Die Ersatzpflicht des Herstellers ist ausgeschlossen, wenn

  • er das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat.[1]

    "In-den-Verkehr-Bringen" bedeutet, dass das Produkt mit Wissen und Wollen des Herstellers in die Vertriebskette auf den Weg zum Verbraucher gelangt ist. Dies ist nicht der Fall, wenn dem Produzenten die Ware, z. B. durch Diebstahl, entzogen wurde. Dagegen kann ein fehlerhaftes Produkt auch dadurch in den Verkehr gebracht werden, indem es im Rahmen einer medizinischen Dienstleistung, z. B. einer Nierentransplantation, verwendet wird.[2]

  • nach den Umständen davon ausgegangen werden kann, dass er das Produkt fehlerfrei in den Verkehr gebracht hat.
 
Praxis-Beispiel

Schadenszeitpunkt kann Indiz für Fehlerhaftigkeit bei Verkauf sein

Gerät eine seit 6 Monaten betriebene Waschmaschine in Brand, sprechen alle Umstände dafür, dass die Waschmaschine schon bei der Lieferung fehlerhaft war und ein dem Hersteller zurechenbarer Produktfehler vorliegt.[3]

Dagegen kann beim Brand eines 7 Jahre alten Wäschetrockners unterstellt werden, dass der Fehler erst nach dem "In-den-Verkehr-Bringen" entstanden ist.[4]

Diese Entlastungsmöglichkeit hat allerdings nur für Fabrikationsfehler praktische Bedeutung. Der Teilehersteller haftet nicht, wenn

  • der Fehler in der Konstruktion des Endprodukts oder in der Instruktion liegt[5];
  • er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat (beide Merkmale müssen kumulativ vorliegen[6]). Z. B. haftet der Hobbyschnitzer für verkaufte Schnitzereien.
  • der Fehler beim "In-den-Verkehr-Bringen" nach dem Stand der Wissenschaft und Technik nicht erkennbar war.[7]

    Die Rechtsprechung hat jedoch den Anwendungsbereich dieses letzten Ausschlusstatbestands eingeschränkt und entschieden, dass Entwicklungsrisiken nur bei einem Konstruktionsfehler und nicht bei einem Fabrikationsfehler in Betracht kommen.[8]

  • der Fehler darauf beruht, dass das Produkt beim "In-den-Verkehr-Bringen" zwingenden Rechtsvorschriften entsprochen hat.[9] Die Haftung entfällt nur dann zwingend, wenn die Einhaltung technischer Vorschriften gesetzlich vorgeschrieben ist und der Fehler darauf beruht. Die Einhaltung technischer Normen begründet jedoch den Anschein, dass das Produkt den Sicherheitserwartungen der Verbraucher entspricht.
 
Achtung

Einhaltung von DIN-Vorschriften etc. schützt vor Produktfehlern

Ist das Produkt in Übereinstimmung mit technischen Normen, z. B. DIN, VDE, hergestellt, wird regelmäßig kein Produktfehler vorliegen.

 
Praxis-Beispiel

Entwicklungsrisiko kommt nur im Rahmen der Konstruktion in Betracht

Der Hersteller einer Mineralwasserflasche, die einen Riss aufweist, kann sich nicht darauf berufen, der Riss habe nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nicht verhindert werden können. Ein derartiger Riss ist ein Fabrikationsfehler in Form eines Ausreißers.[10]

[2] EuGH, Urteil v. 10.5.2001, C-203/99, EuZW 2001 S. 378.
[5] § 1 Abs. 3 ProdHaftG;OLG Saarbrücken, Urteil v. 21.8.2013, 2 U 32/13, NJW 2014 S. 1600: Montageanleitung für den Aufbau eines Swimmingspools.
[8] BGH, Urteil v. 9.5.1995, VI ZR 158/94, DB 1995 S. 1504; s. a. BGH, Urteil v. 30.10.2006, VI ZR 223/05: Einzelhändler haftet nicht für explodierte Limonadenflasche; LG Freiburg, Urteil v. 24.2.2017, 6 O 359/10, MPR 2017 S. 19: Metallauf-Metall-Großkugelkopf-Hüftprothese; zum neuesten Stand der Technik gehören nicht nur die allgemein anerkannten Regeln der Technik bzw. die allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Auch vereinzelte Erkenntnisse können den "Stand" der Wissenschaft und Technik bestimmen. Je schwerwiegender die Gefahren sind, die aufgrund der Minderheitsauffassungen drohen, desto eher ist der Hersteller gehalten, diesen Ansichten nachzugehen.
[10] BGH, Urteil v. 9.5.1995, VI ZR 158/94; OLG München, Schlussurteil v. 11.1.2011, 5 U 3158/10.

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