Einzelunternehmen: Rechnungslegungsbesonderheiten / 1.3 Die Haftung bei einem Einzelunternehmen

Rz. 10

Im Gegensatz zu Einzelunternehmen und Personengesellschaften verfügen Kapitalgesellschaften über eine eigene Rechtsfähigkeit.^[2] Dies hat zur Konsequenz, dass Kapitalgesellschaften selbst mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften.^[3] Hingegen werden die Gesellschafter nicht unmittelbar aus den Rechtsgeschäften der Gesellschaft verpflichtet, die Haftung wird also nicht auf die Gesellschafter ausgeweitet.^[4]

Personengesellschaften verfügen über keine eigene Rechtsfähigkeit.^[5] Dies führt dazu, dass die Haftung für Verbindlichkeiten der Unternehmen nicht nur auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist, sondern sich gegenüber den Gläubigern des Unternehmens auch auf das Privatvermögen der Gesellschafter erstreckt.^[6] So nennt etwa § 105 Abs. 1 HGB als eine Voraussetzung für das Vorhandensein einer OHG, dass "bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist". Und § 161 Abs. 1 HGB führt als ein Kriterium für eine KG aus, dass "bei dem anderen Teile der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet".^[7] Die Gesellschafter der OHG und der KG haften dabei als Gesamtschuldner^[8] persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 128 HGB für die OHG bzw. § 128 in Verbindung mit § 161 Abs. 2 HGB für die KG).

Rz. 11

Die Tragweite und der Umfang der Haftung der Gesellschafter von Personengesellschaften wird anhand folgender Aufzählung verdeutlicht, die die Haftung eines OHG-Gesellschafters für Gesellschaftsverbindlichkeiten wiedergibt. Der Gesellschafter einer OHG haftet:^[9]

• unmittelbar: Ein Gesellschaftsgläubiger kann jeden Gesellschafter unmittelbar in Anspruch nehmen;
• unbeschränkt und unbeschränkbar: Der Gesellschafter haftet mit seinem gesamten Vermögen, d. h. auch mit seinem Privatvermögen, was gegenüber Dritten – also insbesondere gegenüber Gesellschaftsgläubigern – nicht wirksam beschränkt werden kann (§ 128 Satz 2 HGB);
• primär: Ein Gesellschaftsgläubiger muss nicht zunächst die Gesellschaft und deren Vermögen in Anspruch nehmen, sondern kann sofort einen Gesellschafter in Anspruch nehmen;
• gesamtschuldnerisch: Ein Gesellschaftsgläubiger kann die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Gesellschafter ganz oder zu einem Teil fordern.

Rz. 12

Diese umfassende Haftung der Gesellschafter von Personengesellschaften gilt auch für Einzelunternehmen.^[10] Da es allerdings kein Gesellschaftsvermögen als solches gibt (siehe Rz. 1), greifen hinsichtlich der Tragweite und des Umfangs der Haftung nur die Kriterien unmittelbar und unbeschränkt: Der Einzelunternehmer haftet mit seinem gesamten – betrieblichen und privaten – Vermögen unmittelbar und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten des Einzelunternehmens.^[11]

[1] Vgl. darüber hinaus zur besonderen Haftung bei dem Erwerb eines Handelsgeschäfts Meyering, Existenzgründung durch Einzelunternehmenskauf, 2007, S. 39 ff. (Diss.). Daneben können sich auch aus anderen Rechtsgebieten Haftungstatbestände ergeben. Vgl. hierzu z. B. Commandeur, Betriebs-, Firmen- und Vermögensübernahme, 1990, S. 8 ff., 187 ff.; Melzer, Rechtliche Aspekte des Unternehmenskaufs, in Beckmann/Brost/Faust, Unternehmensnachfolge im Mittelstand, 2005, S. 211ff.; Nüsser/Nacken, Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen, 2005, S. 170 ff.; Sothen, in Sudhoff et al., Unternehmensnachfolge, 5. Aufl. 2005, § 51, Rz. 289 ff.; Wehrens/Hoffmann, Das Einzelunternehmen, 1981 Rz. 370 ff.

[2] Vgl. Kolbeck, Rechtsformwahl, in Wittmann u. a., Handwörterbuch der Betriebswirtschaft 3, 1993, Sp. 3734; Wöhe/Döring/Brösel, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 27. Aufl. 2020, S. 217.

[3] Vgl. bezüglich der GmbH § 13 Abs. 2 GmbHG und bezüglich der AG § 1 Abs. 1 Satz 2 AktG. Vgl. Stenger, in Sudhoff et al., Unternehmensnachfolge, 5. Aufl. 2005, § 27 Rz. 20.

[4] Vgl. Froning, in Sudhoff et al., Unternehmensnachfolge, 5. Aufl. 2005, § 38 Rz. 19; Klunzinger, Grundzüge des Gesellschaftsrechts, 16. Aufl. 2012, S. 151, 224.

[5] Dennoch kann bei ihnen von einer rechtlichen Verselbstständigung gesprochen werden. Beispielsweise können somit sowohl die OHG als auch die KG vor Gericht klagen und verklagt werden. Vgl. Klunzinger, Grundzüge des Gesellschaftsrechts, 16. Aufl. 2012, S. 62, 111; Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 108. Vgl. zu der Diskussion über die Frage, ob die OHG und die KG sogar juristische Personen sind und damit über eine eigenständige Rechtspersönlichkeit verfügen, z. B. Klunzinger, Grundzüge des Gesellschaftsrechts, 16. Aufl. 2012, S. 61 ff., 111 f.; Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 181 ff.; Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 109 f. Vgl. zu der Teilrechtsfähigkeit der GbR außerdem BGH, Urteil v. 29.1.2001, II ZR 331/00.

[6] Vgl. Froning, in Sudhoff et al., Unternehmensnachfolge, 5. Aufl. 2005, § 38 Rz. 10, 50.

[7] Vgl. Klunzinger, Grundzüge des Gesellschaftsrechts, 16. Aufl. 2012, S. 58, 87 f., 109 f., 117 ff.

[8] Vgl. zum Begriff § 421 BGB und dazu z. B. Gehrle...