Die X-GmbH hat ihr Betriebsgrundstück ab dem 1.1.01 von A für die Dauer von 5 Jahren gepachtet. Die X-GmbH ist nach dem Pachtvertrag verpflichtet, die auf dem Betriebsgrundstück befindlichen Bauten (Anlagen, Einrichtungen und verlegte Leitungen) zum Ende des Nutzungsverhältnisses zu beseitigen.
2.1 Erfassung in der Handelsbilanz
Aufgrund dieser Verpflichtung bildet die X-GmbH eine Verbindlichkeitsrückstellung nach § 249 HGB. Da die X-GmbH die baulichen Anlagen zur Durchführung ihres Geschäfts benötigt, verteilt Sie die Aufwendungen für die Bildung der Rückstellung gleichmäßig über die Jahre bis zum Ende des Vertragsverhältnisses. Grundsätzlich behandelt die X-GmbH die Verpflichtung damit als echte Ansammlungsrückstellung, denn die Verpflichtung zur vollständigen Beseitigung entsteht schon bei Fertigstellung einer zu entfernenden baulichen Anlage. Gleichwohl stellt die X-GmbH den Betrag nicht zum Zeitpunkt der Entstehung der Verpflichtung in voller Höhe zurück, sondern sammelt die Rückstellung ratierlich (d. h. in gleichen Jahresbeträgen) über die Laufzeit an.
Bei der Schätzung des Verpflichtungsbetrags berücksichtigt die X-GmbH folgende Faktoren:
- Der Verpflichtungsumfang ändert sich durch bauliche Maßnahmen im Laufe der Vertragslaufzeit. Die Verwaltungsgebäude und Werkshallen wurden im Jahr 01 fertiggestellt. Die Beseitigungskosten schätzt die X-GmbH nach den Preisverhältnissen am 31.12.01 auf 120.000 EUR. Darüber hinaus stellt die X-GmbH im Geschäftsjahr 02 einen Anbau an ihr Bürogebäude (einschließlich Außenanlagen und Hofbefestigungen) fertig. Hieraus ergibt sich nach Preisverhältnissen zum 31.12.02 eine nominelle Erhöhung des Verpflichtungsbetrags um 30.000 EUR.
- Die A-GmbH erwartet jährliche Preissteigerungen gegenüber dem Vorjahr von jeweils 2 %. Die Schätzung erweist sich als zutreffend und entspricht den tatsächlichen jährlichen Preissteigerungen.
Die X-GmbH bildet für die vertragliche Verpflichtung zur Entfernung der baulichen Anlagen zum 31.12.01 eine Rückstellung in der Handelsbilanz.
Die X-GmbH berechnet den nominellen Verpflichtungsbetrag zum Zeitpunkt der Entfernung zum 31.12.05 unter Berücksichtigung der erwarteten Preissteigerungen wie folgt:
- Nomineller Verpflichtungsbetrag zum 31.12.05 = Verpflichtungsbetrag nach Preisverhältnissen am aktuellen Bilanzstichtag × Preisanpassungsfaktor
- Preisanpassungsfaktor = (1 + 0,02)Restlaufzeit bis zum Erfüllungszeitpunkt
Bei einer Änderung des nominellen Erfüllungsbetrags im Geschäftsjahr 02 (Erhöhung i. H. v. 30.000 EUR aufgrund der Fertigstellung des Anbaus) und einer Preissteigerung gegenüber dem Vorjahr von jährlich 2 %, die annahmegemäß jeweils auch eintritt, ergibt sich folgender Verlauf des nominellen Verpflichtungsbetrags:
Bilanzstichtag |
Restlaufzeit |
Angenommene Preissteigerung gegenüber dem Vorjahr |
Schätzwert des Verpflichtungsbetrag nach aktuellen Preisverhältnissen zum jeweiligen Bilanzstichtag |
Preisanpassungsfaktor |
Schätzwert des Verpflichtungsbetrags nach Preisverhältnissen zum Erfüllungszeitpunkt |
|
a |
b |
c |
d |
f = c*f |
31.12.01 |
4 |
2 % |
120.000,00 |
1,08243 |
129.891,90 |
31.12.02 |
3 |
2 % |
152.400,00 |
1,06121 |
161.728,10 |
31.12.03 |
2 |
2 % |
155.448,00 |
1,04040 |
161.728,10 |
31.12.04 |
1 |
2 % |
158.557,00 |
1,02000 |
161.728,10 |
31.12.05 |
0 |
2 % |
161.728,10 |
1 |
161.728,10 |
Tab. 1: Schätzwerte des Verpflichtungsbetrags
Zum 31.12.01 legt die X-GmbH den nominellen Verpflichtungsbetrag nach den Preisverhältnissen zum Erfüllungszeitpunkt i. H. v. 129.891,9 EUR (Spalte f, in Tab. 1) der Rückstellungsbewertung zugrunde. Obwohl die Verpflichtung ab dem 31.12.01 in voller Höhe besteht, sammelt die X-GmbH den nominellen Verpflichtungsbetrag linear über die Vertragslaufzeit an. Den anteiligen jährlichen Verpflichtungsbetrag, der jährlich der Rückstellung (abgezinst) zuzuführen ist, errechnet die X-GmbH zum 31.12.01, indem sie den Betrag von 129.891,9 EUR durch die Verteildauer (bzw. Verpflichtungsperiode) von 5 Jahren dividiert (Spalte f, in Tab. 2). Die Verteildauer (Spalte b, in Tab. 2) ist der Zeitraum von der Entstehung der Verpflichtung bis zum Zeitpunkt der Erfüllung (bzw. des letzten Bilanzstichtags davor).
Den unabgezinsten Rückstellungsbetrag (Spalte g, in Tab. 2) zum jeweiligen Bilanzstichtag errechnet die X-GmbH durch Multiplikation des anteiligen jährlichen Verpflichtungsbetrags (Spalte f, in Tab. 2) zum jeweiligen Bilanzstichtag mit der abgelaufenen Laufzeit der Rückstellung in Jahren (Spalte a, in Tab. 2). Im ersten Jahr (31.12.01) entspricht der Zuführungsbetrag (Spalte h, in Tab. 2) genau dem angesammelten Verpflichtungsbetrag von 25.978,4 EUR (Spalte g, in Tab. 2), da erst ein Jahr der Laufzeit abgelaufen ist.
Die Höhe der Rückstellung zu den jeweiligen Bilanzstichtagen (Spalte j, in Tab. 2) errechnet die X-GmbH indem sie den Diskontierungsfaktor (Spalte i, in Tab. 2) mit dem bis zum Bilanzstichtag angesammelten Verpflichtungsbetrag (Spalte g, in Tab. 2) multipliziert. Die Differenz zum Bilanzansatz der Rückstellung im Vorjahr entspricht der gesamten Veränderung der Rückstellung im laufenden Geschäftsjahr (Spalte n, in T...