Leitsatz (amtlich)
Unterhält der Herausgeber einer deutschen Tageszeitung im Ausland Redaktionsaußenstellen, mit deren Hilfe Informationen nicht nur beschafft, sondern zusätzlich übersetzt und/oder in Form von Nachrichten, Berichten oder Kommentaren druckfertig ausgewertet werden, so stellen die Redaktionsaußenstellen ausländische Betriebstätten i.S. des Art.II Abs.1 Nr.7 Buchst.a DBA-Griechenland, Art.II Abs.1 Buchst.l (i) DBA-Großbritannien 1964, Art.2 Abs.1 Nr.7 DBA-Frankreich 1959 und Art.II Abs.1 Buchst.c (aa) DBA-USA 1966 dar.
Orientierungssatz
1. Das Fehlen von Entscheidungsgründen i.S.des § 119 Nr. 6 FGO liegt nur vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Das ist z.B. der Fall, wenn jegliche Begründung fehlt (vgl. BGH-Urteil vom 21.12.1962 I ZB 27/62) oder wenn nicht erkennbar ist, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde liegt bzw. auf welche rechtlichen Erwägungen sich die Entscheidung stützt.
2. Zur schlüssigen Erhebung der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs gehört, daß substantiiert dargelegt wird, wozu sich der Beteiligte nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte (vgl. BFH-Urteil vom 3.2.1982 VII R 101/79).
3. Das FG braucht in seinem Urteil nicht jedes Parteivorbringen im einzelnen zu würdigen und auch nicht auf jede einzelne von einem Beteiligten vertretene, jedoch von der eigenen Meinung abweichende Rechtsauffassung einzugehen (vgl. BFH-Urteil vom 8.8.1969 VI R 299/67).
Normenkette
DBA GRC Art. 2 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a, c; DBA GBR 1964 Art. 2 Abs. 1 Buchst. l Nrn. 1, 3; DBA FRA Art. 2 Abs. 1 Nr. 7; DBA USA Art. 2 Abs. 1 Buchst. c D Buchst. aa Fassung: 1965-09-17; FGO § 119 Nrn. 6, 3, § 120 Abs. 2, § 96 Abs. 2
Tatbestand
I. Die Klägerin verlegt in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) eine Tageszeitung. Zu diesem Zweck unterhält sie u.a. in Athen, London, Paris und Washington sog. Redaktionsaußenstellen. Den im Inland körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn ermittelte sie seit dem Jahre 1961 in der Weise, daß sie den Teil des Gesamtgewinns, der dem Verhältnis der Kosten der ausländischen Redaktionsaußenstellen an den Gesamtkosten entsprach, als auf die Redaktionsaußenstellen entfallend und deshalb gemäß
a) Art.XVII Abs.2 Nr.1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom 18.April 1966 --DBA-Griechenland-- (BGBl II 1967, 852),
b) Art.XVIII Abs.3 Buchst.a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 26.November 1964 --DBA-Großbritannien 1964-- (BGBl II 1966, 358),
c) Art.4 Abs.1 Satz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21.Juli 1959 --DBA-Frankreich 1959-- (BGBl II 1961, 397) und
d) Art.XV Abs.1 Buchst.b 1. (aa) des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und einiger anderer Steuern in der Fassung des Protokolls vom 17.September 1965 --DBA-USA 1966-- (BGBl II 1966, 745)
in Verbindung mit § 6 Abs.1 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. vom 24.Mai 1965 --KStG 1965-- (BGBl I 1965, 449), § 3 Nr.41 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. vom 27.Februar 1968 --EStG 1967-- (BGBl I 1968, 145) und § 9 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) steuerfreien Gewinn behandelte.
