Die Ausführungen unter Punkt 1 verdeutlichen, wie wichtig es ist, dass Unternehmen von Beginn an über ein Leitbild und eine schlüssige Unternehmensstrategie verfügen. Leider zeigt die Praxis, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen hier erhebliche Defizite haben. Die Gründe hierfür sind vielfältig, z.B. mangelnde Einsicht in die Notwendigkeit oder fehlendes Wissen.
Operative Probleme müssen gelöst werden, bevor man die Strategie entwickelt
Häufig kommt ein weiterer Hinderungsgrund hinzu: Viele Unternehmen haben nicht nur in wirtschaftlich guten Zeiten im operativen Bereich Schwierigkeiten, den Gewinn zu stabilisieren oder zu steigern und ausreichend liquide Mittel zu erwirtschaften. Derartige Probleme treten nie plötzlich auf, sondern sind häufig die Folge strategischer Defizite oder Versäumnisse.
Dennoch kann man mit der Umsetzung eines strategischen Konzepts erst beginnen, wenn mögliche Ertrags- und Liquiditätsprobleme gelöst worden sind. Denn die positiven Auswirkungen von Leitbild und Strategien kommen erst nach mehreren Monaten oder sogar nach mehr als einem Jahr zum Tragen. Umgekehrt führen Probleme beim Gewinn oder gar der Liquidität häufig innerhalb weniger Monate in die Insolvenz. Dazu ist es notwendig, das Tagesgeschäft mit den bereits vorhandenen Strukturen zu stabilisieren. Es gilt daher als erste Management-Pflicht, möglichst schnell einen operativen Handlungserfolg und gute Resultate zu erzielen. Darauf folgt die Management-Kür: Nachhaltigkeit der Resultate durch eine konsistente langfristige Strategie erreichen.
2.1 Umsetzungserfolg: Ohne Ertrag und Liquidität ist man aus dem Spiel
In der Praxis ist häufig der Fall anzutreffen, dass es Probleme bei der Realisierung von Erträgen gibt und in der Folge die Zahlungsfähigkeit nicht durchgehend gesichert ist. Hier sind Sofortmaßnahmen des Managements erforderlich, bevor überhaupt an langfristige Unternehmensstrategien gedacht werden kann.
Bestandsaufnahme für die finanzielle Ist-Situation
Bevor man eine fundierte Aussage über die aktuelle Situation treffen kann, ist unbedingt eine finanzielle Bestandsaufnahme vorzunehmen. Die Analyse der Ist-Situation zeigt konkret und nachvollziehbar auf, ob und an welchen Stellen es in welchem Umfang Probleme gibt, und wo Handlungsschwerpunkte erforderlich sind. Gleichzeitig erhält man erste wichtige Hinweise darüber, welche strategischen Optionen überhaupt offenstehen.
Checkliste 1
Wichtige Prüfpunkte einer Bestandsaufnahme:
- Werden vor allem Produkte mit hohen oder niedrigen Deckungsbeiträgen verkauft (ABC-Analyse der Produkte nach Deckungsbeiträgen)?
- Wird vor allem an Kunden mit hohen oder niedrigen Deckungsbeiträgen verkauft (ABC-Analyse der Kunden nach Deckungsbeiträgen)?
- Werden vor allem DB-starke Produkte in der Werbung herausgestellt?
- Ist die Werbung erfolgreich (Werbeerfolgskontrolle durchführen, z. B. nach Schalten von Anzeigen die Entwicklung der Verkaufszahlen analysieren, Auswertung von Online-Analysetools)?
- Werden gute Produkte vom Vertrieb vor allem DB-starken Kunden angeboten?
- Werden die Vertriebsmitarbeiter angehalten, vor allem DB-starke Produkte bevorzugt zu verkaufen, z. B. mit gestaffelten Prämien?
- Wird ständig nach Möglichkeiten gesucht, die variablen und fixen Kosten zu senken?
- Wird mit wichtigen Lieferanten regelmäßig über Preise und Konditionen verhandelt (ABC-Analyse durchführen)?
- Sind die Lagerbestände (Rohstoffe und Fertigwaren) "angemessen" oder gibt es unnötige Reserven?
- Werden Rechnungen zeitnah gestellt und werden säumige Kunden konsequent gemahnt?
- Gibt es in größerem Umfang Forderungsausfälle (Faustregel: mehr als 0,5-1 Prozent Ausfälle sollten möglichst nicht vorkommen (stark branchenabhängig)?
- Werden bei großen Aufträgen "ausreichende" Voraus- und Zwischenzahlungen vom Kunden verlangt (Faustregel: als erste Rate möglichst mehr als die in vielen Branchen üblichen 30 % verlangen)?
- In welchen Unternehmensbereichen liegen wesentliche Stärken?
- In welchen Unternehmensbereichen liegen wesentliche Schwächen?
Checkliste 2
Maßnahmenvorschläge zur Verbesserung von Ertrag und Liquidität:
- Fokussierung der Werbung auf Produkte und Kunden mit hohen Deckungsbeiträgen.
- Überarbeitung der Ziele für die Vertriebsmitarbeiter (bzw. Vorgabe konkreter Verkaufsmengen für besonders profitable Produkte, Festlegung höherer Provisionen für diese Produkte).
- Kontaktierung von Kunden, die zwar früher häufig gekauft haben, die aber über einen längeren Zeitraum, etwa 6-12 Monate, nicht mehr aktiv geworden sind. Um diese "Nichtkunden" wieder zu reaktivieren, können z. B. kleine Willkommensgeschenke oder einmalige Nachlässe auf bestimmte Artikel angeboten werden.
- Überprüfung, ob die variablen Kosten gesenkt werden können, z. B. durch Ersatz von Rohstoffen, intensivere Verhandlung mit Lieferanten, Lieferantenwechsel oder Einsatz von Zeitarbeitnehmern in der Fertigung.
- Überprüfung, ob die fixen Kosten gesenkt werden können, z. B. durch Verhandlung mit dem Vermieter, Wechsel des Energieanbieters, Überprüfung der Notwendigkeit von Versicherungen, Umwandlung kurzfristiger Kredite in kostengünst...