für die Monate Oktober und November 1999, Januar, April bis August und Oktober 2000 sowie August und September 2001 erbracht, die der Beklagte sowohl in der Widerklage, als auch im gesonderten Verfahren bei der Berechnung der Klageforderung berücksichtigt.
Die Klägerin ist der Ansicht, einen einheitlichen Betrieb ohne Untergliederung in Betriebsabteilungen, jedenfalls ohne selbständige Betriebsabteilungen, zu führen. Sie hat unter Bezifferung im Einzelnen behauptet, von Januar 1999 bis Mai 2002 in allen Monaten, mit Ausnahme von September 2001 und Dezember 2001, in denen geringfügig die Bauleistungen überwogen hätten, überwiegend baufremde Leistungen erbracht zu haben. Sie hat weiter vorgetragen, die Urlaubsansprüche ihrer Arbeitnehmer für das Jahr 1999 ordnungsgemäß abgewickelt zu haben. Schon allein deshalb könne der Beklagte für dieses Jahr keine Beiträge verlangen.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass sie gegenüber dem Beklagten seit dem 1. Januar 1999 keine Auskunfts- und Beitragsverpflichtungen bezüglich der von ihr in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer, die im Rahmen von Werkverträgen auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt werden, treffen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat widerklagend beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an ihn 146.469,80 Euro zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Die Klägerin hat zunächst vor dem Arbeitsgericht beantragt, festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, am Urlaubskassenverfahren des Beklagten für außerhalb Deutschlands ansässige Arbeitgeber hinsichtlich ihrer in Deutschland beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer gem. den §§ 55 bis 71 des VTV/1999 sowie § 8 des BRTV vom 3. Februar 1981 in der Fassung vom 13. November 1998 teilzunehmen. Das Arbeitsgericht hat diesem Antrag entsprechend erkannt. Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin klargestellt, dass sich ihr Feststellungsantrag nicht nur auf die von ihr ursprünglich genannte Fassung der maßgeblichen Tarifverträge bezieht. Der Beklagte hat widerklagend die Beiträge für 1999 geltend gemacht. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Mit ihrer am 12. Februar 2004 eingegangenen Revision verfolgt die Klägerin den zuletzt gestellten Feststellungsantrag weiter und begehrt die Abweisung der Widerklage.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nur teilweise begründet. Soweit sie begründet ist, war der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Feststellungsklage ist nur zum Teil zulässig. Über die Begründetheit der Klage und der Widerklage kann der Senat auf Grund der bislang getroffenen Feststellungen lediglich zum Teil abschließend entscheiden. Im Übrigen bedarf es weiterer Feststellungen.
A. Die Klage ist nur teilweise, die Widerklage insgesamt zulässig.
I. Die Klage ist insoweit unzulässig, als die Klägerin für die Zeiträume von Januar 1999 bis April 2002 festgestellt wissen will, dass sie gegenüber dem Beklagten keine Auskunftspflichten treffen und dass sie hinsichtlich der Monate Januar bis September und Dezember 1999, Februar, März, September, November und Dezember 2000, Januar bis Juli und Oktober bis Dezember 2001 sowie ab Januar 2002 bis Mai 2003 keine Beiträge zu zahlen hat.
1. Die Klägerin hat dem Beklagten für Januar 1999 bis April 2002 die erforderlichen Auskünfte erteilt. Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, kann eine einmal erteilte Auskunft nicht zurückgewährt werden. Es besteht deshalb für die Klägerin kein Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) daran, die mangelnde Verpflichtung zur Auskunftserteilung feststellen zu lassen.
2. Hinsichtlich der Pflicht zur Zahlung von Beiträgen hat die Klägerin für die Zeiträume kein Feststellungsinteresse, für die sie von dem Beklagten im Wege der Leistungsklage auf Zahlung eines abschließend berechneten Beitrages in Anspruch genommen wird und hinsichtlich derer sie auch keine Zahlungen erbracht hat, wegen derer Rückforderungen bestehen können. Das sind die Monate Oktober und November 1999, Januar, April bis August und Oktober 2000 sowie August und September 2001.
a) Das rechtliche Interesse an einer negativen Feststellungsklage entfällt, wenn eine auf Durchsetzung desselben Anspruchs gerichtete Leistungsklage erhoben wird und diese einseitig nicht mehr zurückgenommen werden kann (Senat 25. Juni 2002 – 9 AZR 439/01 – BAGE 102, 1; BGH 22. Januar 1987 – I ZR 230/85 – BGHZ 99, 340). Das ist hinsichtlich der widerklagend und im gesonderten Verfahren vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden eingeklagten Beiträge der Fall, da die Klägerin bereits einen Abweisungsantrag gestellt hat (§ 269 Abs. 1 ZPO). Das gilt jedoch insoweit nicht, als der Beklagte im Rahmen dieser Verfahren vorbehaltlich geleistete Zahlungen der Klägerin bei der Beitragsforderung angerechnet hat. Sie sind nicht Gegenstand der Zahlungsklage des Beklagten und über sie kann deshalb im Rahmen der vom Beklagten gestellten Leistungsanträge nicht rechtskräftig entschieden werden. Im Hinblick darauf, dass die Beitragspflicht nach den streitbefangenen tariflichen Regelungen nur monatlich entsteht (§ 61 Abs. 3 Satz 1 VTV/1999 und § 22 Abs. 1 Satz 1 VTV/2000 und VTV/2002), ist auch hinsichtlich des Feststellungsinteresses auf den Monat abzustellen.