Durch Bescheid vom 30.September 1969 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Körperschaftsteuer 1967 erklärungsgemäß nach § 100 Abs.2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufig fest. Nach einer Betriebsprüfung vertrat das FA die Auffassung, daß Einrichtungen, die lediglich zum Zwecke der Informationsbeschaffung unterhalten würden, nicht unter den Betriebstättenbegriff i.S. der Art.II Abs.1 Nr.7 Buchst.a DBA-Griechenland, Art.II Abs.1 Buchst.l (iii) DBA-Großbritannien 1964, Art.2 Abs.1 Nr.7 Buchst.b (dd) DBA-Frankreich 1959 und Art.II Abs.1 Buchst.c (cc) DBA-USA 1966 fielen. Deshalb sah es die o.g. Beträge als steuerpflichtig an. Der gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1967 gerichtete Einspruch und die Klage blieben erfolglos.
Mit der Revision rügt die Klägerin das Fehlen eines Tatbestands in dem Urteil des Finanzgerichts (FG), das Fehlen von Entscheidungsgründen im FG-Urteil, die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das FG und die falsche Auslegung der Art.II Abs.1 Nr.7 Buchst.a DBA-Griechenland, Art.II Abs.1 Buchst.l (iii) DBA- Großbritannien 1964, Art.2 Abs.1 Nr.7 Buchst.b (dd) DBA- Frankreich 1959 und Art.II Abs.1 Buchst.c (cc) DBA-USA 1966.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Körperschaftsteuer 1967 nach einem geminderten zu versteuernden Einkommen festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
A. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
1. Das mit der Revision angefochtene FG-Urteil ist i.S. von § 119 Nr.6 FGO mit Gründen versehen. Nach § 105 Abs.2 Nrn.4 und 5 FGO muß ein Urteil einen Tatbestand und Entscheidungsgründe enthalten. Beides dient der Sicherstellung, daß die Beteiligten ihre prozessualen Rechte wahrnehmen können. Die Wiedergabe des Tatbestands ist erforderlich, damit die Beteiligten erkennen können, welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Die Wiedergabe der Entscheidungsgründe dient der Mitteilung der wesentlichen rechtlichen Erwägungen, die aus der Sicht des Gerichts für die getroffene Entscheidung maßgeblich waren. Ein Fehlen von Entscheidungsgründen i.S. des § 119 Nr.6 FGO liegt deshalb nur vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Das ist z.B. der Fall, wenn jegliche Begründung fehlt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 21.Dezember 1962 I ZB 27/62, BGHZ 39, 333, 337) oder wenn nicht erkennbar ist, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde liegt bzw. auf welche rechtlichen Erwägungen sich die Entscheidung stützt. Diese Voraussetzungen sind jedoch --was nicht zuletzt die Revisionsbegründung deutlich macht-- im Streitfall nicht erfüllt. Das FG hat bei seiner Entscheidung den Sachvortrag der Klägerin als richtig unterstellt und die Klage auf dieser Grundlage abgewiesen. Dies ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Die Rüge der Klägerin, ihr sei das rechtliche Gehör versagt worden, ist insoweit nicht ordnungsgemäß erhoben, als sie den vom FG unterlassenen Hinweis betrifft, daß es für die Entscheidung u.a. auf den Komplex "Bindung des FA nach Treu und Glauben" ankommen könne. Die Klägerin hat mit der Revision nicht dargelegt, was sie in bezug auf den genannten Komplex dem FG noch vorgetragen haben würde. Damit ist die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht schlüssig erhoben. Zur schlüssigen Erhebung der Rüge gehört, daß substantiiert dargelegt wird, wozu sich der Beteiligte nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte. Das entsprechende Erfordernis ergibt sich aus der Überlegung, daß derjenige, der nichts hätte vortragen können, sich auch nicht auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs berufen kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3.Februar 1982 VII R 101/79, BFHE 135, 167, BStBl II 1982, 355).
