Klaus Geissdörfer, Prof. Dr. Ronald Gleich
Folgekosten oft höher als Anschaffungskosten
Der Einkauf macht häufig 60 – 70 % der Gesamtausgaben im produzierenden Gewerbe aus und beeinflusst somit die Wettbewerbsposition und Aktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette nachhaltig. Ein niedriger Einkaufspreis bedeutet nicht automatisch, dass diese Güter auch die niedrigsten Kosten über den gesamten Lebenszyklus verursachen. In vielen Fällen übersteigen die Folgekosten den ursprünglichen Einkaufspreis um ein Vielfaches. Beim Kauf von Maschinen und Anlagen werden die nachgelagerten Betriebs- und Entsorgungskosten auf das Fünf- bis Zehnfache der ursprünglichen Kosten für Anschaffung, Installation und Inbetriebnahme geschätzt. Beim Kauf von Chemikalien betragen die Folgekosten oft das Fünf- bis Siebenfache des Kaufpreises.
TCO-Ergebnisse auch für Argumentation gegenüber Kunden hilfreich
Als Folge des steigenden Anteils von indirekten Kosten und Folgekosten wird die Gesamtkostenbetrachtung bei Einkaufsentscheidungen wichtiger. Zur Betrachtung der Kosten über den Lebenszyklus werden Modelle wie die Total Cost of Ownership (TCO) eingesetzt. Das Ziel ist es, alle Kosten in Verbindung mit der Akquisition, der Nutzung und der Wartung sowie der Entsorgung von Gütern bei der Lieferantenauswahl zu berücksichtigen. Weitere Gründe für den Einsatz von TCO liefern steigende Lohn-, Energie-, Material-, Betriebs- und Wartungskosten sowie zunehmender internationaler Wettbewerb. Auch aus Sicht des Lieferanten kann es von Vorteil sein, wenn er seinem Kunden aufzeigen kann, dass seine Maschinen oder Anlagen trotz eines höheren Kaufpreises die niedrigeren Gesamtkosten über den Lebenszyklus aufweisen.
Ziel ist die bewusste Kostenbeeinflussung
Das Kostenmanagement beschäftigt sich mit der bewussten Beeinflussung der im Rahmen der Kostenrechnung dargestellten Kosten. Ziel ist, die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Die Aufbereitung der Daten geschieht dabei u. a. im Rahmen des Kosten-Controllings. Konzepte der Gesamtkostenbetrachtung werden in der Literatur meist als Total Cost of Ownership oder Lebenszykluskostenrechnung (Life Cycle Costing) bezeichnet und sind Instrumente des strategischen Kostenmanagements.
TCO: Akquisition, Nutzung, Wartung
TCO wird bei Ellram als ein Ansatz definiert, der alle entlang der Supply Chain entstehenden relevanten Kosten berücksichtigt, die bei der Geschäftsabwicklung mit einem Lieferanten für eine bestimmte Ware/einen Service auftreten. TCO betrachtet dabei die gesamten Kosten der Akquisition, Nutzung/Verwaltung, Wartung und Entsorgung. Wouters et al. beschreiben TCO als eine Anwendung von Activity-based Costing (ABC), die dabei hilft, die Kosten der Akquisition und Nutzung von Gütern oder Services zu quantifizieren.
Instrumente des strategischen Kostenmanagements
Weitere Instrumente des strategieorientierten Kostenmanagements, die in einem Zusammenhang mit TCO stehen, sind Wertanalyse, Gemeinkostenanalyse, Kosten-Benchmarking, Zero-Base Pricing, Target Costing und Life Cycle Costing (LCC). Die mit diesen Instrumenten durchgeführten Analysen sollen eine umfassende und frühzeitige (antizipative) Kostenbeeinflussung im Hinblick auf deren Niveau, Struktur, Verhalten, Flexibilität und Transparenz erleichtern.
Abgrenzung von TCO und LCC
Das Ziel der LCC-Analyse ist es, aus mehreren Alternativen die kostengünstigste auszuwählen, um langfristig die niedrigsten Cost of Ownership (COO) zu erzielen. LCC ist vorrangig auf langlebige Güter oder Investitionsgüter fokussiert, mit dem Schwerpunkt, den Kaufpreis zu analysieren und die Betriebs-, Wartungs- und Entsorgungskosten über die gesamte Lebensdauer hinweg zu bestimmen. Der Lebenszykluskosten-Ansatz ist weitgehend deckungsgleich mit TCO, betrachtet aber nur einen Teil der Aktivitäten. TCO berücksichtigt zusätzlich die Kosten, die vor dem eigentlichen Kauf einer Ware entstehen. TCO fokussiert dabei stärker auf die Transaktionskosten entlang der Supply Chain, die bei LCC-Betrachtungen für Investitionsgüter im Vergleich zu den Anschaffungs-, Betriebs- und Entsorgungskosten eine untergeordnete Rolle spielen.