b) Das Feststellungsinteresse bleibt hinsichtlich der von der Widerklage erfassten Zeiträume nicht deshalb bestehen, weil die Widerklage etwa unzulässig wäre. Das ist nicht der Fall.
II. Die Widerklage ist zulässig.
1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Erhebung der Widerklage folgt aus § 8 Satz 2 AEntG.
2. Die Widerklage konnte zulässigerweise auch noch in der Berufungsinstanz erhoben werden. Nach § 533 ZPO ist die Erhebung einer Widerklage in der Berufungsinstanz ua. zulässig, wenn das Gericht dies für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
a) Die Sachdienlichkeit der Widerklage ist nicht mehr zu überprüfen, wenn – wie hier – das Landesarbeitsgericht über die Widerklage in der Sache entschieden hat (vgl. Senat 20. Juli 2004 – 9 AZR 369/03 – EzA AEntG § 1 Nr. 4).
b) Über die Widerklage konnte auch auf Grund von Tatsachen entschieden werden, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung über die Berufung zugrunde zu legen hat. Die Entscheidung über die Widerklage beruht auf dem erstinstanzlichen Vorbringen zur Klage, das ohne weiteres berücksichtigungsfähig ist, und neuem, in der Berufungsinstanz unstreitig gebliebenen Vorbringen des Beklagten hinsichtlich der Höhe der Forderung. Auch dieses Vorbringen ist in der Berufungsinstanz berücksichtigungsfähig.
Ob und inwieweit die Berücksichtigung neuer Tatsachen in der Berufungsinstanz zulässig ist, richtet sich nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO, sondern nach der Spezialregelung in § 67 ArbGG (Schmidt/Schwab/Wildschütz NZA 2001, 1217, 1218; GKArbGG/Stahlhacke Stand Dezember 2004 § 67 ArbGG Rn. 11; Schwab/Weth/Schwab ArbGG § 67 Rn. 2; Ostrowicz/Künzl/Schäfer Der Arbeitsgerichtsprozess 2. Aufl. Rn. 194; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. § 67 Rn. 2).
Ihrem Wortlaut nach befasst sich die Vorschrift des § 67 ArbGG mit Vorbringen, hinsichtlich dessen die Verspätungsregeln erster Instanz eingreifen. Wurde danach Vorbringen im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen, verbleibt es dabei auch im Berufungsrechtszug (§ 67 Abs. 1 ArbGG). Ansonsten ist die Verwertung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel zwar eingeschränkt, aber zulässig, soweit dadurch der Rechtsstreit nicht verzögert wird (§ 67 Abs. 2 bis 4 ArbGG). Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die – wie hier das für die Klage unerhebliche aber für die Widerklage erforderliche Vorbringen zur Höhe der Beitragsforderungen – von den erstinstanzlichen Verspätungsregeln gar nicht erfasst sind, können nicht schlechter behandelt werden als neues Vorbringen, das bereits in der ersten Instanz hätte vorgebracht werden müssen. Sie sind jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn sie den Rechtsstreit nicht verzögern. Wird in der zweiten Instanz Vorbringen – wie hier – unstreitig, so verzögert dessen Berücksichtigung den Rechtsstreit nicht.
B. Soweit die Klage zulässig ist, kann der Senat auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht beurteilen, ob sie begründet ist.
