Risiko und Rendite
Der Kalkulationszinsfuß, der bei der Unternehmensbewertung zugrunde gelegt wird, stellt die Mindestverzinsung dar, die das Bewertungsobjekt für seine Kapitalgeber erwirtschaften muss. Eine Investition ist für einen Kapitalgeber dann von Vorteil, wenn er damit eine Rendite erzielen kann, die mindestens ebenso hoch ist, wie eine Alternativanlage am Kapitalmarkt mit vergleichbarem Risiko. Der Kalkulationszinsfuß entspricht den Gesamtkapitalkosten und enthält die Renditeerwartungen der Eigenkapitalgeber und die Ansprüche der Fremdkapitalgeber.
Die Kapitalkosten werden
- von den Kosten des Eigenkapitals,
- den Kosten des Fremdkapitals
- und von der Kapitalstruktur
bestimmt und ergeben sich als sog. gewichtete Kapitalkosten (Weighted Average Cost of Capital, WACC) über folgende Formel:
WACC |
= |
Anteil Eigenkapital |
× |
Kosten des Eigenkapitals |
+ |
Anteil Fremdkapital |
× |
Kosten des Fremdkapitals |
Die Inflationsrate bleibt bei der Ermittlung der WACC unberücksichtigt, weil Annahmen über die zukünftige Preisentwicklung sowohl in der Ausgaben- und Einnahmenplanung als auch in den Kapitalkosten enthalten sind. Daher weist die Unternehmensplanung Nominalwerte aus und die Fremd- und Eigenkapitalzinsen stellen Nominalrenditen dar.
Genaue Dokumentation
Die Ableitung der Gesamtkapitalkosten sollte sorgfältig dokumentiert werden, damit die zugrunde liegenden Annahmen nachvollziehbar sind. Das ist nicht nur während des Entscheidungsprozesses von Bedeutung, sondern auch danach, wenn z.B. im Rahmen einer Investitionsnachrechnung geprüft wird, inwieweit sich die Planungsannahmen realisiert haben.
Kapitalstruktur
Die Gewichtungsfaktoren ergeben sich aus der Kapitalstruktur des Bewertungsobjekts und sollten auf Basis der Marktwerte von Eigen- und Fremdkapital ermittelt werden. Schwierigkeiten bei der Festlegung der Kapitalstruktur können umgangen werden, indem von einer Zielkapitalstruktur ausgegangen wird. Da sie die optimale Finanzierungsstruktur darstellt, die für das Unternehmen mittel- bis langfristig anzustreben ist, ist dieser pragmatische Lösungsansatz durchaus gerechtfertigt.
Ermittlung der Fremdkapitalkosten
Die Fremdkapitalzinsen entsprechen dem gewichteten Kapitalkostensatz aller Fremdkapitalformen, die im Unternehmen zur Fremdfinanzierung verwendet werden.
Bei einer Unternehmensbewertung auf Nach-Steuer-Basis müssen Fremdkapitalkosten in dem Maße, wie sie steuerlich abzugsfähig sind, um die Ertragsteuer reduziert werden.
Fremdkapitalkosten = Fremdkapitalzins * (1 – Ertragsteuersatz; soweit steuerlich abziehbar) |
Ermittlung der Eigenkapitalkosten
Die Festlegung der Eigenkapitalkosten ist aufwendiger als die Ermittlung der Fremdkapitalkosten, weil die erforderlichen Informationen nicht direkt abgeleitet werden können.
Die Eigenkapitalkosten entsprechen der erwarteten Mindestrendite einer Investition und setzen sich zusammen aus der sicheren Rendite, die mit einer risikofreien Anlage am Kapitalmarkt erzielt werden kann, sowie einem Risikozuschlag. Dieser Risikozuschlag wird von einem Eigenkapitalgeber u. a. deshalb gefordert, weil er mit seiner Einlage haftet und seine Ansprüche erst nachrangig befriedigt werden.
Abb. 4: Struktur der Eigenkapitalkosten
Der Gewichtungsfaktor β bei der Ermittlung der Risikoprämie (der sog. Beta-Faktor) zeigt, wie sich das Bewertungsobjekt bei Renditeschwankungen im Vergleich zum gesamten Aktienmarkt verhält.
β = |
1 |
Schwankungen der Marktrendite und der Rendite des Bewertungsobjekts sind gleich groß. |
β > |
1 |
Das Bewertungsobjekt reagiert mit größeren Renditeschwankungen als der Markt. |
β < |
1 |
Die Renditeschwankungen des Bewertungsobjekts sind geringer als die Schwankungen der Marktrendite. |
Für die 30 im DAX enthaltenen Werte werden die Beta-Faktoren z.B. im Handelsblatt veröffentlicht.
Bei nicht börsennotierten Unternehmen oder bei der Ermittlung eines Beta-Werts für einzelne Geschäftsbereiche kann nicht auf publizierte Beta-Faktoren zurückgegriffen werden. Hier empfiehlt es sich, pragmatisch vorzugehen und hilfsweise Werte vergleichbarer Geschäftsbereiche heranzuziehen, die gegebenenfalls um die eigene Risikoeinschätzung modifiziert werden.