Wie profitabel ist der Kunde?
Da die Kunden den monetären Mehrwert eines Unternehmens finanzieren müssen, steht die Frage nach deren Potenzial und Profitabilität im Mittelpunkt jedes Geschäftsmodells. Nur Geschäftsmodelle, deren Angebote in Form von Produkten und Dienstleistungen den Kunden einen Mehrwert bieten, sind daher nachhaltig überlebensfähig.
Merkmale von Kundensegmenten
Die Kundensegmente sind Gruppen von Kunden, die sich hinsichtlich folgender Merkmale ähneln:
- der individuellen Bedürfnisse und Problemstellungen (z. B. junge Eltern als Käufer von Babynahrung, Controller in Großunternehmen, Internet-Nutzer mit dem Bedürfnis, sich mit ihrem beruflichen Profil darzustellen),
- der Vertriebskanäle, mit denen sie ihr Angebot erhalten (z. B. die Internet-Nutzer einer Social-Media-Plattform wie Xing im Gegensatz zu den Werbetreibenden, die auf dieser Plattform werben; vgl. Abschn. 2.4),
- der Art der Beziehung, die das Unternehmen zu Ihnen unterhält (z. B. eine automatisierte Beziehung zu den Internetnutzern im Gegensatz zu persönlichen Beziehungen zu den Werbetreibenden; vgl. Abschn. 2.3),
- der Orientierung an besonders nachhaltigen Produkten im Sinne ökologischer und sozialer Standards,
- der Rentabilität, die das Unternehmen mit Ihnen erzielen kann (z. B. vermögende im Gegensatz zu nicht vermögenden Privatkunden einer Bank) sowie
- der Bereitschaft, unterschiedliche Aspekte des Produktangebotes zu nutzen (z. B. Social Media Nutzer versus Werbekunden eben dieser Plattform).
Zur möglichen Strukturierung von Kundensegmenten unterscheiden Osterwalder/Pigneur 5 Typen.
2.1.1 Massenmarkt
Ähnliche Bedürfnisse und ähnliches Kaufverhalten
Die Wertangebote sollen eine maximal große Gruppe von Kunden mit ähnlichen Bedürfnissen und ähnlichem Kaufverhalten ansprechen. Massenmarkt-Anbieter sind beispielsweise viele Anbieter von Unterhaltungselektronik, Kleidung, Spielzeug oder Social-Media-Plattformen. Sie haben heutzutage oft eine globale Marktpräsenz im Blick, aber auch ein geografisch begrenztes Angebot kann sich auf den dort befindlichen Massenmarkt beziehen. Das Stichwort ist: "Alle", die Marktkommunikation ist breit angelegt und basiert insbesondere auf den digitalen Medien.
Auch wenn Massenmärkte i. d. R. anonyme Endverbrauchermärkte sind, gibt es Beispiele im Business-to-Business-Geschäft: Google richtet sich mit seinem Produkt AdWords an Werbetreibende weltweit, die in einem automatisierten Prozess schlagwortbezogene Anzeigen auf den Google-Seiten im Internet schalten können. Oder Call Center-Betreiber bieten telefonische Sekretariatsdienste an, ohne am Ort des Kunden präsent sein zu müssen. Die Entwicklung des Internets als Marketingplattform und – wie wir später sehen werden – auch als Vertriebsplattform hat die Möglichkeiten des Massenmarkts nachdrücklich revolutiniert.
2.1.2 Nischenmarkt
Fokus auf eine spezifische Kundengruppe
Nischenmarktanbieter sprechen dagegen nicht alle Kunden an, sondern eine spezifische, spezialisierte Kundengruppe. Ihre Marktkommunikation ist stark auf diese Kunden fokussiert. Viele mittelständische Maschinenbauunternehmen oder Zulieferer im Automobil- oder Flugzeugsektor gehören in diese Kategorie; sie erbringen hochspezialisierte Wertangebote in Form von Vorprodukten oder Dienstleistungen, die in der Wertschöpfung ihres Kunden einen wichtigen Baustein zur Erstellung seines Angebots darstellen.
Die vorrangige Kundenbeziehung in Nischenmärkten ist eine enge persönliche Bindung beispielsweise in Form gemeinsamer Entwicklungsaktivitäten. Oft sind die Produkte für andere Kundengruppen gar nicht nutzbar oder die breitere Nutzung ist aus Exklusivitätsgründen nicht gewünscht.
Ökologische Produkte z. B. waren über lange Zeit im Nischenmarkt angesiedelt, überwiegend im inhabergeführten Einzelhandel mit persönlicher Beratung oder direkt beim Produzenten, z. B. in Hofläden, erhältlich. Heute gehören Produkte mit Bio-Siegel auch zur Angebotspalette von Discountern wie Aldi und Lidl und haben damit längst den Massenmarkt erreicht.
Ähnliche Entwicklungen sind beim Thema "Öko-Strom" sowie bei der Elektromobilität zu beobachten und lassen vermuten, dass nachhaltige Produkte sukzessive ihren Weg in den Massemarkt suchen und finden.
2.1.3 Marktsegmentierung
Ähnliche Kunden mit unterschiedlichen Bedürfnissen
Unternehmen segmentieren ihre Kunden dann, wenn unterschiedliche Kundengruppen mehr oder weniger unterschiedliche Bedürfnisse und Problemstellungen haben. Großbanken beispielsweise segmentieren ihre Kunden nach Vermögensstatus, um ihnen dann zwar strukturell ähnliche, aber doch unterschiedliche Produkte anzubieten. In der Folge unterscheiden sich auch die Arten der Kundenbeziehung (sehr individuelle versus standardisierte Beratung), der angebotenen Produkte und Dienstleistungen, der Vertriebskanäle und der Einnahmequellen.
2.1.4 Marktdiversifizierung
Ganz unterschiedliche Kundengruppen
Im Gegensatz zu einer segmentierten Kundenstruktur richtet sich eine Kundendiversifizierung auf eine Bedienung voneinander unabhängiger Kundengruppen mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen und Problemstellungen. Beispi...