Eine Pflicht zur Erteilung von Auskünften kommt nach § 59 VTV/1999, §§ 5 und 6 VTV/2000 sowie §§ 5 und 6 VTV/2002, eine Pflicht zur Zahlung von Beiträgen nach § 61 VTV/1999 sowie § 18 VTV/2000 und VTV/2002 insoweit jeweils iVm. § 1 Abs. 3 AEntG in Betracht. Für die Beurteilung des Senats maßgeblich sind das Vorbringen und die Feststellungen im Berufungsverfahren (§ 559 ZPO) sowie das zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung geltende Recht (dazu Senat 16. März 2004 – 9 AZR 93/03 – AP ArbZG § 2 Nr. 2 = EzA ArbZG § 7 Nr. 7, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Während des streitbefangenen Zeitraumes, der im Jahr 1999 begann, waren die allgemeinverbindlichen Bestimmungen des VTV in ihrer jeweiligen Fassung auf die Arbeitsverhältnisse der von der Klägerin nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer erstreckt. Das galt sowohl nach der Fassung das AEntG, wie sie bis zum 31. Dezember 2003 in Kraft war, als auch nach der durch Art. 92 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, verkündet am 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848), geänderten Fassung, die vor Einlegung der Revision mit dem Beginn des Monats nach der Verkündung des Gesetzes, also am 1. Januar 2004 in Kraft trat (Art. 124 Abs. 1). Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Klägerin ab Juni 1999 den für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie geltenden Einschränkungen der jeweiligen Allgemeinverbindlichkeit unterfällt. Insoweit bedarf es noch weiterer Feststellungen. Im Einzelnen gilt:
I. Soweit die Tarifverträge des Baugewerbes für allgemeinverbindlich erklärt waren, sind sie auf die Arbeitsverhältnisse der von der Klägerin nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer nach dem AEntG wirksam erstreckt worden.
1. Für die Erfassung der Arbeitsverhältnisse war und ist nach § 1 AEntG iVm. § 211 Abs. 1 SGB III das überwiegende Erbringen baulicher Leistungen im fachlichen Geltungsbereich der erstreckten Tarifverträge maßgebend. Ist das der Fall, werden die das Urlaubskassenverfahren des Baugewerbes regelnden Tarifverträge auf die Arbeitsverhältnisse entsandter Arbeitnehmer erstreckt. Rechtliche Bedenken gegen die Erstreckung selbst oder gegen die Wirksamkeit der erstreckten tariflichen Vorschriften bestehen nicht.
a) Bis zum 31. Dezember 2003 galt Folgendes:
aa) Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 AEntG sind allgemeinverbindliche Tarifverträge einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien, welche die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen, die Dauer des Erholungsurlaubs, das Urlaubsentgelt oder ein zusätzliches Urlaubsgeld zum Gegenstand haben, auch auf das Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinen im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmern zwingend anwendbar. Die Erstreckung erfasst die im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer, wenn der Betrieb überwiegend Bauleistungen iSd. § 211 Abs. 1 SGB III erbringt.
Die den Urlaub und das Urlaubskassenverfahren regelnden Tarifverträge des Baugewerbes erfüllen die rechtlichen Anforderungen, welche an die zu erstreckenden Tarifverträge zu stellen sind (ständige Rechtsprechung, zuletzt Senat 20. Juli 2004 – 9 AZR 343/03 – AP AEntG § 1 Nr. 18 = EzA AEntG § 1 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Betrieblich war nach diesen Regelungen Voraussetzung für die Erstreckung, dass entweder ein Betrieb des Baugewerbes, der gewerblich überwiegend Bauleistungen auf dem Arbeitsmarkt erbringt, vorliegt (§ 211 Abs. 1 Satz 1 SGB III) oder dass eine Betriebsabteilung diese Voraussetzungen erfüllte (§ 211 Abs. 1 Satz 4 SGB III; vgl. Senat 25. Juni 2002 – 9 AZR 405/00 – BAGE 101, 357).
Betrieb in diesem Sinne ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Unternehmer mit Hilfe sächlicher und sonstiger Betriebsmittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt (BSG 12. August 1987 – 10 RAr 13/85 – SozR 4100 § 186a Nr. 22). Eine Betriebsabteilung in diesem Sinne ist ein räumlich, personell und organisatorisch vom Gesamtbetrieb abgegrenzter Betriebsteil, der mit eigenen technischen Betriebsmitteln einen eigenen Betriebszweck verfolgt, der auch ein Hilfszweck sein kann. Entscheidendes Kriterium ist die Abgrenzbarkeit vom Gesamtbetrieb (BSG 20. Januar 1982 – 10/8b RAr 9/80 – SozR 4100 § 75 Nr. 9).
bb) Die das Urlaubsrecht betreffenden Tarifverträge der Bauwirtschaft, nämlich der BRTV und der VTV/1999, der VTV/2000 sowie der VTV/2002 stellen ihrerseits für ihren “betrieblichen Geltungsbereich” darauf ab, ob ein Betrieb oder eine “selbständige” Betriebsabteilung vorliegt (jeweils § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabschn. 1 Satz 1 und 2).
Betrieb in diesem Sinne ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (BAG 3. Dezember 2003 – 10 AZR 107/03 –). Der Begriff des Betriebes deckt sich damit mit dem in § 211 Abs. 1 Satz 1 SGB III gebrauchten Betriebsbegriff.
