Risiken haben immer eine Ursache und eine Wirkung. In Zusammenhang mit dem Coronavirus haben sie ihre Ursache im Bereich "Non Financial Risk" und Auswirkungen auf anderen Risikoarten, die qualitativ oder quantitativ zu bewerten sind.
Qualitative Bewertung:
Dabei sind in erster Linie qualitative Bewertungen und pragmatische Entscheidungen bei der Bewertung entscheidend. Die im Notfallmanagement beschriebenen (Krisen-)Teams sind einzuberufen.
Zur Bewertung von Risiken können hier z. B. einfache Skalenabfragen zum Tragen kommen:
- "Wie hoch ist das Risiko, dass ...?" auf einer Skala von 1–5 (1 = unbedeutendes Risiko, 5 = kritisches, existenzgefährdendes Risiko).
- Wann und wie oft tritt das Risiko ein? (Auf einer Skala von 1 – 5 (1=unwahrscheinlich, 5=akut)).
Aus der Kombination der beiden Fragestellungen lässt sich eine Risikomatrix ableiten, die die Corona-spezifischen Risiken aggregiert und zugleich visuell darstellt:
Quelle: Gina Heller-Herold, bekuConsult
Abb. 2: Die Risikolandkarte
Quantitative Bewertungen
Darüber hinaus sind quantitative Bewertungen anzustreben, insbesondere für:
- Wirtschaftliche Risiken, z. B. durch geringere Nachfrage, geringer Margen und geringeres Angebot, ausfallende Lieferanten oder Schlüssel-Mitarbeiter
- Sensitivitätsanalyse: Aus den Rahmenbedingungen lassen sich Sensitivitäten abteilen, d. h. Kennzahlen, die sich auf die Nachfrage auswirken und somit einen wirtschaftlichen Impact auf die Nachfrage und die Umsatzerlöse haben. Es ist abzuleiten, in welcher Größenordnung die Sensitivitäten das Unternehmen belasten, z. B. ein um x% zurückgehender Verkauf hat die Folge von y% geringeren Umsatzerlösen
- Szenarioanalyse: Die Rahmenparameter, z. B. der zurückgehende Verkauf (vgl. Sensitivität), können sich unterschiedlich entwickeln. Aus der Kombination von verschiedenen Rahmenparametern lässt sich ein Szenario ableiten. Der Unterschied zwischen der Sensitivitäten- und dem Szenario-Analyse liegt in einer dahinter liegenden Story (bei der Sensitivitäten-Analyse werden nur einzelne Parameter betrachtet und Auswirkungen auf das Unternehmen – es liegt keine Story zugrunde --- bei der Szenario-Analyse bilden verschiedene Annahmen eine Story und daraus werden die Auswirkungen auf das Unternehmen analysiert). Auf Basis von konkreten Annahmen, die eine Story bilden, werden die finanziellen Auswirkungen für das Unternehmen quantifiziert, der Risikodeckungsmasse gegenüber gestellt und Maßnahmen daraus abgeleitet.
- Worst-Case-Szenarien: Die Fragestellung ist: Was ist der am schlimmsten wirkende Fall? Dahinter liegt – wie bei der Szenarioanalyse – auch immer eine Story. Auf Basis der Szenario-Analyse werden die Parameter analysiert, welche Parameter in welcher Form verschlimmert werden. Die Ergebnisse werden quantifiziert der Risikodeckungsmasse gegenüber gestellt, woraus Maßnahmen abgeleitet werden.
- Stress-Test: Bei einem Stress-Test werden die verschiedenen Parameter gestresst, d. h. auf eine möglichst hohe Ausprägung gestellt, z. B. Rückgang im Verkauf um 30 % bei gleichzeitiger Verteuerung der Kapitalkosten (z. B. Zinserhöhung um 2,5 %). Aus den Ergebnissen lässt sich eine Stress-Resilienz für das Unternehmen ableiten. Darin gilt die Frage zu beantworten: Wie widerstandsfähig ist das Unternehmen gegenübergestressten Umfeldfaktoren?
- Reverse-Stress-Tests: Der Unterschied zwischen dem Stress-Test und dem Reverse-Stress-Test liegt im Ausgangspunkt der Betrachtung: Beim Stresstest bilden die verschiedenen zu stressenden Parameter die Basis, z. B. Rückgang im Verkauf und Erhöhung der Kapitalkosten, und es wird das Ergebnis betrachtet. Beim Revers-Stress-Test gilt die umgekehrte Fragestellung: Was für einen Ergebnisrückgang kann sich das Unternehmen maximal leisten, um nicht illiquide zu werden bzw. in Konkurs zu gehen? Aus diesem Ergebnis-Rückgang wird abgeleitet, um wieviel der Verkauf zurückgehen kann und/oder die Kapitalkosten sich verteuern können, ohne dass das Unternehmen illiquide wird.
Gerade im Corona-Zeitalter ist die Bewertung und Modellierung der Risiken existenziell wichtig, um den Fortbestand des Unternehmens sicherzustellen. Bei all‘ der für das Risikomanagement wichtigen Betrachtung der Risiken sollten aber auch die Chancen – die auch gerade in Krisenzeiten eine Rolle spielen mit betrachtet werden. Beide bilden die Grundlage für die Kommunikation und vor allem das Management der Risiken.