Rz. 1595
Gemäß § 304 Abs. 1 Satz 2 AktG analog muss ein Beherrschungsvertrag den außenstehenden Gesellschaftern einen bestimmten jährlichen Gewinnanteil als angemessenen Ausgleich garantieren, wenn eine Mehrheitsklausel in der Satzung vorhanden ist und kein einstimmiger Zustimmungsbeschluss gefasst wird.
Rz. 1596
Als Ausgleich kann entsprechend § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG ein bestimmter Geldbetrag pro Geschäftsanteil festgelegt werden (fester Ausgleich). Der Ausgleich muss mindestens dem Gewinnanteil entsprechen, der voraussichtlich in den nächsten Jahren durchschnittlich auf den einzelnen Gesellschafter verteilt werden könnte; dabei sind die bisherige Ertragslage und die zukünftigen Ertragsaussichten unter Berücksichtigung angemessener Abschreibungen und Wertberichtigungen maßgeblich (§ 304 Abs. 2 Satz 1 AktG analog). Der im Vertrag bestimmte Geldbetrag muss sich an dem Gewinn vor Körperschaftssteuer orientieren; von diesem bestimmten Geldbetrag ist die Körperschaftssteuerbelastung in der jeweils gesetzlich vorgegebenen Höhe abzuziehen. Denn legte der Vertrag den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Körperschaftssteuersatz der Berechnung zugrunde, würde der Gesellschafter der Untergesellschaft bei einer Steuersenkung in den Folgejahren benachteiligt.
Beispiel für einen festen Ausgleich:
Muster IX, 1 in Ziff. 5.1
Rz. 1597
Statt eines bestimmten Geldbetrags kann ein variabler Ausgleich gem. § 304 Abs. 2 Satz 2 AktG analog vorgesehen werden: Ist die Obergesellschaft eine AG oder eine KGaA, so kann danach die jährliche Zahlung eines Betrags zugesichert werden, der sich an der Dividende orientiert, die tatsächlich auf die Aktien der Obergesellschaft gezahlt wird. Die Umrechnung der Dividende der Obergesellschaft auf die Geschäftsanteile der Untergesellschaft erfolgt gemäß dem Verhältnis, nach dem bei einer Verschmelzung die Anteile der beiden Gesellschaften umzutauschen wären (§ 304 Abs. 2 Satz 3 AktG analog).
Muster XI, 2 in Ziff. 4.1
Ergibt eine Bewertung der zwei beteiligten Gesellschaften, dass die Obergesellschaft doppelt so viel wert ist wie die Untergesellschaft, so ist den Gesellschaftern der Untergesellschaft pro Geschäftsanteil 50 % der Dividende der Obergesellschaft zu gewähren.
Rz. 1598
Ein Vertrag, der überhaupt keinen Ausgleich vorsieht, ist nicht gem. § 304 Abs. 3 Satz 1 AktG analog nichtig, sondern lediglich anfechtbar. Im Gegensatz zum Aktienrecht ist es im GmbH-Recht – wie oben ausgeführt – nicht immer, sondern lediglich ausnahmsweise erforderlich, dass entsprechende Regelungen vereinbart werden müssen. In diesen Ausnahmefällen ist es daher nach herrschender Meinung ausreichend, wenn der Minderheit die Möglichkeit einer Anfechtung des Zustimmungsbeschlusses zu dem lückenhaften Unternehmensvertrag gegeben wird. Wird ein Ausgleich im Vertrag geregelt, dessen Höhe nicht für angemessen gehalten wird, so ist der Vertrag wirksam; analog § 304 Abs. 3 Satz 3 AktG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpruchG bestimmt dann nach zutreffender, aber noch umstrittener Ansicht das Gericht auf Antrag des Gesellschafters die Höhe des angemessenen Ausgleichs (sog. "Spruchverfahren"). Im Fall eines nichtigen Vertrages – sei es mangels Ausgleichsregelung oder Nichtbeachtung der Formvorschriften – ist der Weg des Spruchverfahrens verwehrt; es handelt sich dann um einen "faktischen Konzern", bei dem dann nur ein Schadensersatzanspruch der GmbH gegen das herrschende Unternehmen besteht.