Soweit der Tarifvertrag auch eine selbständige Betriebsabteilung als Betrieb behandelt, setzt dies voraus, dass sich der maßgebliche Bereich nicht nur durch eine besondere personelle Einheit, organisatorische Abgrenzbarkeit, eigene technische Betriebsmittel und einen autonomen, spezifischen Zweck heraushebt, sondern darüber hinaus eine auch für Außenstehende wahrnehmbare räumliche und organisatorische Abgrenzung erfahren hat. Eine bloße betriebsinterne Spezialisierung derart, dass getrennte Arbeitsgruppen jeweils bestimmte Aufgaben versehen, genügt für die Annahme einer selbständigen Betriebsabteilung nicht (BAG 28. Juli 2004 – 10 AZR 580/03 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 268 = EzA ArbGG 1979 § 61 Nr. 18, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 13. Mai 2004 – 10 AZR 120/03 – AP TVG § 1 Nr. 265). Dieser Begriff der “selbständigen” Betriebsabteilung ist enger, als der in § 211 Abs. 1 Satz 4 SGB III gebrauchte Begriff der Betriebsabteilung. Die räumliche und organisatorische Abgrenzung muss auch für Außenstehende wahrnehmbar sein.
Die mit Wirkung vom 1. September 2002 für allgemeinverbindlich erklärten Neufassungen des BRTV und des VTV enthalten zudem in § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabschn. 1 einen neu eingefügten Satz 3. Danach gilt auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die außerhalb der stationären Betriebsstätte eines nicht baugewerblichen Betriebes baugewerbliche Arbeiten ausführt, als selbständige Betriebsabteilung. Die Auslegung ergibt, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn mehrere baugewerblich tätige Arbeitnehmer in einer koordinierten Form baugewerbliche Arbeiten durchführen.
b) Mit der Neufassung des AEntG ab 1. Januar 2004 gilt:
Das Gesetz stellt für die Erstreckung von Tarifverträgen allein darauf ab, ob ein Betrieb oder eine selbständige Betriebsabteilung im Sinne des fachlichen Geltungsbereiches der erstreckten Tarifverträge überwiegend Bauleistungen erbringt. Der Gesetzgeber hat bewusst und gewollt auf die von den Tarifvertragsparteien autonom zu vereinbarende Bezugsgröße – Betrieb oder selbständige Betriebsabteilung – abgestellt (BT-Drucks. 15/1515 S. 131). Soweit unter Berücksichtigung von § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabschn. 1 Satz 3 BRTV und VTV/2002 ein Betrieb dem tariflichen Geltungsbereich unterfällt, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen der Erstreckung vor, soweit der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist.
c) Weder gegen die Wirksamkeit der erstreckten Tarifverträge noch gegen deren Erstreckung auf Grund des § 1 AEntG bestehen rechtliche Bedenken. Das hat der Senat für aus Polen entsandte Arbeitnehmer bereits entschieden (25. Juni 2002 – 9 AZR 405/00 – BAGE 101, 357). Die Rechtslage hat sich nach dem Beitritt Polens zur EG am 1. Mai 2004 auch nicht geändert (vgl. Senat 20. Juli 2004 – 9 AZR 343/03 – AP AEntG § 1 Nr. 18 = EzA AEntG § 1 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, betreffend Portugal). Daran wird festgehalten. Die Revision stützt sich auf keine neuen Argumente.
2. Die im Ausland ansässige Klägerin, die in Deutschland mit den von ihr entsandten Arbeitnehmern überwiegend Bauleistungen erbringt, unterhält hier zwar keinen Betrieb, wohl aber eine Betriebsabteilung iSv. § 211 Abs. 1 Satz 4 SGB III und eine selbständige Betriebsabteilung iSd. Tarifverträge des Baugewerbes.
a) Die Klägerin erbringt Bauleistungen in Deutschland und hat dafür eine Niederlassung ins Handelsregister eingetragen. Die Tätigkeit in Deutschland wird nach dem Vorbringen des Beklagten von dem alleinigen Geschäftsführer gesteuert. Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Aktivitäten der Klägerin in Polen und ihre Bauaktivitäten in Deutschland organisatorisch voneinander unabhängig sind. Dazu hätte es Feststellungen über das Vorhandensein einer eigenen Betriebsleitung für die Betriebsstätte in Polen bedurft. Das Fehlen einer derartigen Leitungsebene steht auch der Annahme entgegen, die Klägerin unterhielte in Deutschland einen eigenständigen Betrieb.