Soweit die Klägerin geltend macht, das FG habe ihre Schriftsätze nicht zur Kenntnis genommen, ist die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs unbegründet. Die Klägerin trägt selbst vor, daß das mit der Revision angefochtene FG-Urteil einzelne Passagen ihrer Klagebegründung wiedergibt. Das FG braucht in seinem Urteil nicht jedes Parteivorbringen einzeln zu würdigen und auch nicht auf jede einzelne von einem Beteiligten vertretene, jedoch von der eigenen Meinung abweichende Rechtsauffassung einzugehen (vgl. BFH-Urteil vom 8.August 1969 VI R 299/67, BFHE 96, 473, BStBl II 1969, 683).
B. Das FG hat allerdings die materielle Rechtslage unzutreffend beurteilt.
1. Die Klägerin war im Streitjahr gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 KStG 1965 unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht erstreckte sich gemäß § 1 Abs.2 KStG 1965 auf sämtliche Einkünfte. Zu den Einkünften gehören gemäß § 6 Abs.1 KStG 1965, § 3 Nr.41 EStG 1967 und § 9 StAnpG solche, die durch eine ausländische Betriebstätte erzielt werden und nach dem jeweils einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) nur dem Besteuerungsrecht des ausländischen Betriebstättenstaates unterliegen.
2. Die im Streitfall einschlägigen Art.II Abs.1 Nr.7 Buchst.a DBA-Griechenland, Art.II Abs.1 Buchst.l (i) DBA- Großbritannien 1964, Art.2 Abs.1 Nr.7 DBA-Frankreich 1959, Art.II Abs.1 Buchst.c (aa) DBA-USA 1966 nehmen in ihrem Sinngehalt übereinstimmend eine Betriebstätte unter folgenden zwei Voraussetzungen an:
a) Es muß eine feste Geschäftseinrichtung des gewerblichen
Unternehmens in dem ausländischen Vertragsstaat vorhanden sein.
b) Darin muß die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder
teilweise ausgeübt werden.
Liegen beide Voraussetzungen nebeneinander vor, so ist eine Betriebstätte im Sinne der genannten DBA-Bestimmungen gegeben. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob durch die feste Geschäftseinrichtung ein wesentlicher oder ein unwesentlicher Beitrag zum Erfolg des Gesamtunternehmens geleistet wird bzw. ob die feste Geschäftseinrichtung nur als "verlängerter Arm" des Hauptunternehmens oder nach Art eines unabhängigen Vertreters auftritt. Ebensowenig ist für die Anwendung der o.g. Bestimmungen entscheidend, ob die in der festen Geschäftseinrichtung ausgeübten Tätigkeiten vorbereitender Art oder gar Hilfstätigkeiten sind. Auf diese Umstände kommt es nur im Rahmen des Katalogs von Betriebstättenausnahmen an, der in Art.II Abs.1 Buchst.c DBA- Griechenland, Art.II Abs.1 Buchst.l (iii) DBA-Großbritannien 1964, Art.2 Abs.7 Buchst.b (dd) DBA-Frankreich 1959 und Art.II Abs.1 Buchst.c (cc) DBA-USA 1966 enthalten ist.
Das FG hat in seinem Urteil keine tatsächlichen Feststellungen dahin getroffen, ob die Klägerin in Athen, London, Paris und/oder Washington über feste Geschäftseinrichtungen im Sinne der einschlägigen DBA-Bestimmungen verfügte. Aus den Feststellungen des FG ergibt sich auch nicht mit hinreichender Klarheit, ob --das Vorhandensein fester Geschäftseinrichtungen einmal unterstellt-- in ihnen unternehmerische Tätigkeiten der Klägerin ausgeübt wurden. Dies ist im allgemeinen nur dann der Fall, wenn Personen, die in einer von der Klägerin abhängigen Position stehen, jeweils mit Hilfe der festen Geschäftseinrichtung Geschäfte der Klägerin in dem Staat tätigen, in dem die feste Geschäftseinrichtung gelegen ist. Das FG wird die fehlenden Feststellungen nachholen müssen. Sollte es dabei zu der Auffassung gelangen, daß die Voraussetzungen für die Annahme von Betriebstätten i.S. der Art.II Abs.1 Nr.7 Buchst.a DBA-Griechenland, Art.II Abs.1 Buchst.l (i) DBA-Großbritannien 1964, Art.2 Abs.1 Nr.7 DBA-Frankreich 1959 und Art.II Abs.1 Buchst.c (aa) DBA-USA 1966 nicht gegeben sind, so wird es ergänzend prüfen müssen, ob die in den Redaktionsaußenstellen tätigen Personen nicht als Vertreter der Klägerin i.S. der Art.II Abs.1 Nr.7 Buchst.d DBA-Griechenland, Art.II Abs.1 Buchst.l (iv) DBA-Großbritannien 1964, Art.2 Abs.1 Nr.7 Buchst.c DBA-Frankreich 1959 und Art.II Abs.1 Buchst.c (dd) DBA-USA 1966 anzusehen sind.
