Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsbetreuer i.S.d. §§ 1896ff. BGB übt eine sonstige selbstständige Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus. Einheitlicher Gewerbesteuermessbetrag 1995
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tätigkeit des Berufsbetreuers i.S.d. §§ 1896ff. BGB erfüllt die Kriterien der Ähnlichkeit mit den in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG exemplarisch genannten Berufsgruppen, da der Berufsbetreuer fremdnützig, in einem fremden Geschäftskreis und weitestgehend selbstständig tätig wird.
2. Für die Ähnlichkeitsprüfung kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit des Berufsbetreuers über die genannten Kriterien hinaus auch den weiteren Tätigkeitsinhalten eines Vermögensverwalters entspricht.
Normenkette
EStG 1990 § 18 Abs. 1 Nr. 3; GewStG 1991 § 2 Abs. 2 S. 2; BGB § 1896
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid für 1995 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995 vom 6. Juni 1997 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 1998 wird aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war im Jahr 1995 als Berufsbetreuerin i. S. d. §§ 1896 ff des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) tätig. Der Beklagte behandelte die Einkünfte der Klägerin als gewerbliche und setzte mit Bescheid für 1995 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag vom 2. Januar 1997 diesen auf 48,– DM fest. Mit Bescheid vom 6. Juni 1997 wurde die Festsetzung gem. § 35 b des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) geändert und der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag auf 55,– DM festgesetzt.
Hiergegen richtete sich der Einspruch der Klägerin vom 27. Juli 1997. Die Klägerin machte geltend, dass ihre Einkünfte keine gewerblichen, sondern solche i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien, die deshalb nicht der Gewerbesteuer unterlägen. Sie nehme im übrigen als Berufsbetreuerin auch nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil.
Der Einspruch blieb erfolglos. In seiner Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 1998 führte der Beklagte im Wesentlichen aus, die Tätigkeit der Klägerin sei weder wissenschaftlich, noch künstlerisch oder schriftstellerisch oder unterrichtend oder erzieherisch. Ferner entspreche die Tätigkeit der Klägerin auch keinem der so genannten Katalogberufe des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Letzteres folgerte der Beklagte daraus, dass eine besondere Ausbildung für die Tätigkeit als Berufsbetreuer nicht erforderlich sei. Bereits dies lasse sie als nicht mit einem der sog. Katalogberufe vergleichbar erscheinen. Die Klägerin beteilige sich im übrigen auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, denn sie werde für das Landgericht tätig und werde in vielen Fällen zur Betreuerin bestellt.
Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht zunächst geltend, dass ihre Tätigkeit die Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe darstelle und bereits dies schließe eine Qualifizierung als gewerblich aus. Im Übrigen sei ihre Tätigkeit jedenfalls als freiberufliche anzusprechen, denn die Berufsausübung erfolge persönlich und eigenverantwortlich. Für die Tätigkeit des Berufsbetreuers bedürfe es einer spezifischen Ausbildung. Sie unterliege besonderen berufsrechtlichen Bindungen nach Maßgabe der staatlichen Gesetzgebung und der von der jeweiligen Gesetzgebung oder des von der jeweiligen Berufsvertretung autonom gesetzten Rechts, welches die Professionalität und das zum Gericht und zum Betreuten bestehende Vertrauensverhältnis gewährleiste und fortentwickele. Die Tätigkeit des Berufsbetreuers, die jedenfalls teilweise sich auf die Gebiete anwaltlicher Tätigkeit erstrecke, weise somit eine Ähnlichkeit mit diesem Katalogberuf auf und unterfalle deshalb jedenfalls dem § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 1995 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag vom 6. Juni 1997 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine im Einspruchsverfahren gegebene Begründung, auf die Bezug genommen wird. Insbesondere weist er darauf hin, dass der Berufsbetreuer keine besonderen persönlichen oder fachlichen Voraussetzungen erfüllen müsse und auch keine staatliche Prüfung oder Anerkennung erforderlich sei. Er müsse lediglich in der Lage sein, den zu Betreuenden tatsächlich in dem erforderlichen Umfang zu betreuen. Bereits deshalb entspreche der Beruf auch keinem Katalogberuf.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Denn ihre Tätigkeit entspricht den in dieser Vorschrift genannten Beispielen. Anhaltspunkte dafür, dass die sog. Vervielfältigungstheorie anwendbar wäre, sind weder geltend gemacht worden noch erkennbar. Die Einkünfte der Klägerin unterliegen deshalb nicht gem. § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG i. V. ...