Rz. 488
Die Gesellschafterversammlung beginnt üblicherweise, nachdem ggf. zunächst ein Versammlungsleiter bestimmt wurde, mit der Feststellung der Beschlussfähigkeit durch den Versammlungsleiter.
Rz. 489
Im Anschluss hieran werden die einzelnen Tagesordnungspunkte durch den Versammlungsleiter aufgerufen und – entsprechend ihrer Reihenfolge in der Einladung – nacheinander abgehandelt. Der Versammlungsleiter kann die Reihenfolge der Behandlung der Tagesordnungspunkte gegenüber der Einladung ändern, wenn hierfür ein sachlicher Grund besteht. Er unterliegt dabei aber stets etwaigen Mehrheitsentscheidungen der Gesellschafterversammlung.
Rz. 490
Zu den einzelnen Tagesordnungspunkten findet jeweils eine Aussprache statt. Anschließend leitet der Versammlungsleiter zur Abstimmung über. Die Abstimmung erfolgt bei einer GmbH üblicherweise offen durch Handaufheben oder Zuruf, sofern nicht eine anderweitige Satzungsregelung oder ein entsprechender Gesellschafterbeschluss vorliegt. Ein Anspruch auf geheime Stimmabgabe besteht nicht. Der Versammlungsleiter leitet die Abstimmung und die Auszählung der Stimmen. Der Modus der Stimmzählung gehört zu den verfahrensleitenden Entscheidungen, die dem Versammlungsleiter obliegen.
Beschlussfeststellung
Die praktisch wichtigste Aufgabe des Versammlungsleiters ist die Beschlussfeststellung, wenn eine solche im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist oder ihm von der Gesellschafterversammlung ad hoc zugewiesen wird. Die Beschlussfeststellung umfasst die Wiedergabe des Auszählungsergebnisses und die zusätzliche Erklärung, dass der beantragte Beschluss angenommen oder abgelehnt wurde. Dabei beurteilt der Versammlungsleiter:
- die Einhaltung der jeweils erforderlichen Beschlussmehrheiten;
- die Beachtung von Stimmverboten und
- die Rechtmäßigkeit der Stimmausübungen, z. B. Fälle treuwidriger Stimmausübung.
Rz. 491
Anders als bei Aktiengesellschaften ist bei Gesellschafterbeschlüssen einer GmbH eine formelle Feststellung über Bejahung oder Verneinung eines zur Abstimmung gestellten Beschlussantrags nicht erforderlich. Das gilt auch, wenn der Beschluss nach Gesetz oder Satzung einer Beurkundung bedarf. Gesellschafterbeschlüsse werden bereits mit der Abstimmung, bzw. bei einer Abstimmung im Umlaufverfahren gem. § 48 Abs. 2 GmbHG mit Abgabe aller Stimmen gegenüber der Gesellschaft wirksam. Dessen ungeachtet empfiehlt es sich, in die Satzung eine Regelung aufzunehmen, wonach Beschlüsse förmlich festzustellen sind und die Feststellung ein Wirksamkeitserfordernis ist. Entsprechend festgestellte Beschlüsse können dann nur durch Anfechtungsklage angegriffen werden. Dasselbe gilt auch ohne Grundlage in der Satzung, sofern alle Anwesenden mit einer verbindlichen Feststellung durch den Versammlungsleiter einverstanden sind und das Beschlussergebnis unwidersprochen bleibt. Überwiegend wird ein Beschluss mit einfacher Mehrheit für die Bestellung zum Versammlungsleiter mit Feststellungskompetenz als ausreichend erachtet. Danach ist die Minderheit zwingend an einen festgestellten Beschluss gebunden und auf das fristgebundene Anfechtungsrecht verwiesen, wenn sie sich dagegen zur Wehr setzen will.
Von einer förmlichen Feststellung ist auch dann auszugehen, wenn kein Versammlungsleiter tätig war, sich alle Anwesenden aber über das Beschlussergebnis einig waren und dieses Ergebnis satzungsgemäß protokolliert wurde.
Rz. 492
Wird die Gesellschafterversammlung von einem dazu nicht berufenen, "angemaßten" Versammlungsleiter ohne jegliche "gesellschaftsdemokratische" Legitimation geleitet, sind die gefassten und von ihm festgestellten Beschlüsse mangels wirksamer Beschlussfeststellung ausnahmsweise sogar nichtig (§ 241 Nr. 2 AktG analog).
Erforderlichkeit eines Versammlungsleiters
Wegen der Möglichkeit einer förmlichen Beschlussfeststellung empfiehlt sich dringend, in der Satzung die Erforderlichkeit eines Versammlungsleiters niederzulegen und zu regeln, wie der Versammlungsleiter bestimmt wird. Klarstellend kann in die Satzung aufgenommen werden, dass der Versammlungsleiter zur Beschlussfeststellung befugt ist und die festgestellten Beschlüsse mit Ablauf der Anfechtungsfrist unanfechtbar wirksam werden – sofern nicht ausnahmsweise Nichtigkeit vorliegt.