3. Sollte das FG im zweiten Rechtszug zu der Auffassung gelangen, daß die Redaktionsaußenstellen der Klägerin in Athen, London, Paris und/oder Washington Betriebstätten im Sinne der o.g. DBA-Bestimmungen darstellen, so wird es weiter prüfen müssen, ob die Stellen zugleich unter den Katalog von Betriebstättenausnahmen fallen, wie er in Art.II Abs.1 Nr.7 Buchst.c DBA-Griechenland, Art.II Abs.1 Buchst.l (iii) DBA-Großbritannien 1964, Art.2 Abs.1 Nr.7 Buchst.b DBA- Frankreich 1959 und Art.II Abs.1 Buchst.c (cc) DBA-USA 1966 geregelt ist. Der Katalog betrifft feste Geschäftseinrichtungen, die an sich die Betriebstättenvoraussetzungen des Art.II Abs.1 Nr.7 Buchst.a DBA-Griechenland, des Art.II Abs.1 Buchst.l (i) DBA-Großbritannien 1964, des Art.2 Abs.1 Nr.7 Satz 1 DBA-Frankreich 1959 und des Art.II Abs.1 Buchst.c (aa) DBA-USA 1966 erfüllen und dennoch nach dem Willen der Vertragsstaaten nicht wie Betriebstätten im Sinne der DBA behandelt werden sollen. Die einzelnen Kataloge von Betriebstättenausnahmen haben lex-specialis-Charakter. Dies ergibt sich für Art.II Abs.1 Nr.7 Buchst.c DBA-Griechenland, Art.II Abs.1 Buchst.l (iii) DBA-Großbritannien 1964 und Art.2 Abs.1 Nr.7 Buchst.b DBA-Frankreich 1959 aus dem Wortlaut der genannten Bestimmungen, in denen jeweils formuliert ist "als Betriebstätten gelten nicht". In Art.II Abs.1 Buchst.c (cc) DBA-USA 1966 heißt es zwar lediglich "ungeachtet des Buchstaben c (aa) begründen eine oder mehrere der folgenden Tätigkeiten keine Betriebstätte". Jedoch ist auch diese Formulierung im Sinne einer lex-specialis-Regelung zu verstehen. Dies folgt aus dem Art.5 Abs.3 des Musterabkommens der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 1963 (MA 1963), auf den Art.II Abs.1 Buchst.c (cc) DBA-USA 1966 i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 17.September 1965 zurückgeht. Mit dem Protokoll vom 17.September 1965 paßten die Vertragsstaaten das Abkommen vom 22.Juli 1954 (BGBl II 1954, 1117) an das MA 1963 an (vgl. Korn/Debatin, Doppelbesteuerung, Stand Dezember 1983, Art.II DBA-USA 1966 Nr.4 S.132), weshalb das MA 1963 zur Auslegung des Art.II Abs.1 Buchst.c (cc) DBA-USA 1966 muß herangezogen werden können.