b) Da die Klägerin in Deutschland eine Zweigniederlassung in das Handelsregister eingetragen hat, ist allerdings vom Bestehen einer selbständigen Betriebsabteilung iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabschn. 1 Satz 2 der verschiedenen Fassungen des BRTV und des VTV sowie einer Betriebsabteilung iSv. § 211 Abs. 1 Satz 4 SGB III auszugehen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (25. Juni 2002 – 9 AZR 322/01 –) ist eine Betriebsabteilung in Deutschland jedenfalls gegeben, wenn der ausländische Arbeitgeber hier eine Niederlassung unterhält, von der aus er den Einsatz in Deutschland koordiniert. Daran ist festzuhalten. Unter den genannten Voraussetzungen ist die Tätigkeit hinreichend abgrenzbar. Da unter diesen Umständen die Abgrenzung auch räumlich und organisatorisch für Außenstehende wahrnehmbar ist, reichen diese Voraussetzungen auch aus, um eine “selbständige” Betriebsabteilung anzunehmen.
bb) Die Klägerin unterhält eine in Stuttgart eingetragene Zweigniederlassung. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, dass eine gewisse Selbständigkeit wesentliches Merkmal für eine Zweigniederlassung ist. Sie muss gegenüber der Hauptniederlassung weitgehend verselbständigt sein und es muss möglich sein, sie ohne die Hauptniederlassung selbständig weiterzuführen. Eine Zweigniederlassung bildet einen eigenen von der Hauptniederlassung zu unterscheidenden selbständigen Mittelpunkt der Geschäfte und ist ein abgesonderter Teil des Gesamtunternehmens (BayObLG 11. Mai 1979 – BReg. 1 Z 21/79 – DB 1979, 1936 = BB 1980, 335).
Nach § 15 Abs. 3 HGB begründet eine einzutragende und falsch veröffentlichte Tatsache zu Lasten desjenigen, der sie eintragen zu lassen hatte, ein Vertrauen Dritter, soweit diese die Unrichtigkeit nicht kannten. Eine juristische Person hat die Errichtung einer Zweigniederlassung zum Handelsregister anzumelden, diese ist auch veröffentlichungspflichtig (§ 13 Abs. 1 und 6 Nr. 1, 1. Alt. HGB iVm. §§ 13d, 13e und 13g HGB). Dementsprechend hat die Klägerin ihre Niederlassung in Stuttgart angemeldet. Dass die Veröffentlichung unterblieben wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Damit kann sich jeder Dritte darauf berufen, dass tatsächlich eine Zweigstelle mit der gesetzlich vorausgesetzten Selbständigkeit besteht (BayObLG 11. Mai 1979 – BReg. 1 Z 21/79 – DB 1979, 1936 = BB 1980, 335). Auch die Registereintragung einer Zweigniederlassung hat den Zweck, die Verhältnisse möglichst deutlich wiederzugeben (BGH 21. März 1988 – II ZB 69/87 – BGHZ 104, 61). Es ist deshalb zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass in der Zweigniederlassung Stuttgart der Klägerin tatsächlich selbständig Geschäfte geführt werden. Angesichts der sonstigen Umstände und des eingetragenen Geschäftszwecks, der sich allein auf Bauleistungen bezieht, kann es sich dabei nur um eine selbständige Bauabteilung handeln.
c) Mit der seit dem 1. September 2002 allgemeinverbindlich gewordenen Einfügung des § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabschn. 1 Satz 3 in den BRTV und den VTV wurde der tarifliche Begriff der selbständigen Betriebsabteilung erweitert. Nunmehr gilt bereits eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die außerhalb der stationären Betriebsstätte eines nicht baugewerblichen Betriebes baugewerbliche Arbeiten ausführt, als selbständige Betriebsabteilung. Der Begriff der Betriebsabteilung, der für die gesetzlichen Erstreckungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 AEntG wegen der Verweisung auf § 211 Abs. 1 Satz 4 SGB III erheblich ist, wurde dadurch nicht ausgedehnt. Erst seit der am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Änderung des AEntG ist für die Anwendung der allgemeinverbindlich erstreckten Tarifverträge auf diesen erweiterten Begriff der selbständigen Betriebsabteilung abzustellen. Da die Klägerin in Deutschland bereits nach dem engeren Begriff eine selbständige Betriebsabteilung unterhielt, erfüllt diese auch die erweiterten tariflichen und gesetzlichen Voraussetzungen für den fachlichen Geltungsbereich der gesetzlichen Erstreckung und der erstreckten Tarifverträge.
II. Fraglich ist, ob die Textfassung der AVE des BRTV und des VTV/1999 vom 17. Januar 2000, die auch inhaltsgleich den späteren Allgemeinverbindlicherklärungen des VTV/2000 und des VTV/2002 zugrunde liegt, die Tätigkeit der Klägerin in Deutschland erfasst und diese Tarifverträge deshalb nach § 1 Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 AEntG auf die Klägerin erstreckt wurden. Nach den bisherigen Feststellungen ist offen, ob die hier bestehende selbständige Betriebsabteilung unter die für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie in der AVE getroffene Einschränkung des Geltungsbereichs der allgemeinverbindlichen Tarifvertragswerke fällt.
