Rz. 586

Das GmbH-Gesetz enthält keine abschließende Regelung darüber, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn ein Gesellschafterbeschluss materiell oder formell fehlerhaft ist. Es regelt nur den Sonderfall der Nichtigkeit[1] einiger Kapitalerhöhungs- und Kapitalherabsetzungsbeschlüsse in:

In ständiger Rechtsprechung und nach Auffassung der überwiegenden Literatur sind die aktienrechtlichen Vorschriften zur Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen (§§ 241ff. AktG) analog anzuwenden.[2]

 

Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse

Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse sind grundsätzlich nicht nichtig, sondern nur anfechtbar, d. h. nur durch rechtskräftiges Urteil vernichtbar.

 

Rz. 587

Nur in einigen wenigen, für das Aktienrecht in § 241 AktG abschließend aufgezählten und auf die GmbH analog anwendbaren Fällen sind Beschlüsse von vornherein nichtig.[3] Ist ein Beschluss danach nichtig, entfaltet er keinerlei Wirkungen; die gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit hat folglich nur deklaratorische Wirkung. Auch ohne eine entsprechende Feststellung kann sich jeder Gesellschafter und jede andere Person auf die Nichtigkeit berufen (vgl. § 249 Abs. 1 Satz 2 AktG). Demgegenüber zielt ein Anfechtungsverfahren auf ein konstitutives Gestaltungsurteil: Erst mit der rechtskräftigen Entscheidung wird der Gesellschafterbeschluss für nichtig erklärt.

 

Rz. 588

Der einzelne Gesellschafter hat die Möglichkeit, gegen fehlerhafte Beschlüsse Nichtigkeits- und Anfechtungsklage zu erheben. Daneben haftet die Geschäftsführung der Gesellschaft gem. § 43 Abs. 2 GmbHG auf Schadensersatz kraft ihrer Organstellung, wenn sie erkennbar nichtige Beschlüsse ausführt.[4] Ein bloß anfechtbarer Beschluss wird erst verbindlich, wenn entweder eine Anfechtungsklage rechtskräftig abgewiesen wird, die Anfechtungsfrist ohne Erhebung einer Anfechtungsklage abgelaufen ist oder alle Anfechtungsberechtigten auf Klageerhebung verzichtet haben – solange eine Anfechtungsklage anhängig ist, bleibt der Beschluss bis zur rechtskräftigen Gerichtsentscheidung schwebend wirksam. Die Geschäftsführung hat in eigener Verantwortung und unter Abwägung der Chancen einer Anfechtungsklage zu entscheiden, ob der Beschluss zunächst befolgt wird oder nicht; dabei empfiehlt sich die Offenlegung der rechtlichen Bedenken und eines eingeholten anwaltlichen Expertenrats gegenüber der Gesellschafterversammlung.[5]

 

Rz. 589

Einstweiliger Rechtsschutz (im Vorfeld) gegen drohende Gesellschafterbeschlüsse ist theoretisch denkbar, kommt aber nur in Betracht, wenn sich der Gesellschafter nicht im Nachhinein mit wirksamen Mitteln gegen den Vollzug des betreffenden Beschlusses zur Wehr setzen kann. Dementsprechend stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen an die Untersagung eines bestimmten Stimmverhaltens mittels einstweiliger Verfügung. Ein Verfügungsgrund ist zu verneinen, wenn der Gesellschafter bei eintragungsbedürftigen Beschlüssen mittels einstweiliger Verfügung erreichen kann, dass der Geschäftsführung die Anmeldung des Beschlusses zum Handelsregister untersagt oder die Rücknahme eines bereits gestellten Eintragungsantrags auferlegt wird.[6]

 

Rz. 590

Besondere Bestimmungen enthält das Aktiengesetz - wiederum in großen Teilen analog anwendbar auf die GmbH - für die Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit

 

Rz. 591

Die Regeln zur Nichtigkeit der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern verdrängen die allgemeinen Nichtigkeitsgründe aus § 241 Nr. 3 und 4 AktG und gelten in weitem Umfang nur für den obligatorischen Aufsichtsrat – beim fakultativen Aufsichtsrat ist für jeden Nichtigkeitsgrund aus § 250 AktG gesondert zu entscheiden.[7] Keine Rolle spielt diese Differenzierung indessen bei der analogen Anwendung des Anfechtbarkeitstatbestandes nach § 251 AktG.[8]

 

Rz. 592

Feststellungen von Jahresabschlüssen einer GmbH sind grundsätzlich nur entsprechend § 256 AktG nichtig.[9] Dies wird hauptsächlich der Fall sein, wenn ein Inhaltsverstoß gegen gläubigerschützende Vorschriften vorliegt oder gesetzliche Vorschriften über die Einstellung und Entnahme aus Kapital- oder Gewinnrücklagen missachtet sind (§ 256 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AktG analog). Dass der Jahresabschluss entgegen § 316 HGB nicht geprüft worden ist bzw. die Prüfer nicht befähigt oder bestellt waren (§ 256 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AktG analog), wird mangels Prüfungspflicht von kleinen Kapitalgesellschaften[10] für einen Großteil der Gesellschaften mbH keine Rolle spielen. Da in der GmbH nach § 46 Nr....

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