Zusammenfassung
Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie erforderlich ist:
- zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
- zur Wahrnehmung des Hausrechts und
- zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke.
Der Artikel beschreibt die Vorgaben nach BDSG in bisheriger wie zukünftiger Fassung (ab 25.5.2018). Dabei werden die Vorgaben an Unternehmen, Privatpersonen (Immobilienbesitzer etc.) und öffentliche Einrichtungen vorgestellt.
1 Regelungen im BDSG
Im Bundesdatenschutzgesetz – § 6b BDSG ist inhaltlich identisch mit § 4 BDSG [ab 25.5.2018] – ist die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume recht umfassend geregelt. Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie erforderlich ist:
- zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
- zur Wahrnehmung des Hausrechts und
- zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke.
Dazu dürfen keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Dabei gilt der Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen, die sich in öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen aufhalten, als ein besonders wichtiges Interesse. Genannt werden in § 4 BDSG [ab 25.5.2018] Sport-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, Einkaufszentren oder Parkplätze, sowie Fahrzeuge und öffentlich zugängliche großflächige Einrichtungen des öffentlichen Schienen-, Schiffs- und Busverkehrs.
Beobachtete frühzeitig informieren
Man muss den Beobachteten so früh und deutlich wie möglich durch geeignete Maßnahmen zu erkennen geben, dass sie beobachtet werden. Gleichzeitig sind auch der Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen bekannt zu geben.
Die Speicherung oder Verwendung der durch die Beobachtung erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Für einen anderen Zweck dürfen die Daten nur weiterverarbeitet werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.
Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, so besteht die Pflicht zur Information der betroffenen Person über die Verarbeitung (Art. 13 DSGVO und Art. 14 DSGVO).
Die Informationspflicht besteht nach BDSG nicht immer. Private, die öffentliche Räume überwachen, haben gegenüber den Betroffenen keine Informationspflicht, wenn dies die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche beeinträchtigen würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder die Information des Betroffenen eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.
2 Vorgaben aus der Datenschutz-Grundverordnung
Für eine systematische umfangreiche Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche wird künftig eine Datenschutz-Folgenabschätzung vorgeschrieben (Art. 35 DSGVO). In der Einleitung zur DSGVO wird das noch genauer erklärt: "Gleichermaßen erforderlich ist eine Datenschutz-Folgenabschätzung für die weiträumige Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche, insbesondere mittels optoelektronischer Vorrichtungen, oder für alle anderen Vorgänge, bei denen nach Auffassung der zuständigen Aufsichtsbehörde die Verarbeitung wahrscheinlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen mit sich bringt."
3 Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelung: Ein EuGH-Urteil von 2014
Im Dezember 2014 wurde vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein bemerkenswertes Urteil über Videoüberwachung im öffentlichen Raum publiziert. Herr R., wohnhaft in Ungarn, installierte 2007 eine Kamera fest an seinem Haus. Diese kontrollierte den Eingang des Hauses, den öffentlichen Straßenraum sowie den Eingang des gegenüberliegenden Hauses. Die Anlage nahm Videoaufzeichnungen auf und speicherte diese auf der Festplatte. Der Grund für den Betrieb dieser Kamera war, das Eigentum, die Gesundheit und das Leben von R. und seiner Familie zu schützen: R. selber und seine Familie waren mehrere Jahre lang Ziel von Angriffen eines Unbekannten gewesen, den man nicht entlarven konnte. In einer Oktobernacht 2007 fand ein weiterer Angriff statt.
Dank der Videoüberwachungsanlage konnten zwei Verdächtige identifiziert werden. Die Aufzeichnungen wurden der Polizei übergeben und anschließend im Rahmen des eingeleiteten Strafverfahrens verwertet. Einer der Verdächtigen beantragte die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Überwachungssystems von Herrn R. Ein Gerichtsentscheid in Ungarn stellte fest, dass Herr R. Zuwiderhandlungen gegen die Datenschutzbestimmungen begangen hätte, weil er Daten über Personen auf der Straße gesammelt hätte, ohne sie vorher zu informieren und ihre Einwilligung einzuholen.
Der ...