1. Die Einschränkung der Allgemeinverbindlicherklärung für Betriebe der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie wurde erstmals in der AVE vom 17. Januar 2000 vorgenommen. Mit dieser AVE wurde rückwirkend zum 1. Juni 1999 erneut – aber nunmehr mit der Einschränkung – auch der VTV/1999 für allgemeinverbindlich erklärt. Ab diesem Zeitpunkt waren die Einschränkungen der Allgemeinverbindlichkeit deshalb für die Anwendung der Tarifverträge des Baugewerbes im Rahmen der Erstreckung nach § 1 AEntG maßgebend. Eine derartige Einschränkung des fachlichen Geltungsbereiches der Allgemeinverbindlicherklärung ist zulässig (allg. Meinung, vgl. Lakies in Däubler TVG § 5 Rn. 173 mwN).
Der in I (1) der Einschränkung genannte Stichtag des 1. Juli 1999 betraf nicht das Wirksamwerden der Einschränkung, sondern lediglich die Anwendbarkeit von I (2) a) der Einschränkung auf Arbeitgeber mit Sitz im Inland. Für diese gilt die Einschränkung lediglich dann, wenn sie am Stichtag weitere Voraussetzungen hinsichtlich der Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden erfüllen.
Für die Begründetheit der Klage kommt es auf die AVE-Einschränkung an, da die Klage – soweit sie zulässig ist – die Beitragspflicht seit Oktober 1999 betrifft.
2. Die Klägerin als Arbeitgeberin mit Sitz im Ausland ist nach I (1) mit ihrer selbständigen Betriebsabteilung dann nicht von der Erstreckung des BRTV und des VTV erfasst, wenn sie die Voraussetzungen des fachlichen Geltungsbereiches der Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie erfüllt, wie sie im Anhang zur Einschränkung der AVE wiedergegeben sind.
a) Maßgeblich für die Prüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist der von der Klägerin unterhaltene Betrieb. Auf die in Deutschland gegebene Betriebsabteilung kann nicht abgestellt werden.
Der fachliche Geltungsbereich der im Anhang zur AVE inhaltlich wiedergegebenen Tarifverträge der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie stellt – anders als der des BRTV und des VTV – auf “Betriebe” und damit nicht auf Betriebsabteilungen oder selbständige Betriebsabteilungen ab. Das ergibt sich aus Satz 1, Eingangssatz. Etwas anderes kann auch nicht aus Satz 2 der abgedruckten Regelungen über den betrieblichen Geltungsbereich geschlossen werden. Soweit dort “außerbetriebliche Arbeitsstellen” angesprochen sind, kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass diese im Einzelfall keinen Betrieb, sondern lediglich eine Betriebsabteilung darstellen. Die ausdrückliche Erfassung dieser außerbetrieblichen Arbeitsstellen dient dazu, die schwierige Abgrenzung im Einzelfall entbehrlich zu machen.
Für die Bestimmung der Reichweite der AVE-Einschränkungen hinsichtlich der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie ist die jeweilige selbständige Betriebsabteilung nicht schon deshalb maßgeblich, weil diese ausdrücklich in I (1) der Regelung erwähnt ist. Daraus folgt lediglich, dass hinsichtlich jeder selbständigen Betriebsabteilung zu prüfen ist, ob diese unter den fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie, wie sie in die AVE-Einschränkung aufgenommen wurden, fällt. Ob eine selbständige Betriebsabteilung danach eigenständig oder als Teil eines Betriebes zu behandeln ist, muss anhand dieses fachlichen Geltungsbereiches ermittelt werden.
Das ergibt sich auch aus dem mit der Allgemeinverbindlichkeit verfolgten Zweck der Einschränkung. Sie soll Überschneidungen zwischen den fachlichen Geltungsbereichen von BRTV und VTV einerseits und den Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie andererseits vermeiden. Soweit es Arbeitgeber mit Sitz im Ausland betrifft, soll sie deren Benachteiligung gegenüber deutschen Arbeitgebern, die allein die Möglichkeit haben, Verbandsmitglied zu werden, verhindern (vgl. Hessisches LAG 9. August 2004 – 16/10 Sa 705/03 –). Daher ist auf den jeweiligen Geltungsbereich der sich überschneidenden Tarifverträge abzustellen.
b) Etwas anderes folgt auch nicht aus § 1 Abs. 4 AEntG, wonach für die Zuordnung zum betrieblichen Geltungsbereich eines erstreckten Tarifvertrages die vom Arbeitgeber mit Sitz im Ausland im Inland eingesetzten Arbeitnehmer in ihrer Gesamtheit als Betrieb galten.