Der Katalog der Betriebstättenausnahmen, wie er in den o.g. DBA-Bestimmungen wiedergegeben ist, erwähnt ausdrücklich oder sinngemäß feste Geschäftseinrichtungen, die zur Beschaffung von Informationen für das Unternehmen dienen. Die Bestimmungen sind jedoch dahin zu verstehen, daß die Betriebstättenausnahmen nur dann eingreifen, wenn die im Ausland bestehenden festen Geschäftseinrichtungen "ausschließlich" der Informationsbeschaffung dienen. Dies ergibt sich für Art.II Abs.1 Nr.7 Buchst.c DBA-Griechenland, Art.II Abs.1 Buchst.l (iii) dd DBA-Großbritannien 1964 und Art.2 Abs.1 Nr.7 Buchst.b (dd) DBA-Frankreich 1959 unmittelbar aus dem Wortlaut der genannten Bestimmungen. Dort heißt es entweder wörtlich oder sinngemäß, daß das Unterhalten von Geschäftseinrichtungen ausschließlich zur Informationsbeschaffung nicht als Betriebstätte gilt. In Art.II Abs.1 Buchst.c (cc) DBA-USA 1966 fehlt zwar das Wort "ausschließlich". Vom Sinn der Vorschrift her kann allerdings für das DBA-USA 1966 nichts anderes gelten. Auch dort ist Art.II Abs.1 Buchst.c (cc) als Ausnahmeregelung zu Art.II Abs.1 Buchst.c (aa) DBA-USA 1966 ausgestaltet. Dies wird durch Art.5 Abs.3 Buchst.d MA 1963 bestätigt. Art.II Abs.1 Buchst.c DBA-USA 1966 geht --wie ausgeführt-- auf das Protokoll vom 17.September 1965 zurück, in dem der frühere Art.II Abs.1 Buchst.c DBA-USA 1954 vollständig neu gefaßt und an das MA 1963 angepaßt wurde.
Eine feste Geschäftseinrichtung dient dann nicht mehr ausschließlich der Informationsbeschaffung, wenn sie auch noch für andere Tätigkeiten benutzt wird. Eine Nutzung auch noch für andere Tätigkeiten ist anzunehmen, wenn die Informationen nicht nur beschafft, sondern z.B. übersetzt oder in Form von Nachrichten, Berichten oder Kommentaren druckfertig ausgewertet werden. Diese einschränkende Auslegung des Katalogs von Betriebstättenausnahmen ergibt sich aus dem Kommentar zu Art.5 MA 1963 Nr.11. Danach dient die Erwähnung der Informationsbeschaffung in Art.5 Abs.3 Buchst.d MA 1963 der Erweiterung des Prinzips, daß der bloße Waren- oder Gütereinkauf keine Betriebstätte begründet. Das auch insoweit verbindliche Wort "ausschließlich" belegt, daß hierunter nur Tätigkeiten fallen, die streng auf den Einkauf beschränkt sind. Werden die eingekauften Waren oder Güter be- oder verarbeitet, so greift die Ausnahmeregelung nicht mehr ein. Entsprechendes muß für die Informationsbeschaffung gelten. Tätigkeiten, die über die bloße Informationsbeschaffung hinausgehen, fallen nicht mehr unter den Katalog der Betriebstättenausnahmen. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der wortgetreuen Auslegung des Begriffs "Informationsbeschaffung". Der Wortteil "beschaffung" deutet auf den entgeltlichen oder unentgeltlichen Erwerb (Einkauf) von Informationen hin. Von einem solchen Erwerb von Informationen kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn das Schwergewicht der Tätigkeit auf selbst erarbeiteten Berichten, Analysen und Kommentaren liegt. In diesem Falle werden mit Hilfe der Redaktionsaußenstelle originäre geistige Leistungen erbracht und nicht nur Informationen beschafft. Entsprechend ist die Verarbeitung von Informationen grundsätzlich geeignet, eine Betriebstätte im Sinne der o.g. DBA-Bestimmungen zu begründen (so auch: Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, München 1983, Art.5 Anm.106; Schulze/Brachmann/Dirksen, Erläuterungen zum deutsch-niederländischen Doppelbesteuerungsabkommen, D-V/14, Rdnr.48; Schmitz, Wirtschaftsprüfung 1954, 485, 487).
