Prof. Dr. Peter Wollmert, Prof. Dr. Peter Oser
Die Tarifparteien der Metall- und Elektroindustrie haben in der Tarifrunde 2021 mit dem sog. "Transformationsgeld" (auch "Trafobaustein" genannt) eine neue tarifliche Sonderzahlung der Arbeitgeber vereinbart. Der Anspruch auf das Transformationsgeld setzt voraus, dass der jeweilige Arbeitnehmer am 28.2. eines Kalenderjahrs in einem Arbeitsverhältnis steht und zu diesem Zeitpunkt mindestens seit 6 Monaten ununterbrochen dem Betrieb angehört hat. Endet das Arbeitsverhältnis nach dem 28.2., wird das Transformationsgeld anteilig gekürzt; scheidet der Mitarbeiter indes vor diesem Datum aus, entfällt der Anspruch vollständig. Die Höhe des Transformationsgelds beträgt für jeden Mitarbeiter 18,4 % im Jahr 2022 und 27,6 % im Jahr 2023 des jeweiligen Monatsverdiensts.
4.2.1 Verwendung zur Arbeitszeitabsenkung mit Teilentgeltausgleich
Mit dem Transformationsgeld soll für die Betriebe eine Möglichkeit geschaffen werden, die Arbeitszeit temporär abzusenken (z. B. im Fall von Unterbeschäftigung aufgrund der Corona-Pandemie oder in Zusammenhang mit der digitalen Transformation der Industrie), ohne dass dadurch die monatlichen Entgelte der Mitarbeiter vermindert werden. Das Transformationsgeld dient in diesem Fall der Finanzierung des (Teil-)Entgeltausgleichs. Hierzu treffen die Betriebsparteien bis zum Ende eines Kalenderjahres eine Betriebsvereinbarung, wonach der Teilentgeltausgleich – entweder kollektiv oder individuell – aus dem Transformationsgeld des Folgejahres finanziert wird.
In diesem Fall ist zum 31.12.2021 noch keine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nach § 249 Abs. 1 HGB zu passivieren, da zu diesem Zeitpunkt die Verpflichtung zur Zahlung des Transformationsgelds weder rechtlich entstanden noch wirtschaftlich verursacht ist. Trotz der infolge des Entgeltausgleichs höheren Personalkosten ist regelmäßig weiterhin von der Ausgeglichenheit des arbeitsrechtlichen Synallagmas auszugehen (erst recht bei einer absatzmarktorientierten Bewertung des Anspruchs auf die Arbeitsleistungen), sodass auch eine Drohverlustrückstellung ausscheidet. Auch in Abschlüssen, die nach dem 31.12.2021 enden, scheidet die Passivierung einer Rückstellung regelmäßig aus, sofern der Arbeitgeber seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Mitarbeitern nachkommt.
4.2.2 Auszahlung ohne Arbeitszeitabsenkung
Wird bis zum 31.12. eines Jahres indes keine Arbeitszeitabsenkung mit Teilentgeltausgleich vereinbart, erhalten die Arbeitnehmer das Transformationsgeld als Sonderzahlung mit der Lohnabrechnung für Februar des Folgejahres ausgezahlt.
Zum 31.12.2021 sind noch keine Rückstellungen zu passivieren, da auch in diesem Fall die Pflicht zur Zahlung des Transformationsgelds weder rechtlich entstanden noch wirtschaftlich verursacht ist. Realiter knüpft die Auszahlung des Transformationsgelds im Jahr 2022 an die von den Beschäftigten erbrachte Arbeitsleistung im Kalenderjahr 2022 an, da bei einem Ausscheiden des Mitarbeiters nach dem 28.2. der Anspruch auf das Transformationsgeld nur anteilig besteht.
In Abschlüssen, welche nach dem 31.12.2021 und vor dem 28.2.2022 enden, ist indes eine anteilige Rückstellung für das Transformationsgeld zu passivieren, da sich der Arbeitgeber seiner Verpflichtung insofern mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht mehr entziehen kann. Die Beschäftigten haben sich ihren Anspruch auf das Transformationsgeld durch die erbrachte Arbeitsleistung anteilig bereits erdient.
In Abschlüssen, die am oder nach dem 28.2.2022 enden, ist für den Zeitraum vom (Zwischen-)Abschlussstichtag bis zum 31.12.2022 anteilig ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gem. § 250 Abs. 1 HGB zu bilanzieren. Mit dem Transformationsgeld wird die im Kalenderjahr erbrachte Arbeitsleistung vergütet. Die Auszahlung am 28.2.2022 stellt daher anteilig Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Stichtag dar.
Literaturtipp
Scholz, Bilanzierung des sog. Transformationsgeldes ("Trafobaustein") im handelsrechtlichen Jahresabschluss, StuB 2021, S. 776 ff.