aa) Die Bestimmung ist zum 1. Januar 2004 durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt aufgehoben worden. Hintergrund dessen war, dass der EuGH (25. Oktober 2001 – C-49/98 ua. – Finalarte u.a. EuGHE I 2001, 7884) diese Regelung als gemeinschaftsrechtlich unzulässige Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 59, 60 EG-Vertrag, jetzt Art. 49, 50 EG) beanstandet hat. Dieses Urteil sollte umgesetzt und auf eine eigenständige gesetzliche Sonderregelung für ausländische Betriebe verzichtet werden (BT-Drucks. 15/1515 S. 131). Der Gesetzgeber wollte also das Urteil für alle ausländischen Arbeitgeber, auch solche mit Sitz außerhalb der EG, zur Anwendung bringen. Es sollte ein Rechtszustand hergestellt werden, wie er hinsichtlich von Arbeitgebern mit Sitz in der EG der europarechtlichen Lage entspricht. Die Anwendung von § 1 Abs. 4 AEntG durch Organe – auch Gerichte – der Mitgliedsstaaten ist insoweit unabhängig vom Zeitraum, für die sie erfolgt, unzulässig, weil die Regeln über die Dienstleistungsfreiheit unmittelbar anwendbar sind (vgl. Senat 20. Juli 2004 – 9 AZR 343/03 – AP AEntG § 1 Nr. 18 = EzA AEntG § 1 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Sie kommt nach In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelung nicht mehr in Betracht. Das gilt auch, wenn es sich – wie hier – um Zeiträume vor In-Kraft-Treten der Änderung handelt und ist unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Sitz in einem Mitgliedsland der EG hat oder nicht.
bb) Das Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) in der Ausprägung des Vertrauensgrundsatzes ist nicht verletzt.
Allerdings liegt, soweit rückwirkend Ansprüche aus dem Tarifvertrag entfallen, eine echte Rückwirkung vor. Eine solche bedarf der besonderen Rechtfertigung. Die ist gegeben, wenn ein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der begünstigten Rechtslage fehlt (vgl. BVerfG 1. Kammer des 1. Senats 5. August 1998 – 1 BvR 2250/95 – WM 1998, 2025). So liegt der Fall hier. Die Regelungen des AEntG waren – wie eine Vielzahl von Verfahren vor dem Senat zeigt – ständigen rechtlichen Angriffen ausgesetzt und wurden wiederholt geändert. Im Hinblick darauf konnte niemand darauf vertrauen, dass die ausländische Arbeitgeber benachteiligende Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 4 AEntG nicht verändert werden würde.
3. Für die Frage, ob die Klägerin mit ihrer in Deutschland bestehenden selbständigen Betriebsabteilung unter die Tarifverträge der Bauwirtschaft fällt, soweit sie für allgemeinverbindlich erklärt und deshalb hinsichtlich des Urlaubskassenverfahrens durch das AEntG erstreckt sind, kommt es deshalb darauf an, ob sie zu einem Betrieb gehört, der überwiegend Bauleistungen erbringt. Dabei ist maßgeblich, welche Tätigkeiten von den Arbeitnehmern überwiegend erbracht werden (vgl. BAG 25. November 1987 – 4 AZR 361/87 – BAGE 56, 357). Unerheblich ist es, ob ein Teil des Betriebes im Ausland liegt oder nicht. Das ergibt sich daraus, dass die AVE-Einschränkung Arbeitgeber mit Sitz im Ausland ausdrücklich erfasst, ohne eine Unterscheidung zwischen Tätigkeiten in In- oder Ausland zu machen.
Die selbständige Betriebsabteilung der Klägerin in Deutschland ist organisatorisch mit ihren Aktivitäten in Polen verbunden, so dass sie möglicherweise in den polnischen Betrieb der Klägerin eingegliedert ist. Sollte dieser Betrieb überwiegend andere, der Einschränkung der Allgemeinverbindlichkeit unterfallende Tätigkeiten erbringen, käme diese zur Anwendung. Insoweit bedarf es weiterer Tatsachenfeststellungen. Dabei wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:
Nach dem bisherigen Vortrag kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin in Polen keinen einheitlichen Betrieb unterhält, sondern dass das von ihr in C…, außerhalb ihres Sitzes, unterhaltene Metallwerk einen eigenständigen Betrieb darstellt. Dafür spricht, dass es nach dem Vortrag der Klägerin dort zumindest gewisse Organisationsstrukturen gibt und das Werk einen eigenen Werkleiter und weitere Mitarbeiter des technischen Aufsichtspersonals wie Vorarbeiter und Schichtführer hat. Da für die Abgrenzung des Betriebes allein auf organisatorische und nicht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte abzustellen ist, kann dies für einen eigenständigen Betrieb ausreichen. Die Produktion in dem Metallwerk wäre dann bei der Frage, ob der Betrieb der Klägerin, in dem ihre Bauleistungen auch in Deutschland erbracht werden, überwiegend baugewerblich tätig ist oder nicht, ohne Belang. Das Landesarbeitsgericht wird dies aufzuklären haben.
Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die zur Einschränkung der AVE führen, obliegt der Klägerin. Bei der AVE handelt es sich um einen Akt der Rechtssetzung eigener Art (BVerfG 15. Juli 1980 – 1 BvR 24/74 – BVerfGE 55, 7; BAG 28. März 1990 – 4 AZR 536/89 – AP TVG § 5 Nr. 25 = EzA TVG § 5 Nr. 10; BVerwG 3. November 1988 – 7 C 115/86 – BVerwGE 80, 355). Ebenso wie bei sonstigen Rechtsnormen trägt für Ausnahmeregelungen deshalb derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich darauf beruft. Das entspricht der Rechtsprechung hinsichtlich der im BRTV und im VTV selbst vorgesehenen Ausnahmen vom betrieblichen Geltungsbereich (BAG 25. Juli 2001 – 10 AZR 483/00 – BAGE 98, 250; 13. Mai 2004 – 10 AZR 120/03 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 265).
C. Die Widerklage ist hinsichtlich des Zeitraumes bis einschließlich Mai 1999 begründet. Im Übrigen bedarf es weiterer Feststellungen durch das Berufungsgericht.
I. Die Klägerin ist für Zeiträume von Januar bis Mai 1999 nach § 61 VTV/1999 iVm. § 1 Abs. 3 Satz 2 AEntG verpflichtet, die rechnerisch unstreitigen Beiträge in Höhe von 59.342,22 Euro zu zahlen. Diese für allgemeinverbindlich erklärte Tarifnorm ist durch § 1 Abs. 3 Satz 1 iVm. Abs. 1 Satz 1 AEntG auf die Arbeitsverhältnisse der von der Klägerin nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer erstreckt worden. Die Einschränkung der Allgemeinverbindlichkeit wirkt zugunsten der Klägerin erst ab Juni 1999.
II. Aus ihrer Behauptung, sie habe Urlaubsleistungen an Arbeitnehmer für das Jahr 1999 erbracht, kann die Klägerin nichts herleiten. Nach § 8 Nr. 15.1 BRTV in der 1999 geltenden Fassung oblag die Sicherung der Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer dem Beklagten und nicht dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ist deshalb nicht berechtigt, diese Aufgaben selbständig und ohne Einschaltung des Beklagten auszuführen. Er kann sich dem tariflich vorgesehenen Verfahren nicht durch einseitige Handlungen entziehen.
Dass nach dem VTV/1999 die entsandten Arbeitnehmer – anders als die bei deutschen Arbeitgebern tätigen Arbeitnehmer – einen Direktanspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der Urlaubsvergütung (§ 65) hatten, war für das Jahr 1999 rechtlich nicht zu beanstanden (Senat 25. Juni 2002 – 9 AZR 405/00 – BAGE 101, 357). Da die Abwicklung von Urlaubsansprüchen der entsandten Arbeitnehmer nach der tariflichen Systematik ausschließlich dem Beklagten oblag, entsprachen die von der Klägerin dennoch getätigten Aufwendungen für die Vergütung des Urlaubs weder dem wirklichen noch dem mutmaßlichen Willen des Beklagten. Der Klägerin ist deshalb kein Erstattungsanspruch entstanden (§§ 677, 683 BGB).
Etwas anderes könnte allenfalls gelten, soweit zur Erfüllung des nach polnischen Recht geltenden Mindesturlaubsanspruchs die Klägerin rechtlich gehalten war, unmittelbar an die entsandten Arbeitnehmer Leistungen zu erbringen (vgl. Senat 25. Juni 2002 – 9 AZR 405/00 – BAGE 101, 357). Insoweit kann ein Erstattungsanspruch gegen den Beklagten nach tarifvertraglichen Grundsätzen entstehen. Grund und Höhe dieses Anspruchs hätte die Klägerin darlegen müssen. Das ist nicht geschehen. Die von der Klägerin erhobene Aufklärungsrüge ist unzulässig. Die Klägerin hat keine Ausführungen dazu gemacht, was sie bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung vorgetragen hätte (vgl. Senat 6. Januar 2004 – 9 AZR 680/02 – AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
III. Für Oktober und November 1999 wird das Landesarbeitsgericht den Sachverhalt nach den dargelegten Grundsätzen weiter aufzuklären haben.
D. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Unterschriften
Düwell, Reinecke, Zwanziger, Furche, Gosch
Fundstellen
Haufe-Index 1402388 |
BAGE 2006, 247 |
BB 2005, 2584 |
DB 2005, 2088 |
EBE/BAG 2005, 3 |
FA 2005, 355 |
NZA 2005, 1366 |
SAE 2005, 294 |
AP, 0 |
EzA-SD 2005, 12 |
EzA |
AUR 2005, 422 |
AUR 2005, 427 |