Der einschränkenden Auslegung des Katalogs von Betriebstättenausnahmen steht der weitere Wortlaut des Kommentars zu Art.5 MA 1963 Nr.11 nicht entgegen. Zwar ergibt sich aus Satz 6 zu Nr.11, daß die Erwähnung der Informationsbeschaffung vor allem den Fall der Zeitungsagentur erfassen soll. Der Begriff "Zeitungsagentur" ist aber nicht mit dem einer "Redaktionsaußenstelle" identisch. Unter einem Agenten versteht man nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Person, die in fremdem Namen und für fremde Rechnung auftritt. Der Begriff "Agentur" besagt deshalb über den Inhalt der im fremden Namen und für fremde Rechnung auszuübenden Tätigkeit nichts. Eine Redaktionsaußenstelle ist dagegen der unselbständige Teil einer Redaktion, in dem die von dem jeweiligen Pressemedium verbreiteten Aussagen beschafft und/oder bearbeitet werden. Wenn deshalb der Wortlaut des Art.5 Abs.3 Buchst.d MA 1963 nur auf die Informationsbeschaffung abstellt, dann fallen unter die Bestimmung nur solche Zeitungsagenturen oder Korrespondenten, deren Tätigkeitsbereich auf die reine Informationsbeschaffung begrenzt ist.
Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG, daß Redaktionsaußenstellen schon unter dem Gesichtspunkt der Ausübung vorbereitender oder Hilfstätigkeiten unter den Katalog der Betriebstättenausnahmen zu subsumieren seien. Das MA 1963 erwähnt vorbereitende und Hilfstätigkeiten nur in Art.5 Abs.3 Buchst.e. Die Regelung des Art.5 Abs.3 Buchst.d geht jedoch gegenüber der in Buchst.e vor, weil sie sich unmittelbar auf Zeitungsagenturen bezieht und insoweit lex-specialis-Charakter hat. Der Grund für den lex-specialis-Charakter ist in der Tatsache zu suchen, daß die Informationsbeschaffung und -auswertung in aller Regel zu den Haupttätigkeiten einer Tageszeitung gehören. Vorbereitende Tätigkeiten sind nur solche, die zeitlich vor der Haupttätigkeit ausgeübt werden. Hilfstätigkeiten begleiten die Haupttätigkeit oder folgen ihr zeitlich nach. Sie sind jedoch ihrer Art nach von der Haupttätigkeit verschieden. Die Haupttätigkeit eines Unternehmens ergibt sich aus dessen Aufgabenstellung. Haupttätigkeit einer Tageszeitung ist das Beschaffen von Nachrichten und deren Weitergabe in Form von Berichten, Stellungnahmen und Analysen. Alle Tätigkeiten, die unter diesen Aufgabenbereich fallen, können weder vorbereitende noch Hilfstätigkeiten sein. Dies gilt unabhängig davon, ob die einzelne Redaktionsaußenstelle als verlängerter Arm des Hauptunternehmens bzw. presserechtlich als unselbständiger Teil der Inlandsredaktion auftritt. Art.5 Abs.3 Buchst.d MA 1963 stellt nicht auf die presserechtliche Einordnung, sondern nur auf die Art der ausgeübten Tätigkeit ab. Deshalb ist auch deren Umfang und deren Bedeutung für die Gewinnerzielung unerheblich.
4. Das FG wird ggf. auch prüfen müssen, ob die Aufteilung des Gewinns in einen steuerpflichtigen und in einen steuerfreien Teil sachgerecht erfolgt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 60814 |
BStBl II 1985, 417 |
BFHE 143, 325 |
BFHE 1985, 325 |
BB 1985, 1316-1316 (S) |
DB 1985, 1674-1675 (ST) |
DStR 1985, 478-478 (S) |
HFR 1985, 451-452 (ST) |